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„Es fehlt ein Puzzleteil im eigenen Leben“ – Adoptierte erzählten im Bonifatiuskloster ihre eigene Geschichte

Hünfeld. Was wäre wenn … ich früher gewusst hätte, dass ich adoptiert worden bin? Ich Kontakt zu meiner leiblichen Mutter hätte? Oder in meiner Familie offener über das Thema Adoption gesprochen worden wäre? Mit diesen und anderen existenziellen Fragen rund um die eigene Herkunft und das Leben in einer Adoptivfamilie haben sich vier Personen, die im Rahmen einer Informationsveranstaltung „Adoptierte sprechen“ als Referenten eingeladen waren, auseinandergesetzt.

Mit großer Offenheit, Mut zu Emotionen und einem hohen Maß an Selbstreflexion wurden im Hünfelder Bonifatiuskloster die persönlichen Adoptions-Geschichten erzählt. Dabei glich keine Geschichte der anderen. So gab es große Unterschiede im Wissen um die Herkunftsfamilie und um die Gründe der Adoption, aber auch Unterschiede im Umgang mit dem Thema innerhalb der Adoptivfamilie.

Der gemeinsame Nenner aller Adoptierten war neben dem Wunsch, möglichst viel über die eigene Herkunft wissen zu wollen – „sonst fehlt ein Puzzleteil im eigenen Leben“ – auch der Respekt vor der Entscheidung der leiblichen Mutter und die Dankbarkeit, eine glückliche Kindheit verlebt zu haben.

„Eigentlich möchte jeder seine Wurzeln kennen – der eine früher, der andere später“, erklärte Diplom-Sozialpädagogin Ines George von der gemeinsamen Adoptionsvermittlungsstelle der Landkreise Fulda und Hersfeld-Rotenburg und der Stadt Fulda. Seit 2007 gibt es diese Anlaufstelle, die sich in der Leipziger Straße in Fulda befindet und sowohl Adoptivbewerber als auch Adoptivfamilien und -kinder, aber auch abgebende Mütter und Väter begleitet und betreut.

„Menschen bearbeiten das Thema in unterschiedlicher Art und Weise und zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten“, ergänzte Diplom-Sozialarbeiterin Irmgard Plappert. Dies sei auch davon beeinflusst, wie offen mit dem Thema innerhalb der Familie, aber auch in der Gesellschaft umgegangen werde. „Früher war Adoption ein Tabuthema. Heute sagen wir, dass die Aufklärung bereits am Wickeltisch beginnt und Adoption eine Lebensform von vielen ist“, so Irmgard Plappert.

Die Frage, was sich die Adoptierten in ihrer Kindheit und Jugend gewünscht hätten, wurde mit „mehr Offenheit und Ehrlichkeit“ beantwortet. „Denn wenn man von Anfang an weiß, dass man adoptiert ist und damit aufwächst, ist es auch leichter, damit umzugehen“, betonte eine Referentin.

„Ein Kind zur Adoption freizugeben, ist eine ganz schwere und verantwortungsvolle Entscheidung, die Hochachtung und Respekt verdient. Diese Entscheidung ermöglicht Kindern, ein Leben in einem wertschätzenden Umfeld, aber auch vielen kinderlosen Frauen und Männern, Eltern zu sein“, bekräftigten Ines George und Irmgard Plappert. Dass das Interesse am Thema Adoption sehr groß ist, zeigten nicht nur die mit 70 Personen hohe Teilnehmerzahl, sondern auch die zahlreichen Fragen aus dem Publikum, das durch die persönlichen Geschichten der Adoptierten zum Nachdenken angeregt wurde. (Dorit Heydenreich)

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