Welche Priester brauchen wir? – „Wort des Bischofs“ von Bischof Heinz Josef Algermissen zum Sonntag, 15. Mai 2016
Die Feier der Priesterweihe am Samstag vor Pfingsten stellt sicher auch die Frage, welche Priester die Gemeinden unseres Bistums in dieser kritischen Epoche der Kirche und grundsätzlich brauchen.
Das „Dekret über Dienst und Leben der Priester“ (Presbyterorum Ordinis), am 7. Dezember 1965, also kurz vor dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils verabschiedet, stellt hilfreich fest, dass der Priester nur dann wirklicher Hirte seiner Gemeinde sein kann, wenn er um das Leben der Menschen weiß: „Die Priester des Neuen Testamentes werden zwar aufgrund ihrer Berufung und Weihe innerhalb der Gemeinde des Gottesvolkes in bestimmter Hinsicht abgesondert, aber nicht um von dieser, auch nicht von irgendeinem Menschen, getrennt zu werden, sondern zur gänzlichen Weihe an das Werk, zu dem sie Gott erwählt hat. Sie könnten nicht Christi Diener sein, wenn sie nicht Zeugen und Ausspender eines anderen als des irdischen Lebens wären; sie vermöchten aber auch nicht den Menschen zu dienen, wenn diese und ihre Lebensverhältnisse ihnen fremd blieben. Ihr Dienst verlangt in ganz besonderer Weise, dass sie sich dieser Welt nicht gleichförmig machen; er erfordert aber zugleich, dass sie in dieser Welt mitten unter den Menschen leben, dass sie wie gute Hirten ihre Herde kennen und auch die heimzuholen versuchen, die außerhalb stehen, damit sie Christi Stimme hören und eine Herde und ein Hirt sei“ (Art. 3).
Dann spricht der Text über menschliche Eigenschaften, die der Priester grundsätzlich mitbringen soll. Und die haben etwas zu tun mit der Qualität seiner Persönlichkeit: „Dabei helfen ihnen gerade jene Eigenschaften viel, die zu Recht in der menschlichen Gesellschaft sehr geschätzt sind: Herzensgüte, Aufrichtigkeit, Charakterfestigkeit und Ausdauer, unbestechlicher Gerechtigkeitssinn, gute Umgangsformen und ähnliches, das der Apostel Paulus empfiehlt: ‚Was wahr ist, was ehrwürdig und recht, was lauter, liebenswert und ansprechend, überhaupt was Tugend und Lob verdient, darauf seid bedacht‘ (Phil 4,8).“
Angesichts dieser Bedingungen möchte ich den Priestern unseres Bistums für ihren menschlich erfüllenden, aber auch anspruchsvollen und herausfordernden treuen Dienst aus ganzem Herzen danken und die Gemeinden bitten, deren Arbeit und Hingabe, gerade auch unter dem Eindruck vielfältiger Belastungen, in Wort, Tat und Gebet mitzutragen.
Mich berührt sehr, dass sich viele priesterliche Mitbrüder ganz selbstverständlich, redlich und unspektakulär in dem Bild Jesu als „Guter Hirte“ wiedererkennen, der sein Leben gibt für die ihm anvertrauten Menschen (vgl. Joh 10,15). Eben nicht wie einer, der sich aus dem Staub macht oder innerlich kündigt, wenn es unbequem oder schwierig wird. Das wäre dann, wie Jesus sagt, der „bezahlte Knecht“, der „die Schafe im Stich lässt und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht“ (Joh 10,12).
Liebe Leserinnen und Leser!
Es ist mir wichtig immer wieder zu sagen, dass der Dienst der Priester in der Kirche unentbehrlich ist. Darum bleibt er auch in der Vielfalt der Gaben und Dienste heute für den Aufbau der Kirche und ihrer Gemeinden unersetzlich. Priester können grundsätzlich nur durch Priester ersetzt werden. Andernfalls kann man nicht mehr von katholischer Kirche sprechen. Das müssen wir uns immer wieder neu klarmachen. Und so muss es uns alle mit großer Sorge erfüllen, wenn die Zahl der Priester insgesamt und auch in unserem Bistum spürbar abnimmt. Diese Sorge belastet mich als Bischof schwer, raubt mir häufig die Nachtruhe.
Priester können wir allerdings nicht einfach „machen“; sie werden von Gott berufen. Unser aller Pflicht aber ist es, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dieser Ruf Gottes von jungen Menschen auch gehört und angenommen werden kann. Deshalb wende ich mich am Tag der Priesterweihe mit der eindringlichen Bitte an sie alle: Machen Sie sich die Sorge um mehr und vor allem gute Priester zu eigen, damit in unseren Gemeinden Jesus Christus als Heiland und Erlöser besonders über die Feier der Hl. Eucharistie gegenwärtig bleibt ─ in einer Welt, die einen immer dichteren Vorhang vor den Himmel ziehen will.