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Schniefen, Bellen, Grunzen AOK Hessen zu Tics bei Kindern

Wenn Kinder auffallend häufig blinzeln oder mit den Schultern zucken, wenn sie bellen und grunzen, steckt dahinter nur selten eine „schlechte Angewohnheit“. In der Regel liegt diesem Verhalten ein echtes Krankheitsbild zugrunde: Die so genannte Tic-Störung (engl.: tic disorder). Allerdings: Etwa 50 Prozent der Kinder mit Tics sind bis zum Alter von 18 Jahren wieder symptomfrei, bei vielen anderen nimmt die Intensität im Lauf der Jahre deutlich ab.

Tics kündigen sich oftmals mit einem Vorgefühl an und können von den Betroffenen mitunter sogar unterdrückt werden. Fachleute sagen: Ein Tic ist eine rasche, wiederholte, nicht rhythmische Bewegung oder eine Lautproduktion, die plötzlich einsetzt, keinem Zweck dient und als bedeutungslos erlebt wird. Man unterscheidet motorische – also bewegungsbezogene – Tics von solchen, die sich vokalisch äußern. Gute Beispiele hierfür sind häufiges Schniefen oder Räuspern, aber auch das eingangs erwähnte Bellen und Grunzen. Zuckende Augenlider oder Mundwinkel dagegen haben nichts mit einer Tic-Störung zu tun.

Aufklärung ist wichtig
Wichtige Nachricht für alle Eltern: Tics treten bei bis zu 15 Prozent aller Grundschulkinder zumindest vorübergehend auf. Die stärkste Ausprägung besteht meist zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr, danach kommt es in der Regel zu einer spürbaren Verbesserung. Chronische oder besonders schwere Verläufe, bei denen komplexe motorische und vokalische Tics in Kombination auftreten, sind selten. Deshalb gilt es laut Dr. Angela Smith, leitende Ärztin der AOK Hessen, Ruhe zu bewahren: „Eine Tic-Störung in diesem Alter ist kein Weltuntergang und die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Problem ausschleicht, sehr hoch. Wichtig ist vor allem, dass eine frühzeitige Diagnose gestellt wird, denn das gibt sowohl den Kindern als auch ihren Eltern viel Sicherheit. Zu wissen, was man hat, hilft ungemein.“ Zentral ist deshalb vor allem die so genannte Psychoedukation, also Aufklärung und Beratung über das Krankheitsbild. So können Betroffene lernen, mit der Erkrankung besser umzugehen. „Dazu gehört auch, Lehrer, Mitschüler und andere Bezugspersonen frühzeitig mit ins Boot zu holen und zu informieren“, sagt Smith.

Ursachen im Dunkeln
Die Ursachen von Tic-Störungen liegen nach wie vor im Dunkeln. Zwar gibt es familiäre Häufungen, so dass eine genetische Veranlagung angenommen wird. Auch weiß man heute, dass bestimmte Infektionen, insbesondere mit Streptokokken, Tics auslösen können. Insgesamt jedoch steht die Wissenschaft noch am Anfang. Die ursachenbezogene Bekämpfung der Erkrankung ist aktuell nicht möglich. Derzeit wird deshalb vor allem symptomatisch behandelt, etwa durch antipsychotisch wirkende Arzneimittel, welche die Tics für einige Tage unterdrücken können. Allerdings ist die Studienlage zur medikamentösen Therapie von Tic-Störungen so mangelhaft, dass selbst die Deutsche Gesellschaft für Neurologie keine eindeutigen Therapieempfehlungen gibt.

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Gesundheit & Medizin