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Pfarrer Werner Gutheil schuf bei seinem Elternhaus einen „Garten der Erinnerung“

Eine Telefonzelle mitten im Garten. Doch darin ist kein Telefon, sondern eine Weihnachtskrippe, neben anderen, auf den ersten Blick vollkommen zueinander bezugslosen Stücken. Und das nicht zur Weihnachtszeit, sondern ganzjährig. „Alles in diesem Garten sind Erinnerungsstücke an das Leben von gestorbenen Menschen“, so Pfarrer Werner Gutheil, der Architekt des „Gartens der Erinnerung“ ist.

Der „Garten der Erinnerung“ befindet sich im Grün rund um das Elternhaus des Geistlichen im Neuhofer Ortsteil Rommerz. Gutheil ist Diözesanseelsorger für Trauernde. Sein Dienstsitz ist in Hanau in der Rhönstraße 8. „Eigentlich“, so erzählt er, „sollte dieser ‚Garten der Erinnerung‛ bei uns am Trauerzentrum in Hanau angelegt werden. Doch leider gab es Nutzungskonflikte mit den Mitbewohnern des Hauses, weswegen dieses Vorhaben dort nicht verwirklicht werden konnte. Doch ichwollte von dieser Idee nicht ablassen und habe ihn dann hier im Garten meines Elternhauses angelegt.“

Gehhilfen stehen für Menschen mit Behinderung
Für den Geistlichen ist der „Garten der Erinnerung“ ein guter Ort nicht nur für Erinnerung – er spricht auch von einer Form der Erinnerungskultur –, sondern auch für die Bewältigung von Verlust. „Alles, was man hier sehen kann, hat einmal Menschen gehört, die inzwischen gestorben sind. Jedes Teil steht in einer besonderen Beziehung zu deren Person, ihrem Leben oder dem, was sie gemacht haben“, erläutert Gutheil. Zum Beispiel sind das eine große Zahl von Gehhilfen, Krücken, Stöcke: sie stehen symbolisch für die Frauen und Männer, die im Alter oder aufgrund einer Behinderung diese benutzt haben und so ihr Erscheinungsbild geprägt haben. Oder aber die Leisten eines Schuhmachers, die sein Lebenswerk als Handwerker repräsentieren.

Doch es gibt auch noch andere, teilweise auch etwas skurril anmutende „Exponate“ im „Garten der Erinnerung“. Da scheint schwerelos ein altes Fahrrad an drei weißen Luftballons zu schweben. Oder bunte Strandhäuschen stehen schon aneinandergereiht. Auf der Rückseite sind alte Friedhofskreuze aus Holz angebracht. In einer offenen Laube sind alte Lampen, wie man sie aus Wohnzimmern oder Küchen kennt, angebracht. Der Weg zur Souterrainwohnung des Elternhauses ist eingefasst mit Grabsteinen. „Sichtbar sind aber nur die Rückseiten. Wir haben aus Gründen der Pietät die Schriftseiten nach hinten gewendet“, erläutert Gutheil.

Ausstellungsstücke der Vergänglichkeit unterworfen
Vieles, sogar die meisten Ausstellungsstücke sind der Witterung schutzlos ausgeliefert. Auch die Teppiche, die auf dem Weg von der Garage in den Gartenausgelegt sind. „Das ist Absicht“, sagt Pfarrer Gutheil. „Der ‚Garten der Erinnerung‛ ist ja kein Museum, wo wir die Erinnerungsstücke wie Artefakte konservieren wollen. Sie sind, wie das Leben eines Menschen auch, dem Wandel unterworfen und damit auch der Vergänglichkeit. So gehen alle Stücke hier im ‚Garten der Erinnerung‛ letztlich den Weg alles irdischen und werden eines Tages auch vergehen“, so der Geistliche.

Wie aber kam die Telefonzelle in den „Garten der Erinnerung“ und welche Bewandtnis hat dies? Soll sie ein Erinnerungsstück für einen Telekommunikationsmitarbeiter sein? „Nein, beileibe nicht“, so Gutheil lachend. „Sie ist ein Geschenk, dass ich zu meinem 50. Geburtstag von Freunden bekommen habe. Jetzt steht sie hier im ‚Garten der Erinnerung‛ und beherbergt unter anderem die Weihnachtskrippe. Dieses Bild löst sicherlich bei den Betrachtern viele unterschiedliche Assoziationen aus. Aber genau das sollen ja auch die Stücke hier im ‚Garten der Erinnerung‛: Sie sollen nicht nur Erinnerungsstücke an ein Leben sein, sondern auch den Betrachter zum Nachdenken und sich Besinnen anregen.“

Ein vielschichtiger Ort, der nicht nur viel zeigt, sondern auch dem Betrachter viele Geschichten über Menschen und deren Leben zu erzählen vermag. Und einen jeden auch selbst daran erinnert, dass jeder Mensch den Weg alles Irdischen geht.

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