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Wie ein Paar Schuhe einen Mörder überführte – Der Propstmord zu Blankenau

Im äußersten Westen des Landkreises, nahe Hosenfeld, liegt ein kleines Dorf, das 1699 durch eine schändliche Bluttat weit über seine Grenzen hinaus Berühmtheit erlangte. Noch heute erzählt man sich in Blankenau die Geschichte eines Mörders, der aus Habgier einen Propst ins Jenseits beförderte und dafür grausam büßen musste.

Was mag das für ein Aufruhr in Blankenau gewesen sein, als am Morgen des 19. Januar 1699 Propst Ämilian von Riedheim blutüberströmt in seinem Bett gefunden wurde. Erdolcht durch mehrere Stiche, die Tatwaffe am Ort zurückgelassen. Der heimtückische Mord an dem Geistlichen muss die kleine Gemeinde tief erschüttert haben, hatte dieser Menschenfreund doch Zeit seines Lebens nicht nur Almosen an Notleidende gespendet, sondern auch zahlreichen mittellosen Männern das Erlernen eines Handwerks ermöglicht. Wer konnte ihm etwas Böses wollen?

Der entscheidende Hinweis kam von jemandem, von dem man es wohl am wenigsten erwartet hätte: einem Kind. Bei der Begehung des Tatortes mit seiner Mutter soll ein vierjähriges Mädchen die Schuhe ihres Onkels erkannt und ausgerufen haben „Mutter, seht einmal! Da stehen ja die Schuhe des Petters Kaspar!“. Damit war der Täter überführt.

Petter Kaspar Kissel war ausgerechnet einer jener jungen Burschen, die durch die Gunst des Propstes in den Genuss einer Schmiedelehre gekommen waren. Doch offenbar hatte dieser anderes im Sinn gehabt, als durch ehrliche Arbeit Geld zu verdienen. Nachdem die Ermittler in seinem Haus die Schuhe von Riedheims gefunden hatten, gestand er den Komplott.

Gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich, der Soldat in Fulda war und seinem Bekannten Hermann Baier hatte er in einer dunklen Stunde den Plan gefasst, in die Propstei einzubrechen, um die dort vermuteten Reichtümer des Geistlichen zu stehlen. Ob sie dabei von ihm überrascht wurden oder von vornherein geplant hatten, ihn umzubringen, lässt sich nicht sagen.

Der Bruder war am verabredeten Tag jedoch verhindert, so waren Kissel und Baier in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 1699 schließlich ohne den Dritten im Bunde in die Propstei eingebrochen. Um keinen Lärm zu machen, ließen sie ihre Holzschuhe vor der Tür zurück. Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellte.

Der Ausgang des Einbruchs ist bekannt. Nach dem Mord an von Riedheim flüchteten die Täter ohne Beute aus der Propstei. Dabei hatte Kissel offenbar seine Schuhe mit denen des Propstes verwechselt.

Mit den Mördern eines Geistlichen und noch dazu eines bekannten Wohltäters ging die Gerichtsbarkeit jener Zeit alles andere als zimperlich um. Während der bei der Tat gar nicht anwesende Bruder Heinrich allein für seine Mitwisserschaft in Fulda enthauptet wurde, ist bei Kaspar und Baier von „pfetzen mit glühenden Zangen“, rädern, aufspießen und vierteilen die Rede – nacheinander, versteht sich.

Bis zu 5.000 Menschen sollen der grausamen Exekution in Blankenau beigewohnt haben, das damals kaum mehr als 250 Einwohner gezählt haben dürfte. Wohl nur noch ein weiteres Mal in der Geschichte des Dorfes, waren ähnlich viele Besucher von außerhalb angereist – bei der 750-Jahr-Feier vor zwei Jahren.

Die Geschichte des Propstmordes ist noch heute in Blankenau lebendig. In der Pfarrkirche St. Simon und Judas bildet neben dem Hochaltar ein steinernes Denkmal zu Ehren von Riedheims die Mordszene bildlich ab. Das ehemalige Wohnhaus Kissels verweist mit einer Inschrift auf die Herkunft des Mörders und im Heimatmuseum auf dem Propsteigelände kann die angebliche Mordwaffe, ein etwa 30 Zentimeter langer Dolch, besichtigt werden.

Auch in den Sagen und Geschichten der Gegend leben die Protagonisten fort. So erzählt man sich, dass die Verschwörer des Nachts aus ihren Gräbern steigen und als Geistgestalten umherwandern. Der Propst soll bisweilen in einer Gespensterkutsche unterwegs sein und nach seinen Mördern suchen…

Zitat:
„Was spucket dort zu Blankenau, im alten Klosterhause? Es wandeln bei der Nächte Grau, Mit tosendem Gebrause, Drei Geistgestalten wild umher, Und sühnen ihr Verbrechen schwer“ (aus dem Gedicht „Das Kloster in Blankenau“ von E. J. Koch, 1835)

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