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Vor fünf Jahren wurde Trauerseelsorge im Bistum Fulda etabliert – Stete Entwicklung

Wenn bei Werner Gutheil das Telefon klingelt, dann ist es meistens kein fröhlicher Grund. In der Regel hofft der Anrufer auf seinen Beistand und Trost. Oder ehrenamtliche Mitarbeiter erbitten Unterstützung. Pfarrer Werner Gutheil ist Diözesanseelsorger für Trauernde im Bistum Fulda und rund um die Uhr erreichbar.

„Gute Trauer – heilende Zeit“, so heißt das Motto der Trauerarbeit im Bistum. Dass dazu auch Bewusstseinsbildung nicht nur bei den unmittelbar Betroffenen, sondern in der ganzen Gemeinde bedeutet, ist ein wichtiges Anliegen Gutheils. „Trauer war früher mehr ein öffentlicher Prozess. Heute ist es doch meistens so, dass es als Privatangelegenheit aufgefasst wird“, so Gutheil. Als Beispiel nennt er zum Beispiel die Zeit, in der Trauernde heute in der Regel schwarze Kleidung tragen, um ihr Leid öffentlich sichtbar zu machen. „Heute sieht man das bestenfalls noch bei den Beisetzungsfeiern. Aber durch diese Verbannung der sichtbaren Trauerzeichen kommen auch immer weniger junge Menschen mit Trauer und Tod in Berührung oder frage nach“, so sein Befund.

Genau da setzt die Arbeit an, die Pfarrer Gutheil sowie seine ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten. „Unsere Begleit- und Gesprächsangebote sind wichtige Brücken zwischen Menschen in einer besonders schwierigen Situation. Denn das Sprechen über Trauer ist wichtig, aber es ist auch nicht einfach. Denn das Thema Trauer wird in unserer Gesellschaft meistens verdrängt. Aber auch die Trauernden müssen erstmal lernen, über ihre Trauer zu sprechen“, sagt der Geistliche. Dabei ist die Trauerarbeit in einem steten Entwicklungsprozess. „Wir passen unsere Angebote an die Notwendigkeiten der Menschen an und sind bereit, neue Wege zu gehen, um auch die Menschen zu erreichen und für sie da zu sein, die der Kirche eher fern stehen“, erläutert er. Konfessionelle Grenzen gibt es keine, das Angebot richtet sich an jedermann und ist auch für jeden erreichbar, betont der Geistliche.

Am 2. Oktober 2010 wurde Gutheil, der bis 2009 Klinikseelsorger in Hanau war, durch Weihbischof Karlheinz Diez als Diözesanseelsorger für Trauernde eingeführt. Personalreferent Prälat Christof Steinert hatte dabei die Entwicklung des neuen Angebotes besonders unterstützt. Seitdem hat sich viel getan im Bereich der Trauerbegleitung im Bistum. Trauerseelsorge ist nichts Neues. „Trauer hat im Christentum schon immer einen festen Platz“, formulierte es Prälat Steinert. Keimzellen des neuen, besonderen Form der Arbeit, wie sie Gutheil und sein Team anbietet, waren dessen erste Angebote für Trauernde im Raum Hanau im Jahre 1999. diese weitete er schon bald zunehmend auf den übrigen Main-Kinzig-Kreis aus. Die ersten Schritte ging Gutheil gemeinsam mit der ökumenischen Regenbogengruppe um Christel Korn. Das damalige Konzept hat sich auf das Trauerzentrum in der Rhönstraße übertragen.

Schon im Jahre 2005 entstand in Hanau das erste Trauercafé „Hoffnungsschimmer“, dem gleiche einrichtungen in Bad Soden-Salmünster und Schlüchtern folgten. So heißen auch die danach in vielen anderen Städten und Gemeinden inzwischen entstandenen Trauercafés. „Seit der ersten Gründung in Hanau vor zehn Jahren haben inzwischen über 12 300 Personen in diesen Einrichtungen Hilfe und Unterstützung erfahren“, so Gutheil. Eine eindrucksvolle Zahl, aber auch eine weitere beeindruckt: Seit Gründung des Trauerbüros in der Hanauer Rhönstraße 8 haben über 10 730 Menschen das Büro besucht oder an Gruppenangeboten teilgenommen. „Davon alleine konnten in den drei bestehenden Trauercafés um Fulda (seit 2011, Leitung Eva Maria Bott und Gisela Jahn), Bad Orb (Romy Bott), Freigericht-Hasselroth (Elisabeth Weber) und Homberg/Efze (Christine Foerster) über 1250 Besuche gezählt werden“, stellt Gutheil heraus.

Das persönliche Schicksal der Eheleute Dieter und Tatjana Kuske – ihre gemeinsame 19-jährige Tochter Genevieve starb 2009 während einer Klassenfahrt in Spanien an einem allergischen Schock – führte im Jahre 2010 durch die Kontakte mit Pfarrer Gutheil zur Gründung des Vereins „Trauernde Eltern und Kinder“ – ein Novum auf diesem Gebiet. Tatjana Kuske leitet eine Elterngruppe, ihre Ehemann Dieter eine Männergruppe. „Zwischenzeitlich gab es auch durch Maria Moreth zwei Etappen mit Kindergruppenangeboten. Bis zum heute sind insgesamt 600 Kontakte trauender Eltern und Kinder zustande gekommen“, so Gutheil. Zurzeit allerdings gebe es eine stärkere Entwicklung hin zur Einzelbegleitung von Eltern, Elternteilen du Kindern. Seit Herbst 2014 sind so schon über drei Dutzend Einzelbegleitungen durch Ehrenamtliche geleistet worden.
Die Eheleute Kuske haben – wie viele andere Ehrenamtliche auch – bei Pfarrer Gutheil ihr Rüstzeug in Trauerkursen erhalten. Das Konzept Gutheils für die Trauerseelsorge im Bistum war von Beginn an abgestellt auf die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen. Das beinhaltet auch die Ausbildung in Basis- und weiterführenden Kursen. „Aktuell bereiten wir den sechsten Basiskurs in sechs Abschnitten vor, der am Wochenende 6./7. Februar 2016 beginnt und im Fuldaer Priesterseminar stattfindet“, informiert Gutheil. Über 40 Frauen und Männer wurden bislang durch Pfarrer Gutheil und weitere Referenten wie Jutta Beil oder Dr. Valentina Veneto Scheib. Zwei Mal im Jahr finden ein „Tag der Begegnung der Ehrenamtlichen“ als Fortbildungsmaßnahme statt.

Außerdem wurde ein Förderverein Trauerarbeit gegründet. „Hier unterstützen bereits über 40 Mitglieder die Arbeit in der Trauerseelsorge durch ihren finanziellen Beitrag“, berichtet Pfarrer Gutheil. Außerdem gibt es Kooperationen, so mit der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Freigericht-Neuses. Mit der KAB ist die Trauerarbeit „In Freundschaft unterwegs“, ein Reiseprogramm, in das Trauernde geschwisterlich aufgenommen werden bei Tagesfahrten und Kurzreisen.

„Die Trauerarbeit ist ein ständiger Entwicklungsprozess und passt sich den Bedürfnissen trauernder Menschen an“, betont Gutheil. Stand zu Beginn die Gruppenarbeit im Zentrum, so hat sich im Laufe der Zeit sich der Schwerpunkt zur Einzelbegleitung entwickelt. Seit dem Jahre 2010 sind knapp 1850 Einzelgespräche geführt worden, seit Ende 2014 im Raum Hanau auch durch Ehrenamtliche, erläutert der Seelsorger. Einzelgespräche werden von Gutheil auch in Bad Soden-Salmünster und im Fuldaer Priesterseminar geführt.
Hauptamtlich stehen Gutheil im Büro des Trauerzentrums in der Rhönstraße 8 in Hanau Elisabeth Weber (seit 2004) und Susanne (seit 2010) zur Seite.

Kommunikation ist einwichtiger Aktivposten in der Arbeit des Trauerzentrums. Die Internetseite wird zurzeit überarbeitet. Gutheil hat bereits seit Beginn seiner Tätigkeit als Diözesanseelsorger für Trauernde acht Bücher zu Themen wie Trauerbewältigung, Patientenverfügung oder Geschichtenbücher veröffentlicht, daneben eine Trauerkartenserie. Und auch als Kolumnist betätigt sich Gutheil, um trauernde Menschen Impulse und Unterstützung zuteil werden zu lassen.

Gutheil ist mit dem bisher erreichten zufrieden. „Hätte Personalchef Prälat Steinert nicht den Mut zur Schaffung einer Diözesanstelle Trauerseelsorger gehabt, dann waren wir im Horizont lokalen Daseins geblieben“, ist er sich sicher. Die Trauerarbeit werde sich dynamisch weiterentwickeln, um Menschen am Rand der Lebenssituation beizustehen. „Deshalb ist die Hoffnung, dass nach fünf Jahren eine Perspektive auf Weiterentwicklung besteht und mehrere Generationen von Trauernden wieder ins Leben gefundne haben. Denn das sei ein Ziel der Arbeit. Ein anderes sei, neue Kontakte zu knüpfen, so Gutheil.

Zentrum für Trauernde
Rhönstraße 8, 63450 Hanau
Telefon 06181 / 4 28 98 44 • Fax: 06181 / 4 28 98 55
E-Mail: info@trauern-warum-allein.de

Zitiert
„Bei der Trauerarbeit geht es zunächst um das Trösten mit innerer Festigkeit, Treue und Vertrauen. Dieser Trost kann nicht im Vorübergehen als flüchtige Geste gegeben werden, sondern nur in der konkreten Begegnung, im Aufeinanderzugehen. Den Verlust, der durch den Tod eines Menschen entstanden ist, gilt es öffentlich zu machen. Nur so haben Menschen die Chance, das Leid des anderen zu erkennen, es mitzutragen durch Trost, Verständnis und Rücksichtnahme.“
Weihbischof Karlheinz Diez bei der Einführung von Pfarrer Werner Gutheil als Diözesanseelsorger für Trauernde im Jahre 2010.

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Kirche