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In Nieder-Gemünden wurde das Konzept fürs E-Mobil vorgestellt – Start vor den Sommerferien

Das Konzept für E-Mobil in Nieder-Gemünden steht. Unser Foto zeigt von links: Matthias Sebald (Vogelsbergkreis, Amt für den ländlichen Raum und Daseinsvorsorge), Bürgermeister Lothar Bott, Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink und Dirk Dalichau (beide Goethe-Universität Frankfurt) und Anton Achatz (Experte für den Aufbau von E-Mobil-Flotten). Foto: Erich Ruhl, Pressestelle Vogelsbergkreis

Das Konzept für E-Mobil in Nieder-Gemünden steht. Unser Foto zeigt von links: Matthias Sebald (Vogelsbergkreis, Amt für den ländlichen Raum und Daseinsvorsorge), Bürgermeister Lothar Bott, Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink und Dirk Dalichau (beide Goethe-Universität Frankfurt) und Anton Achatz (Experte für den Aufbau von E-Mobil-Flotten). Foto: Erich Ruhl, Pressestelle Vogelsbergkreis

Vogelsbergkreis. In Nieder-Gemünden im Vogelsbergkreis haben interessierte Bürgerinnen und Bürger mit Unterstützung der Goethe-Universität Frankfurt ein Konzept für die Nutzung eines Elektroautos auf die Beine gestellt. Noch vor Beginn der Sommerferien soll ein kostenfreies Elektrofahrzeug für die Dorfgemeinschaft zur Verfügung stehen, freut sich Bürgermeister Lothar Bott. „Wichtig ist die Machbarkeit und nicht die Theorie“, sagte Prof. Dr. Blättel-Mink, die wissenschaftliche Leiterin des Projekts.

Für den Bürgermeister ist das Ganze eine „Riesenchance“, die man nutzen sollte. Klar sei schon jetzt: „Wenn das Fahrzeug angenommen wird, wird bald schon ein einziges Dorf-Car zu wenig sein.“ Im bevorstehenden neuen Prozess der Regionalentwicklung bis 2020 werde die E-Mobilität eine wahrnehmbare Rolle spielen. Auch, was die Verzahnung zum ÖPNV, zum Beispiel zur Vogelsbergbahn angeht. Gemünden liegt an der wichtigen Achse der Vogelsbergbahn von Fulda nach Gießen.

Im Dorfgemeinschaftshaus in Nieder-Gemünden erläuterten die Fachleute im Detail, was in Kürze Wirklichkeit werden soll. Begleitet wird die Konzeptentwicklung vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zwei weitere E-Mobil-Projekte werden gegenwärtig in Schotten und in Lautertal-Hopfmannfeld von der Bürgerschaft auf den Weg gebracht (wir berichteten mehrfach). Das E-Mobil wird ein Car-Sharing-Auto. Das findet die Professorin in dreifacher Hinsicht gut: ökologisch, sozial und ökonomisch.

Verkehrsexperte Achatz: Zweitwagen sind meist „Stehzeuge“

Anton Achatz von der E-Wald GmbH berichtete von guten Erfahrungen, in Niederbayern eine ganze E-Mobil-Flotte auf den Weg zu bringen. Dort seien bereits über 100 Fahrzeuge im Einsatz. „Zweitwagen sind meistens keine Fahrzeuge sondern Stehzeuge“, sagte Achatz und bewertet deshalb den Car-Sharing-Ansatz in Gemünden als richtig und zukunftsweisend.

Gerade im ländlichen Raum habe die E-Mobilität eine Chance. Das Prinzip „Nutzen statt Besitzen“ sei nicht nur in den Metropolen, sondern auch in der Fläche zunehmend modern. Auch die Reichweiten dürften für die meisten Fälle kein Problem sein. Denn 45 Prozent aller Fahrten seien welche unter zehn Kilometer; nur in vier Prozent der Fälle liege die Fahrtstrecke über 50 Kilometer, sei seine Erfahrung in den von ihm betreuten Projekten. Technisch haben sich Elektrofahrzeuge in den vergangenen drei Jahren „ganz erheblich weiterentwickelt“. Eine Schnellladung könne heute bereits innerhalb einer Stunde durchgeführt werden, so der Auto-Experte.

18 Monate lang werden sich ab Sommer 2014 Bürgerinnen und Bürger in Nieder-Gemünden – kostenfrei – ein Elektrofahrzeug „teilen“ können. Das ist möglich, weil „E-Mobilität im Vogelsberg“ bundesweit ein Pilot-Projekt ist. Man will herausfinden, ob das geht: bürgerorientierte Elektromobilität im ländlichen Raum. Bundesweite Aufmerksamkeit entsteht nicht nur wegen der neuen Technik, sondern vor allem durch die Art der Bürgerbeteiligung: die Dorfgemeinschaft entwickelt das Konzept selbst – und bewältigt dann im „Feldversuch“ auch alle Dinge, die zu erledigen sind.

Es geht um Technik, aber auch um Kommunikation

In mehreren Workshops haben nun etwa 20 Bürgerinnen und Bürger – unter ihnen Vertreter des Seniorenbeirats, des Sportvereins und der Jugend – in Nieder-Gemünden wesentliche Fragen geklärt und ins Konzept hineingeschrieben: Wo soll das E-Mobil künftig stehen? Wo befindet sich der Autoschlüssel? Wer kümmert sich darum, dass der „Tank“, also die Stromladung voll ist? Welche Fahrtstrecken werden das künftig sein – wie ist das mit der Reichweite? Welches Buchungssystem – offline oder online? Das ist jetzt im Wesentlichen alles geklärt und aufgeschrieben.

Die wichtige Frage: Welches Fahrzeug soll es sein? entscheidet sich in den nächsten Wochen. Die Bestellung des Leasing-Fahrzeugs, das für alle Wünsche hinreichend groß sein soll, kann in kurzer Zeit abgewickelt werden, berichtet der Vogelsberger Projektleiter Matthias Sebald. Der Landkreis wird Leasingnehmer und Fahrzeughalter. Die Kosten werden komplett von Bund und Land übernommen.

Partizipation: Konzept für ein kostenfreies E-Mobil

Die Art der Konzeptentwicklung – nämlich unter aktiver Einbindung der Nutzer – ist ein wesentlicher Grund, warum das Projekt ein „Pilot“ ist. Matthias Sebald berichtete vom Demografie-Projekt MORO im Vogelsbergkreis – hieraus entstand die Idee für die E-Mobilität. Mobilität im ländlichen Raum erweise sich als Querschnittsaufgabe. Der ÖPNV habe erhebliche Lücken. Daher wolle man mit dieser Innovation mutig etwas Neues ausprobieren.

E-Mobile im Vogelsbergkreis – ein Forschungsprojekt

Es handelt sich um ein Forschungsprojekt, in dessen Zusammenhang neue Mobilitätsformen ausprobiert werden sollen. Für den Zeitraum von insgesamt 18 Monaten sollen Bürgerinnen und Bürger in Gemünden, Schotten und Lautertal die Möglichkeit bekommen, ein gemeinschaftlich zu nutzendes Elektrofahrzeug auszuprobieren – kostenfrei. Der Strom kommt – ebenfalls kostenfrei – von der Energiegenossenschaft Vogelsberg.

Wie in Hopfmannsfeld und Schotten interessieren sich auch in Nieder-Gemünden die Bürger und Bürgerinnen bereits heute dafür, was nach den 18 Monaten geschieht, wenn die Pilotprojektphase vorüber sein wird. Klar ist: man will gemeinsam einen Weg finden, das Projekt danach weiterzuführen.

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