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Thorsten Schäfer-Gümbel: Airbus war letztes erfolgreiches europäisches Industrieprojekt – das muss sich ändern

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel, forderte mehr Anstrengungen zur Stärkung der Europäischen Union als Projekt für Sicherheit, Gerechtigkeit und Wohlstand. In der Plenardebatte über die Regierungserklärung zur Europapolitik kritisierte Schäfer-Gümbel, dass die hessische Landesregierung erkennbar keine Strategie habe, um angemessen auf die aktuellen Problemlagen in der Europäischen Union zu reagieren.

„Wir müssen weg von den Allgemeinplätzen und hin zu konkreten Entscheidungen, die Europa wieder zu einem Garanten für wirtschaftlichen und sozialen Erfolg für alle hier lebenden Menschen macht“, sagte Schäfer-Gümbel. Er konstatierte, dass die große Erzählung von einem geeinten Europa, das den Menschen Sicherheit und Wohlstand verspreche, an Strahlkraft verloren habe. Insbesondere die harten Sparmaßnahmen in den Staatshaushalten seit der Finanzmarktkrise von 2008/2009 hätten Zweifel an der Europäischen Union als Wohlstandsprojekt genährt.

Schäfer-Gümbel sagte: „Es gibt in der EU ein gemeinsames Ziel für die Inflationsrate, aber es gibt keine gemeinsamen Ziele für Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung, es gibt keine gemeinsamen Ziele zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und es gibt keine gemeinsamen Ziele für gesellschaftliche Gerechtigkeit. Es gibt lediglich ein abstraktes Wohlstandsversprechen, das in den letzten Jahren nicht mehr mit Leben gefüllt, das nicht nur in Südeuropa nicht mehr eingelöst wurde. Das verstört und legt die Grundlagen für die populistisch-nationalistischen Aufwallungen, die wir gerade in den Staaten Europas erleben.“

Mit Blick auf die angespannte internationale Lage forderte der SPD-Fraktionsvorsitzende die Bundesregierung auf, sich verstärkt dafür einzusetzen, dass Europa wieder ein starker und entschiedener Akteur in der Welt werde. „Wir brauchen Einigkeit in der Außenpolitik, in der Sicherheitspolitik, in der Wirtschafts- und der Währungspolitik – und zwar in der konkreten Umsetzung, jenseits der Abschlusserklärungen von Gipfeltreffen. Wir brauchen eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks zwischen Frankreich, Polen und Deutschland“, so Schäfer-Gümbel. Auch im Bereich der digitalen Ökonomie müsse Europa zusammenfinden, um nicht von aggressiven Wettbewerbern abgehängt zu werden. „Airbus war eines der letzten erfolgreichen gemeinsamen industriepolitischen Projekte. Wir brauchen vergleichbare Projekte in der Digitalisierung.“

Vieles allerdings bleibe hinter den Notwendigkeiten zurück, weil insbesondere die CDU in wichtigen Fragen unentschieden sei. „Es macht mir große Sorge, dass wir unseren europäischen Nachbarn wesentliche Antworten schuldig bleiben, weil es innerhalb der CDU keinen Konsens darüber gibt, wie viel Solidarität mit dem Rest Europas in Deutschland gelebt werden soll“, sagte Schäfer-Gümbel.

Vor diesem Hintergrund habe Europaministerin Lucia Puttrich mit ihrer Regierungserklärung erneut eine Chance verpasst. „Ich hätte gerne gehört, welche Position die Landesregierung zu den derzeitigen Problemlagen in Europa hat. Es hätte mich interessiert, was die Strategie Hessens zum Brexit bei Wohnungsbau, Bildungsangeboten und Mobilität ist. Ich hätte gerne gewusst, welche Strategie die Landesregierung zur gemeinsamen Landwirtschaftspolitik hat. Mich hätte interessiert, welche Strategie die Landesregierung hatte, die dazu führt, dass viele Bundesländer bei europäischen Forschungsmitteln viel erfolgreicher sind. Ich wüsste gerne, wie die hessische Landesregierung das Wirtschaftszentrum Frankfurt auf noch mehr Internationalität vorbereiten und wie sie dann die dafür notwendigen Investitionen in Wohnungen, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Schienen und Straßen angehen möchte. Doch davon war leider nicht die Rede. Weniger Wining & Dining in der Landesvertretung, mehr konkrete Politik wäre schön ein Fortschritt“, so Schäfer-Gümbel.

 

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