Geschützter Raum für weibliche Trauerbewältigung – Trauerzentrum in Hanau startet mit neuem Selbsthilfeangebot für verwitwete Frauen
Stirbt der Ehemann oder der langjährige Lebenspartner, ist dies für Frauen immer ein schwerer Schicksalsschlag. Stehen sie mitten im Berufsleben, ist dieser Verlust eine noch größere Last, denn berufstätige Frauen müssen weiter funktionieren: vor allem an ihrem Arbeitsplatz, aber auch in der Familie. Da hat Trauer kaum Platz und stößt gerade in heutiger Zeit in der Berufs- und Arbeitswelt auf wenig Verständnis oder Rücksicht. Pfarrer Werner Gutheil, Diözesanseelsorger für Trauernde im Bistum Fulda, und das Zentrum für Trauernde in Hanau haben für trauernde Witwen ein neues Angebot: Am 16. Februar trifft sich dort zum ersten Mal die neu gegründete Selbsthilfegruppe für trauernde Frauen. Ihr Name: verwitwet-info-hanau. Im Gespräch erläutert Pfarrer Gutheil die Beweggründe, die zur Gründung der neuen Selbsthilfegruppe geführt haben.
Frage: Herr Pfarrer Gutheil, warum gibt es bei Ihnen ein eigenes Angebot für verwitwete Frauen?
Pfarrer Werner Gutheil: Seit wir unsere Arbeit in der Trauerseelsorge und Trauerbegleitung aufgenommen haben, haben wir erfahren, dass es für Frauen eine besonders spezielle Situation ist, wenn sie mitten im Berufsleben stehend ihren Ehemann oder Lebenspartner verloren haben. Das haben die Gespräche gezeigt, die wir mit betroffenen Frauen hatten. Einerseits müssen sie weiter voll ihre Frau stehen in ihrem Beruf, denn der Arbeitgeber erwartet, dass sie weiterhin voll ihre Leistung bringen. Zum anderen aber reißt der Tod des Partners ein großes Loch in die Lebensplanung und -gestaltung, wie sie diese Frauen bis dahin gemeinsam mit ihrem Partner gelebt haben. Sie verspüren Einsamkeit, die auch noch dadurch verstärkt wird, wenn eigene Kinder nicht erreichbar oder in der Nähe sind, weil sie sich im Studium oder in der Ausbildung befinden oder gar eigene Familien haben, um die sie sich kümmern müssen. Frauen haben in dieser für sie besonderen Situation dann eigene Fragen, die sie stark beschäftigen, die aber in einer Gesamtgruppe Trauernder, wie wir sie bereits anbieten, untergehen können oder die sie sich in dieser Gruppe schlicht nicht zu stellen trauen. Deshalb kam von betroffenen Frauen auch die Anregung für ein eigenes Angebot.
Frage: Warum nennen Sie das neue Angebot für trauernde Frauen Selbsthilfegruppe? Wer leitet beziehungsweise begleitet sie?
Gutheil: Wir haben verwitwet-info-hanau als Selbsthilfegruppe gegründet, weil hier betroffene Frauen anderen betroffene Frauen Hilfe und Stütze geben. Die Gruppe wird auch von Frauen geleitet, die selbst diesen großen Verlust erlitten haben und daher wissen, welche Fragen und Bedürfnisse trauernde Frauen bewegen. Zwei von den Frauen in Leitungsverantwortung machen auch den neuesten Trauerbegleitkurs mit. Die neue Gruppe wird aber auch regelmäßig von mir begleitet. Die Leiterinnen stehen im engen Kontakt mit mir und werden auch künftig in die Supervision unseres Hanauer Trauerzentrums eingebunden. Insofern ist verwitwet-info-hanau eine begleitete Selbsthilfegruppe.
Frage: Wie sieht die Arbeit der Selbsthilfegrupp inhaltlich aus? Was sind die Schwerpunkte?
Gutheil: Die Themen und Inhalte bestimmen die betroffenen Frauen selbst. Aber es ist angedacht, dass neben den Fragen und Problemen der Frauen, die miteinander und mit mir als Trauerseelsorger besprochen werden, auch gemeinsame Aktivitäten stattfinden. Das können beispielsweise Theater- oder Kinobesuche sein, oder aber gemeinsames Kochen oder Restaurantbesuche – im Prinzip alles, was im Alltag mit dem Partner geplant und geteilt wurde, das kann jetzt auch in der Gruppe geplant und geteilt werden. Die monatlichen Treffen an jedem dritten Dienstag werden dabei von Termin zu Termin neu besprochen und geplant hinsichtlich dessen, was inhaltlich stattfinden soll. Dabei kann jede teilnehmende Frau sich mit Ideen oder Beiträgen einbringen.
Frage: Eine ansprechende Konzeption – aber warum sind dabei keine Männer zugelassen?
Gutheil: Männer sind tatsächlich in dieser Selbsthilfegruppe, die sich ausschließlich an trauende Witwen richtet, nicht eingeladen. Frauen haben in Gesprächen die Bitte nach Einrichtung eines geschützten Raum vorgebracht. Frauen wollen also unter sich sein und aus der Perspektive von Frauen Rat und Hilfe suchen beziehungsweise leisten. Männer sind zu den anderen offenen Treffen eingeladen. Leider haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass Männer sehr schnell neue Beziehungen suchen und eingehen. Deshalb kam der Wunsch der Frauen nach einem geschützten Raum für sie, um nicht als „Partnervermittlungsrunde“ zu gelten. Wenn jemand eine neue Beziehung eingeht, dann ist das seine Sache und wir freuen uns mit dem- oder derjenigen. Aber inhaltliches Ziel oder gar ein Forum dafür ist diese Gruppe nicht, denn hier geht es um spezifische Trauerbewältigung und -begleitung.
Frage: Wie kamen sie auf den Gruppennamen „verwitwet-info-hanau“?
Gutheil: Der Gruppenname leitet sich in gewisser Weise von einem andere Angebot ab, das ich kennengelernt habe. Mitunserem Gruppennamen wollen wir die Internetseite www.verwitwet-info.de nutzen und unterstützen, die bereits seit vielen Jahren im Raum Ludwigshafen gute Vernetzungsarbeit leistet, indem dort alle möglichen Angebote bundesweit aufgeführt werden. Uns geht es in unserer Arbeit ja auch darum, Netzwerke zu schaffen. Marion Theobald, die selbst eine betroffene Witwe und Initiatorin der Internetplattform ist, ist Mitglied in unserem Förderverein Trauerarbeit e.V. Wir finden diese Initiative sehr hilfreich und weisen gerne auf dieses Angebot hin. Hier finden betroffene Frauen auch verschiedene Foren. Wir selbst können mit unseren Mitteln und Möglichkeiten diese Angebote, die Marion Theobald aufgebaut hat, nicht selbst darbieten oder leisten. Da wir aber durch unseren engen Kontakt mit ihr wissen, dass auf ihrer Internetpräsenz seriöse Dialoge möglich sind, wollen wir deren Nutzung allen Interessierten bekanntmachen und öffnen.
Interview: Günter Wolf
Info
Treffen an jedem dritten Dienstag im Monat
Sich im Gespräch austauschen oder gemeinsam etwas unternehmen – für verwitwete Frauen gibt es nun dieses speziell auf sie und ihre Bedürfnisse zugeschnitten Angebot im Trauerzentrum in Hanau. Regelmäßig an jedem dritten Dienstag im Monat ist dazu ab 17.30 Uhr Gelegenheit. verwitwet-info-hanau heißt die neue Selbsthilfegruppe für trauernde Frauen. Begleitet wird die Gruppe von Pfarrer Werner Gutheil, Diözesanseelsorger für Trauernde und drei betroffenen Frauen, die selbst die Erfahrung des Verlustes ihres Partners gemacht haben. Die Treffen finden statt im Trauerzentrum in der Rhönstraße 8 in Hanau. Ein Anmeldung und ein Vorgespräch sind erforderlich. Die neue Selbsthilfegruppe, die am 16. Februar startet, arbeite mit der Internetplattform www.verwitwet-info.de zusammen.
Anmeldungen und Informationen:
Zentrum für Trauernde
Rhönstraße 8, 63450 Hanau
Telefon 0 61 81 / 4 28 98-44
Telefax 0 61 61 / 4 28 98-55
E-Mail info@trauern-warum-allein.de
www.trauern-warum-allein.de