Fuldaer Nachrichten

An Wochentagen ist es vormittags eher ruhig in der Tanner Stadtkirche. Doch vor kurzem wuselte ein Dutzend Jungen und Mädchen durch das ehrwürdige Gebäude, staunte über die bunten Fenster, kraxelte neugierig auf die Kanzel und versteckte sich hinter dem Taufbecken.

Die „Sternchengruppe“ des evangelischen Kindergartens Tann besuchte das Gotteshaus anlässlich des Jubiläumsjahrs ihrer Tagesstätte. Bereits seit 160 Jahren gibt es in Tann einen evangelischen Kindergarten. Ursprünglich in der Annastraße beheimatet, zog die Betreuungseinrichtung 1976 in das von der Stadt neugebaute Gebäude am Kalkofen. Dieses 40jährige Jubiläum wird am Sonntag, 22. Mai, gefeiert.

Zu den Aktionen im Jubiläumsjahr gehört auch, dass die Erzieherinnen  gemeinsam mit den Kindern deren Lieblingsorte in der Rhönstadt aufsuchen. Das waren bisher beispielsweise das Schwimmbad, der Habelberg, die Eisdiele, Spielplätze – und die Stadtkirche. „Wir sind ein Teil der Stadt und der Kirchengemeinde und möchten mit dem Projekt unterstreichen, dass Tann durch Kinder lebendig wird“, erläutert Leiterin Silvia Henfling.

Die Kirchenerkundung machte den Knirpsen großen Spaß. Nur die Gesangbücher und die Bibel auf dem Altar wurden wegen fehlender Bilder zunächst als langweilig eingestuft. „Da stehen Lieder und Geschichten drin, die wir auch im Kindergarten singen und hören“, erklärte eine Erzieherin. Denn das evangelische Profil wird im Kindergartenalltag sichtbar: „Wir arbeiten mit der Vielfalt biblischer Geschichten und religiöser Ausdrucksformen wie Staunen, Danken, Beten und Bitten“, sagt Silvia Henfling. Dabei seien die religiösen Themen konfessionsunabhängig, gehen doch auch katholische und Kinder ohne Konfession in die Einrichtung in Trägerschaft der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde. „Wir bieten eine christliche Orientierungshilfe an, die zu vertrauensbildenden Grunderfahrungen beiträgt“, so Henfling.

Bis zu 75 Kinder zwischen drei und sechs Jahren können in zwei Regel- und einer Integrativgruppe untergebracht werden. Die tägliche Öffnungszeit von 7 bis 16.30 Uhr ermöglicht Eltern eine flexible Betreuung ihres Nachwuchses. Mit der „Sonnenstrahlengruppe“ gibt es außerdem in Wendershausen eine Außengruppe mit zwei Erzieherinnen für bis zu 25 Kinder. Benannt sind die Gruppen nach Himmelserscheinungen, um zu symbolisieren, „dass wir uns unter Gottes Himmelszelt geborgen und geschützt fühlen“ (aus der Konzeption der Einrichtung).

Im Leitbild sind auch die Ziele formuliert: „Verantwortungsbewusstsein und eine Werteorientierung sollen sich ausbilden, indem die Kinder diese in der Gemeinschaft erleben“, beschreibt Sivia Henfling. Weitere Eigenschaften, die im Kindergartenalltag vermittelt werden sollen, sind Stärke, Entdeckungsfreude, Kommunikationsfreude, Medienkompetenz und Kreativität.

Außerdem arbeitet das sechsköpfige Erzieherinnenteam an der Umsetzung der UN-Konvention, die für Kinder das Recht auf Partizipation, also Mitbestimmung, einfordert. „Schritt für Schritt wird der Erfahrungs- und Entscheidungsraum erweitert. Die Kleinen werden darin unterstützt und angeregt, selbst wahrzunehmen, was ihnen gut tut“, führt Henfling aus. Die Erzieherinnen zeigen sich offen für Ideen ihrer Schützlinge und versuchen, deren Mitbestimmung strukturell im Alltag zu verankern.

Doch schon lange bevor „Partizipation“ zum Schlagwort wurde, stand die Förderung der Selbstständigkeit der Jungen und Mädchen im Fokus, beispielsweise beim wöchentlichen „Müslitag“. Das Obst dafür schneiden die Drei- bis Sechsjährigen alleine. Es ist nicht nur die gesunde Nahrung, die sie stärkt, sondern genauso das Zutrauen, mit Messern umgehen zu können.

Info
Das Kindergartenteam lädt am Sonntag, 22. Mai, um zehn Uhr zu einem Festgottesdienst in der Stadtkirche und anschließend zu einem bunten Programm in den Kindergarten am Kalkofen ein. Dort gibt es neben Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen Vorführungen der Kinder und Mitmach-Aktionen. Auch Einblicke in die pädagogische Arbeit werden angeboten.