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Normenkontrollverfahren beim VGH: Erstattung der Aufwendungen für ausländische Flüchtlinge

Der Vogelsbergkreis wird beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel ein Normenkontrollverfahren einleiten. Der Landkreis strebt an, dass die Kosten voll erstattet werden, die durch die Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen entstehen. Bisher ist dies nur zu etwa 50 Prozent der Fall. Die angestrengte Überprüfung durch den Vogelsbergkreis hat für Hessen insgesamt eine hohe Bedeutung. Über diese Überprüfung hinaus sei es aber auch wichtig, Landes- und Bundesgesetze den Vorgaben der Verfassung anzupassen, unterstreicht Landrat Manfred Görig (SPD).

Grebenau. „Wir empfangen die Flüchtlinge, heißen sie willkommen, versorgen und kümmern uns um sie – dankenswerterweise auch mit Unterstützung vieler ehrenamtlicher Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Auf diesem guten Niveau wird das bleiben“, betonte der Landrat in der Kreistagssitzung in Grebenau. „Aber wir führen hier eine staatliche, von Bund und Land veranlasste Aufgabe, aus. Deswegen müssen die Aufwendungen nicht vom Landkreis, sondern von Bund und Land erstattet werden. Genau so, wie es im Freistaat Bayern praktiziert wird: keine Pauschalen, sondern spitz abgerechnet.“

Der Kreistag hatte in seiner Sitzung am 30. September in Mücke im Rahmen einer Resolution auch beschlossen, den Kreisausschuss zu ermächtigen, die zur Durchsetzung der Kostenerstattung notwendigen Schritte einzuleiten. Demgemäß hat der Kreisausschuss am 10. November beschlossen:

Der Kreisausschuss wird ein Normenkontrollverfahren beim VGH in Kassel einleiten, um die Anpassungsverordnung  vom 12.12.2013, die die Erstattung nach § 7 des Landesaufnahmegesetzes (LAG) ergänzt, überprüfen zu lassen. Für die Einleitung dieses Normenkontrollverfahrens (§ 47 VwGO)  gilt eine Jahresfrist, die am 24.12.2014 abläuft.

Für 2014 rechnet der Vogelsbergkreis mit Kosten in Höhe von knapp vier Millionen Euro. Hierin sind die Personalkosten enthalten. Das Land Hessen erstattet hiervon lediglich zwei Millionen Euro. Der Kreis muss also zwei Millionen Euro aus eigenen Mitteln – die er nicht hat – „drauflegen“. Das Land beabsichtigt zwar, ab 2015 den Zuschuss für die Landkreise zu erhöhen – es bleibt aber immer noch bei einem Defizit für den Kreis in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro.

Noch abschließend zu prüfen sei, so Landrat Görig, ob neben dem Normenkontrollverfahren ein Verfassungskontrollverfahren (Hessische Verfassung, Artikel 132) beim Staatsgerichtshof (StGH) in Wiesbaden im Hinblick auf Paragraf 7 Landesaufnahmegesetz (LAG) in Betracht kommt, da die Kostenfolgen zur Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe umfassend zu regeln sind – so heißt es in Artikel 137 Absatz 6 der Hessischen Verfassung.

„Als staatliche Aufgabe ist die Versorgung der Flüchtlinge nach dem Asylberwerberleistungsgesetz (AsylbLG) ebenso eine Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung wie ihre Unterbringung nach dem Landesaufnahmegesetz“, verdeutlicht der Vogelsberger Landrat.

In Bayern und Sachsen übernimmt das Land insgesamt die Kosten für die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge. In diese Richtung zielt auch die gestrige Ankündigung des Kämmerers des Landkreises Gießen, der eine „gesetzliche Pflicht zur 100-Prozent-Finanzierung“ sieht.

Der Landrat werde sich über den Hessischen Landkreistag (HLT) dafür einzusetzen, dass das Land durch Änderung von § 7 Landesaufnahmegesetz zur Vollerstattung bei der Unterbringung der Flüchtlinge – die es bis Juni 1997 gegeben hat – zurückkehrt.

Wegen der derzeitigen Teilerstattung durch Festbeträge müssten zukünftig auch die Verwaltungskosten und damit der weiter steigende Personalaufwand der Landkreise und der kreisfreien Städte Berücksichtigung finden. Auch die Befristung der Erstattung auf zwei Jahre müsse in einer Gesetzesnovelle rückgängig gemacht werden.

Die Versorgung der Flüchtlinge ist seit November 1993 im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Infolge des Bundesverfassungsgerichts-Urteils vom 18.07.2012 hat es Verfassungsrang, bei der Versorgung der Flüchtlinge das menschenwürdige Existenzminimum zu gewährleisten.

Nach der Durchführungsverordnung des Landes Hessen sind die Landkreise und die kreisfreien Städte Kostenträger, wobei der Bund sich bisher an den Aufwendungen der Kreisebene für die Versorgung der ausländischen Flüchtlinge nicht beteiligt.

Der Bundestag beschäftigt sich zurzeit mit einer Gesetzesnovelle zu diesem Thema. Der Hessische Landtag und die Landesregierung wollen – wie der Vogelsbergkreis auch – dass sich der Bund bei der Asylpolitik an der Koordinierung und an den Kosten beteiligt.

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