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Wie sieht „gutes Leben“ mit Demenz aus?

„Gutes Leben mit Demenz im Vogelsbergkreis“- wie kann das gelingen und welche Rahmenbedingungen sind dazu notwendig? Diesen Fragen ist eine studentische Projektgruppe der Hochschule Fulda, Fachbereich Pflege & Gesundheit unter Leitung von Frau Prof. Dr. Helma Bleses über ein Jahr lang intensiv nachgegangen. Die Ergebnisse des Projektes präsentierten die 16 Studierenden jetzt im Rahmen einer Veranstaltung des „Bündnis für Familie“ im Handlungsfeld „Gesundheit und Pflege“.

So anspruchsvoll wie der Titel war auch der Aufbau der Studie: Neben einer umfangreichen Recherche der wissenschaftlichen Literatur zum Thema „Leben mit Demenz“ hatte die Studie einen quantitativen und einen qualitativen Forschungsansatz. In einem ersten Schritt wurde zunächst eine wissenschaftliche Analyse zum Thema „Gutes Leben mit Demenz“ durchgeführt. Die Studierenden konnten zeigen, dass es viele verschiedene Aspekte gibt, die wesentlich für die Lebensqualität von Personen mit Demenz sind: „Soziale Sicherheit, Unabhängigkeit, finanzielle Sicherheit, soziale Beziehungen, psychologisches Wohlbefinden, Religiosität und das Gefühl gebraucht zu werden sind entscheidende Faktoren für die Lebensqualität.“, fassten Julia Hirsch und Michael Pal die Ergebnisse zusammen.
Doch wie sieht die Situation im Vogelsbergkreis konkret aus? Dazu hat die Projektgruppe eine umfangreiche Erhebung und Analyse durchgeführt und die Ergebnisse erstmalig für den Vogelsbergkreis in gebündelter Form zusammengestellt. Im Mittelpunkt standen hier ehrenamtliche und professionelle Angebote, die speziell auf die Versorgung und die Unterstützung für Personen mit Demenz ausgerichtet sind. Die Forschergruppe konnte hier auf Ressourcen der Kreisverwaltung zurückgreifen, wo seit Jahren das „Geodaten-Informations-Systems“ (GIS) zur Visualisierung von Daten genutzt wird.  Die gewonnenen Erkenntnisse konnten direkt in verschiedene Karten des Vogelsbergkreises übertragen und den Anwesenden präsentiert werden.

„Die Angebote im Vogelsbergkreis reichen von Pflegediensten, Haus- und Fachärzten über Beratungsdienste, Fahrdienste, betreutem Wohnen und Tagespflege bis zu ehrenamtlichen Initiativen und ehrenamtlicher Pflegebegleitung. Allerdings gibt es Landstriche, die kaum Angebote für Personen mit Demenz vorweisen können“, führten Heiko Bully und Theresa Barthelmes aus. Das Projektteam dankte den Mitarbeitern der Kreisverwaltung Udo Harzer und Marco Schuster für die unkomplizierte und fachlich hervorragende Unterstützung.

Ein zweiter Schwerpunkt der Studie bestand in einem qualitativen Forschungsansatz. Dazu hat das Projektteam zunächst Experten der Region zum Thema befragt. Einig sind sich alle Experten darin, dass die mit der Demenz verbundenen Herausforderungen sowohl für die Personen mit Demenz als auch für ihre Angehörigen sehr hoch sind. Aus Sicht der Experten ist es sinnvoll ehrenamtliche und professionelle Angebote eng miteinander zu verzahnen, um so die Möglichkeiten der Unterstützung zu erweitern. Weitergehend sprachen sich die Experten dafür aus, die Transparenz rund um die Versorgungsangebote zu erhöhen. Angeregt wurde auch in Ergänzung zu der Arbeit des Pflegestützpunktes die Etablierung einer zentralen Anlaufstelle für Personen mit Demenz und ihre Angehörigen.

Als besonders anspruchsvoll aber auch erkenntnisreich bewerteten die Studierenden den dritten Teil ihrer Studie, in dem die Betroffenen selbst in den Mittelpunkt gerückt wurden. Dazu hatte die studentische Gruppe Personen mit Demenz und ihre Angehörigen nach ihren Erfahrungen, Wünschen und ihren Vorstellungen für ein „Gutes Leben mit Demenz im Vogelsbergkreis“ befragt. „Dieser Forschungsansatz des ‚patient view‘, der ganz bewusst die Perspektive der Betroffenen einnimmt, generiert Erkenntnisse, die ganz nah am Alltag der Menschen sind“, begründeten Yvonne Klüber, Marianne Masso und Simone Eller ihr Vorgehen.

Dieser Alltag gestaltet sich oft schwierig: so wissen die Betroffenen oftmals nicht, an wen sie sich wenden sollen, oder die Informationen die sie erhalten sind schwer verständlich. Beratende Unterstützung erhalten die Personen mit Demenz und ihre Angehörigen vor allem durch den Pflegestützpunkt, die Psychiatrische Institutsambulanz des Eichhof Krankenhauses in Lauterbach und durch weitere Angebote. Dies allerdings erst dann, wenn Sie von diesen Angeboten erfahren haben. Auch von Seiten der Angehörigen wurde der Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung der Anbieter geäußert. Außerdem wünschen die Personen mit Demenz und ihre Angehörigen Versorgungsangebote die flexibel angeboten werden – vor allem auch dann, wenn die Pflegeperson kurzfristig ausfällt.

Neben diesen theoretischen Erkenntnissen konnte die Projektgruppe auch einen ersten praktischen Umsetzungsschritt präsentieren: „Die Interviews haben gezeigt, dass sich die Angehörigen gebündelte Informationen zum Thema Demenz wünschen. Mit Unterstützung der Pressestelle und der Fachstelle Gesundheitliche Versorgung der Kreisverwaltung haben wir einen ersten Entwurf für einen Ratgeber erstellt, der alle wichtigen Informationen und Ansprechpartner in der Region benennt“, so Anna Letnev. Dr. Stahl von der Fachstelle führte dazu aus, dass dieser Entwurf weiterentwickelt und dann der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

In der sich anschließenden regen Diskussion wurde nochmals betont, wie wichtig die Unterstützungsangebote für Personen mit Demenz und ihre Angehörigen sind. Entscheidend ist, so waren sich alle Beteiligten einig, dass die notwendigen Informationen über diese Angebote auch bei denen ankommen, die sie benötigen. In der Diskussion wurde auch deutlich, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema noch lange nicht abgeschlossen ist. Frau Prof. Dr. Helma Bleses erläuterte den geplanten Fortgang: „Sehr gerne schreibe ich für die kommenden zwei Semester wieder ein Projekt zu diesem Thema aus, um die Kooperation mit dem Vogelsbergkreis und dem Bündnis für Familie weiter auszubauen.“

Sie ermunterte die Anwesenden dazu aus den Empfehlungen, die Christina Wille den Verantwortlichen am Ende Ihres Vortrages unterbreitet hatte, konkrete Fragen für ein Folgeprojekt zu unterbreiten. Dieses Angebot nahm Hans-Dieter Herget vom Bündnis für Familie sehr gerne auf. Er bedankte sich bei der Projektleitung und bei den Studierenden für die geleistete Arbeit und überreichte den Projektteilnehmern ein kleines Dankeschön in Form eines Buchgutscheins.

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