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Jeder fünfte Betrieb hat Probleme bei der Stellenbesetzung

Dr Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen: „Die Betriebsbefragung zeigt, dass der Fachkräfteengpass in den ausgewiesenen Branchen besonders kleineren Unternehmen zu schaffen macht. Diesem Mangel an qualitativ hochwertigen Bewerbungen kann mittelfristig auch durch den Versuch, un- oder angelernte Kräfte für die vakanten Stellen zu qualifizieren, begegnet werden. Dabei sind die Kompromissbereitschaft der Betriebe und die Motivation derjenigen, die eine qualifizierte Tätigkeit ausüben möchten, von entscheidender Bedeutung. Die Bundesagentur für Arbeit bietet hierfür auch eine breite Palette an Unterstützungsmöglichkeiten.“

Knapp 20 Prozent aller Betriebe in der Rhein-Main-Region konnten im Herbst 2014 offene Stellen nicht besetzen. Hochgerechnet entspricht dies einem Wert von etwa 38.000 offenen Stellen. Das ist das Ergebnis der jetzt vorliegenden IWAK-Betriebsbefragung in der Region Rhein-Main. Das Institut fragte die Betriebe ebenfalls nach den Gründen der Besetzungsschwierigkeiten, Reaktionen auf den Arbeitskräfterückgang, Ausbildungsaktivitäten und der Kompromissbereitschaft bei Neueinstellungen.

Stellenbesetzungsproblem trifft kleinere Betriebe

Die Situation der Betriebe differiert stark zwischen den Wirtschaftszweigen. In den Bereichen Erziehung und Unterricht sowie Gesundheits- und Sozialwesen, die bereits seit längerem über Arbeitskräfteengpässe klagen, können erwartungsgemäß überdurchschnittlich viele Betriebe Stellen nicht besetzen. Im Informations- und Kommunikationssektor und vor allem im Baugewerbe blieben jeweils bei fast einem Drittel der Betriebe Vakanzen frei. Allein im Bereich der Öffentlichen Verwaltung bestanden kaum Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung.

Die Betriebe in der Region Rhein-Main wurden auch gefragt, ob sich der Rückgang an verfügbaren Arbeitskräften auf ihren Betrieb bereits bemerkbar mache. 20 Prozent aller Betriebe gaben an, dass dies der Fall sei. Am häufigsten spüren dies Betriebe aus dem Bereich Erziehung und Unterricht (42 Prozent), dem Baugewerbe (38 Prozent) und dem Sektor Gesundheits- und Sozialwesen (32 Prozent). Demzufolge jene Wirtschaftszweige, die auch am häufigsten über nicht zu besetzende Stellen klagen.

Die meisten der nicht zu besetzenden Stellen sind bei kleinsten (1-9 Beschäftigte) und kleineren Betrieben (10-49 Beschäftigte) zu finden. Zusammen genommen sind dies etwa drei Viertel aller offenen Stellen der Region. 16 Prozent der offenen Stellen entfallen auf die mittelgroßen Betriebe, und nur sieben Prozent der nicht zu besetzenden Stellen finden sich in Großbetrieben mit 250 oder mehr Beschäftigten.
Ein Vergleich mit 2007 zeigt, dass sich die Probleme deutlich zu Ungunsten der kleinsten Betriebe verschoben haben, während große Betriebe ihre Vakanzen vergleichsweise leichter besetzen können.

Betriebe suchen verstärkt Fachkräfte und Auszubildende

In 53 Prozent der Betriebe wurden Arbeitskräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung, in weiteren 25 Prozent Mitarbeiter mit abgeschlossenem Hochschul- oder Fachhochschulstudium gesucht. Nur zehn Prozent der nicht zu besetzenden Stellen betraf Geringqualifizierte, 12 Prozent Auszubildende. Wie schon in der Vergangenheit betraf der überwiegende Teil der nicht zu besetzenden Stellen qualifizierte Arbeitskräfte.

Während nur etwa fünf Prozent der in der Region Beschäftigten Auszubildende sind, liegt der Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen an allen unbesetzten Stellen mit zwölf Prozent mehr als doppelt so hoch. Die Probleme, offene Stellen zu besetzen, sind demnach vor allem im Ausbildungsbereich bereits heute groß.

Mangel an Bewerbungen und unzureichende Qualifikationen

Bei der Frage nach den Ursachen für die Stellenbesetzungsprobleme bestehen zwischen den Qualifikationsgruppen zum Teil deutliche Unterschiede. Bei allen ist der Mangel an Bewerbern der am häufigsten genannte Grund. An zweiter Stelle folgt bei allen Gruppen die unzureichende Qualifikation der Bewerber. 2007 war bei Ausbildungsstellen und bei Stellen für Arbeitskräfte mit Berufsausbildung dies noch der am häufigsten genannte Grund. Innerhalb der letzten sieben Jahre ist so zu dem qualitativen Problem nicht zu besetzender Stellen demnach noch ein quantitatives Problem hinzugekommen.

Kompromissbereitschaft der Betriebe variiert

Die Reaktionen der Betriebe auf den Rückgang des Arbeitskräfteangebots fallen sehr unter-schiedlich aus. Am häufigsten sind die Betriebe zu größeren Kompromissen bei der Einstellung bereit, daneben werden innerbetriebliche Reorganisationsmaßnahmen und eine verstärkte betriebliche Aus- und Weiterbildung noch recht häufig genannt. Die Aus- und Weiterbildung hat als Strategie in den letzten sieben Jahren deutlich an Bedeutung verloren und ihren Spitzenplatz geräumt. Ein Grund für diese Verschiebung könnte sein, dass der absolute Rückgang an Arbeitskräftepotenzial die Betriebe kompromissbereiter macht und den Blick auf die innerbetriebliche Organisation lenkt, während die zusätzlichen Qualifizierungs- und Ausbildungspotenziale tendenziell ausgereizt sind.

Keine Zugeständnisse bei der Ausbildung

Ergänzend gaben die ausbildenden Betriebe an, zu welchen Zugeständnissen sie bereit wären, um die Besetzung von Ausbildungsstellen zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. Knapp die Hälfte war zu keinerlei Zugeständnissen bereit. Ein Vergleich mit den Ergebnissen des Jahres 2007 zeigt, dass der generelle Anteil kompromissbereiter Betriebe trotz größerer Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Auszubildenden bislang nicht zugenommen hat. Innerhalb der kompromissbereiten Ausbildungsbetriebe sind jedoch deutliche Veränderungen zu beobachten: Die Bereitschaft der Betriebe, bei der schulischen Vorbildung Zugeständnisse zu machen, stieg innerhalb von sieben Jahren von 19 auf 47 Prozent, Kompromisse bei sozialen Qualifikationen waren 2007 nur bei vier Prozent der Betriebe denkbar, 2014 lag dieser Wert mit 15 Prozent nahezu viermal so hoch.

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