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Der Natur mehr Raum geben

Der Grüne Europaabgeordnete Martin Häusling folgte einer Einladung des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen Fulda zu einer Podiumsdiskussion mit dem Thema Artenschwund in der Agrarlandschaft. Häusling, der nicht nur landwirtschaftlicher Sprecher der grünen Europafraktion, sondern auch selbst Landwirt ist, diskutierte zusammen mit Janet Emig (landwirtschaftliche Beraterin des Biosphärenreservates), Thomas Löw (Imkerverein Fulda), Mathias Bug (Vorsitzender des Kreisbauernverbands Fulda) und Walter Rammler (Grüner Direktkandidat), unter der Moderation des Bioland-Landwirtes Helmut Schönberger über die Ursachen des alarmierenden europaweiten Artensterbens.

Schuld seien nicht nur die riesigen Monokulturen in weiten Teilen Europas, die keine Nahrungsgrundlage mehr für Insekten bieten, sondern auch der immense Einsatz von Insektengiften. Verboten werden müssten vor allem Neonikotinoide, Insektenschutzmittel, die 8.000 x giftiger als das Nervengift DDT seien. Das umstrittene Umkrautvernichtungsmittel Glyphosat sei inzwischen auf 40 % aller Ackerflächen das gängige Mittel, um „pfluglos“ den Acker bearbeiten zu können.
Einig waren sich alle Podiumsteilnehmer, dass die Fördergelder für die Landwirtschaft mit Umweltleistungen verbunden werden müssten. „Es geht nicht an“, so Martin Häusling, „dass automatisch jeder Landwirt unabhängig von der Betriebsgröße 300 € pro ha an Fördergeldern bekommt.“ Was in kleinstrukturierten Landschaften wie der Rhön zur Erhaltung der Landwirtschaft sehr wichtig sei, habe z.B. in Rumänien und Bulgarien zu Spekulationen mit Agrarflächen in ungeahntem Ausmaß geführt. „Investoren aus Deutschland, Europa oder China kaufen tausende von ha Land auf und kassieren diese EU-Fördergelder, ohne sich um die Standards zu kümmern“, kritisiert der Grüne EU-Abgeordnete. Das gleiche einem bedingungslosen Grundeinkommen für Landwirte.

Janet Emig möchte die Vergabe der Gelder nicht nur an die Betriebsgröße, sondern auch an eine landwirtschaftliche Beratung koppeln. In der Rhön würde die Landwirtschaft durch die Höhenlage vor große Herausforderungen gestellt; zudem erschwere der schwankende und meist zu geringe Milchpreis auskömmliche Einnahmen für die Landwirte. „Hier müssen die Verbraucher Verantwortung übernehmen und weniger auf den Preis, sondern mehr auf die Herkunft der Milch achten.“ Wichtig sei auch Umweltbildung in Kindergärten und Schulen.

Das bestätigte der Imker Thomas Löw, der eine Schauimkerei unterhält und mit Gersfelder Schulen bezüglich Imkerei kooperiert. Er beklagte nicht nur, dass es in der Landwirtschaft immer weniger blühende Pflanzen als Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten gebe, sondern auch, dass es immer weniger Obst-Hochstämme gebe und in den Siedlungen die Gärten verschwänden und Steinwüsten Platz machen müssten. „Wenn Gift versprüht wird, nehmen Bienen vergiftetes Futter mit in den Stock, wo sie es an die Larven und Königinnen verfüttern und somit das Volk geschwächt wird. Manche Insektengifte stören den Orientierungssinn der Bienen, so dass sie gar nicht erst nach Hausen finden“, erklärte Löw.
Matthias Bug nimmt als Landwirt im Haupterwerb am Blühstreifen-Projekt des Kreisbauernverbandes teil: die Landwirte verzichten auf einen Teil der Feldbewirtschaftung und bepflanzen an den Äckern ca. 2 m breite Streifen mit Blühpflanzen als Biene- und Hummelfutter. Sein Betrieb verzichtet inzwischen auf den Import des Futtermittels Soja und baut stattdessen Rapsschrot als Eiweißfutter an. „Wir stehen als konventionelle Landwirte unter immensem ökonomischem Existenzdruck, und letztendlich entscheiden die Verbraucher durch ihr Kaufverhalten, was wir verdienen,“ so Bug.

Walter Rammler bedauerte den Strukturwandel in der Landwirtschaft sowie die Agrarpolitik der EU: „Ich fordere eine schnelle Wende in der Landwirtschaft, weiß aber auch wie schwer das ist,“ fordert er.

„Die Biene ist – nach Schwein und Rind – das drittwichtigste Nutztier in unserer Landwirtschaft“, betonte Moderator Schönberger. Das zeige, wie wichtig der Schutz dieser Tiere und damit ein Umdenken in der Landwirtschaft sei, um weiteres Artensterben nicht nur von Insekten wie Wildbienen oder Vögeln wie Rebhuhn und Lerche zu verhindern. Die Tiere verschwänden stumm. Erst, wenn sie fehlten, würden uns die Schäden bewusst, die wir damit angerichtet hätten.

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