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Horizonterweiternde Eindrücke und Ergebnisse eines China-Besuchs

Gut zwei Monate ist der Besuch einer Fuldaer Delegation in der chinesischen Stadt Liyang her. Zu den konkreten Ergebnissen des transkontinentalen Austauschs gehörte die Unterzeichnung einer Absichtserklärung zur Begründung einer Partnerschaft zwischen der Hünfelder Wigbertschule und der Liyang Senior High School of Jiangsu Province. Im Interview berichtet Oberstudiendirektor Markus Bente über seine Eindrücke vom chinesischen Schul- und Bildungssystem sowie über die geplante Schulpartnerschaft.

Welche Schulen haben Sie in China besucht? 
Bente: Wir haben zwei Schulen gesehen. Eine berufliche Schule und die Liyang Senior High School of Jiangsu Province, die von 3600 Schülerinnen und Schülern aus der gesamten Provinz Jiangsu besucht wird.

Das sind andere Dimensionen als bei uns. Wie kann man sich die Gegebenheiten vor Ort vorstellen? 
Bente: Das Schulgelände ist wirklich beeindruckend. Der Campus ist einfach nur groß. Es gibt ein großes Sportgelände und neben der Schule einen Bereich mit Appartements für die Schülerinnen und Schüler. In der Schule werden Schuluniformen getragen, und die Klassengrößen liegen zwischen 40 und 50 Schülerinnen und Schülern. Der technische Stand der Schule ist mit dem unsrigen vergleichbar.

Warum gibt es Appartements? 
Bente: Zunächst einmal kommen die Schülerinnen und Schüler aus der gesamten Provinz. Dann startet der Unterricht teilweise schon morgens um 7 Uhr und endet erst um 18 Uhr. Zudem findet Unterricht auch am Wochenende statt – Zusatzkurse oder eine Art Nachhilfeunterricht für diejenigen, die dies wünschen. Deshalb braucht man für einige Schler Übernachtungsmöglichkeiten. Die Schule selbst versteht sich als Elite-Schule. Man rühmt sich, sehr viele Wissenschaftler hervorgebracht zu haben, die an ausländischen oder chinesischen Universitäten lehren. Die Motivation der Lernenden ist sehr hoch.

Welche Unterschiede zum deutschen Schulsystem haben Sie sonst noch ausgemacht? 
Bente: Es gibt in China ein nationales und ein internationales Abitur. Nur mit letzterem kann man eine ausländische Universität besuchen. Und man hat nur einen Versuch, um sein Abitur zu bestehen. Insofern ist die seh hohe Motivation nachvollziehbar.

Was versprechen Sie sich von einer Partnerschaft mit der High School?
Bente: Ich finde es wichtig, Welt zu öffnen und unseren Schülerinnen und Schülern Welt zu zeigen – im Rahmen der Möglichkeiten, die eine Schule hat. Dazu benötigt man Partnerschaften. Welt öffnen heißt für mich, Verständnis für etwas zu haben, in Kenntnis von etwas urteilen zu können und nicht mit Vorurteilen zu kämpfen. Neben dem normalen Schüleraustausch könnten im Rahmen der Partnerschaft auch längere Auslandsaufenthalte nach dem Abitur möglich gemacht werden. Auch gegenseitige Konsultationen sind denkbar. Theoretisch kann eine Lehrerdelegation nach China reisen, sich das Schulsystem anschauen und in Gespräche eintreten. Umgekehrt natürlich ganz genauso.

Wie weit ist das Partnerschaftsvorhaben inzwischen vorangeschritten?
Bente: Die mögliche Partnerschaft wurde im Mai in der Schulkonferenz und in der Gesamtkonferenz thematisiert. Es gab eine sehr offene Diskussion darüber, mit vielen kritischen Stimmen und letztendlich einer erkennbaren Mehrheit in beiden Entscheidungsgremien, die dafür gestimmt haben.

Welche Argumente konnten überzeugen?
Bente: Eine Partnerschaft einzugehen, bedeutet nicht, gleichzeitig alles gut zu heißen, was in einem Land passiert. Bei einer Partnerschaft geht es vielmehr um die Begegnung von Menschen. Schülerinnen und Schüler, die dort hingehen, werden die Menschen und die Gesellschaft kennen lernen und können daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen. China verändert sich und öffnet sich, und ich möchte, dass unsere Schülerinnen und Schüler auch ein Teil dieser Öffnung sind. Sie sollen aber auch die Unterschiede wahrnehmen und bewerten.

Wann soll eine Partnerschaftsvereinbarung unterzeichnet werden?
Bente: Dafür gibt es noch keinen genauen Termin. Wir gehen es Schritt für Schritt an. Angedacht ist, dass die ersten chinesischen Schülerinnen und Schüler im Mai nächsten Jahres zu uns kommen. 

Und wann würde dann ein Gegenbesuch stattfinden?
Bente: Das steht noch nicht fest, und dieser Besuch muss auch sehr rechtzeitig geplant werden, damit wir einen Ansparplan durchführen können. Der Besuch muss für Schülerinnen und Schüler sowie die begleitenden Lehrerinnen und Lehrer finanziell realisierbar sein. Ich hoffe diesbezüglich auf Menschen, die das Vorhaben unterstützen, und auch ein wenig auf Sponsoren. Es geht ja nicht um große Summen. Auch mit kleinen Summen kann man ein Säckel nach und nach füllen.

Auf jeden Fall besteht an der Wigbertschule schon jetzt die Möglichkeit, Chinesisch zu lernen.
Bente: Das ist richtig. In den vergangenen zwei Jahren haben bereits Chinesisch-Kurse bei uns stattgefunden. Wir wollen Chinesisch auch als ordentliches Unterrichtsfach, sprich als neu beginnende dritte Fremdsprache in der Oberstufe, implementieren. Die endgültige Genehmigung für die Einrichtung des Fachs seitens des Ministeriums steht noch aus. Chinesisch als Fremdsprache wäre im Übrigen nicht nur ein zielführender Baustein für unsere geplante Partnerschaft, sondern auch ein Aspekt der Hochbegabtenförderung, da unsere Schule einen Antrag auf Zuerkennung als Gütesiegelschule Hochbegabung gestellt hat.

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