Logo

Wald- und Siedlungsflächen sind in den letzten 13 Jahren leicht angestiegen

Rhön. Der Naturraum des Biosphärenreservates Rhön hat sich im Vergleich zu 1993 verändert. Das ist die Grundaussage der 2006 erneut durchgeführten Überfliegung des gesamten Gebietes. Die Auswertung der Luftbilder hat jetzt ergeben, dass es eine Zunahme der Wälder, der Siedlungsstrukturen und eine Abnahme der landwirtschaftlichen Nutzfläche gibt. Im Rahmen von Forschungsarbeiten sollen nun anhand der vorliegenden Bilder Detailaussagen zu einzelnen Nutzungstypen erstellt werden.

Vergleich mit 1993 nun möglich

Bei der so genannten Fernerkundung, wie das Überfliegen genannt wird, ging es um die Erfassung des gegenwärtigen Ist-Zustandes der Landnutzung. „Die Rhön wurde seit ihrer Anerkennung als Biosphärenreservat nun zum zweiten Mal komplett über alle drei Landesgrenzen nach einer einheitlichen Methodik beflogen und fotografiert, wie sie in den einzelnen Bundesländern nicht standardmäßig angewendet wird. In den drei Bundesländern gibt es noch dazu einen unterschiedlichen Turnus, wann landesweit überflogen wird, so dass für die gesamte Rhön niemals vergleichbares Luftbildmaterial aus dem gleichen Jahr vorliegt. Durch die erneute länderübergreifende Befliegung können wir aber jetzt, genau wie 1993, einen gemeinsamen Ist-Zustand zu einem gemeinsamen Zeitpunkt auswerten und dies mit den Ergebnissen von 1993 vergleichen“, sagt die stellvertretende Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, Dr. Doris Pokorny. Die erneute Überfliegung des Biosphärenreservates Rhön wurde von Oberelsbach aus koordiniert.

Mit den Color-Infrarotbildern (CIR) verfügt das Biosphärenreservat Rhön nun erstmals über eine Datengrundlage, um auswerten zu können, ob, in welche Richtung und mit welcher Dynamik sich etwas verändert hat. Dabei geht es in erster Linie um die Nutzungsänderung auf den einzelnen Flächen und um Veränderungen der Vegetation. „Entspricht der Trend den Zielen, die sich die Akteure der Rhön im Rahmenkonzept für das Biosphärenreservat Rhön gegeben haben? Das Ziel des UNESCO-Biosphärenreservats ist es, den Charakter der Kulturlandschaft zu erhalten. Viele Anstrengungen im Bereich der Regionalvermarktung wurden in den letzten 15 Jahren unternommen. Deshalb muss man fragen, ist das letztlich gelungen oder nicht“, meint Dr. Doris Pokorny. Die flächendeckende Überfliegung und der Vergleich der Aufnahmen mit früheren Bildern sei die einzige Datenbasis, die das beantworten kann. „Gemeindestatistiken bilden die Landnutzung nur grob und nur in Form von Tabellen ab, nicht räumlich. Man weiß also nicht, wo sich etwas verändert hat. Auch hat keine Fachverwaltung eine flächendeckende Datenbasis. Die Landwirtschaftsverwaltung kann sich zuständigkeitshalber nur um das Offenland kümmern und muss den Wald und den Siedlungsbereich ausblenden; die Forstverwaltung kümmert sich auftragsgemäß nur um die Wälder, und der Naturschutz richtet seine Aufmerksamkeit auf geschützte Biotope und Schutzgebiete. Wir besitzen jetzt eine flächendeckende Datenbasis, die als Grundlage für Planungen den Fachverwaltungen zur Verfügung steht“, erklärt Pokorny. Außerdem können alle, die sich mit Forschungsprojekten zur Landnutzung befassen, auf die Daten zugreifen. Dasselbe gilt für die drei Verwaltungsstellen, die die Datengrundlage für ihre Arbeit nutzen. Mit der erneuten Überfliegung des gesamten Territoriums des Biosphärenreservates Rhön, hebt die stellvertretende Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle hervor, sei außerdem ein bisher einmaliges Landschaftsmonitoring gelungen. In zehn bis 15 Jahren, kündigt sie an, soll die Aktion wiederholt werden.

Trend der Ortskernflucht vermeinden

Der Gegenstand des Auftrages war zunächst eine Bilanzierung der Hauptnutzungstypen wie Wald, Grünland, Ackerfläche oder Siedlung. Insgesamt wurden jedoch mehr als 800 verschiedene Nutzungstypen erfasst. „Es war nicht zu erwarten, dass sich in den letzten 13 Jahren die Landnutzung gewaltig verändert hat“, meint Dr. Doris Pokorny. Dennoch sind gerade schleichende Veränderungen wesentlich, so der Trend hin zu einer leichten Zunahme der Wälder und einer Zunahme der Siedlungsflächen. „Das scheint auf den ersten Blick nicht dramatisch. Aber gerade das Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Rhön mit rund 460 ha liegt über dem jeweils landesweiten Durchschnitt. Die Ortskerne drohen sich in vielen Dörfern zu entleeren; gleichzeitig steigt aber trotz stagnierender oder sogar zurückgehender Bevölkerungszahlen die Nachfrage nach Bauland im Außenbereich. Wir werden jetzt versuchen, jemanden zu finden, der sich dieser Thematik im Rahmen einer Forschungsarbeit annimmt und eine Analyse erstellt.“ Generell, betont Dr. Doris Pokorny, seien in dieser Angelegenheit jedoch die Kommunen selbst gefragt, entsprechende Konzepte zu erstellen, um ein Ausbluten des Ortskerns bei gleichzeitig steigendem Flächenverbrauch zu verhindern. Gedacht ist zunächst an ein Pilotprojekt, das in Kooperation mit einer Gemeinde durchgeführt wird.
Insgesamt haben sich 30 Prozent der Fläche zwischen 1993 und 2006 in irgendeiner Weise verändert, geht aus den Daten hervor. Das betrifft im Bereich des Waldes in erster Linie Änderungen durch forstliche Bewirtschaftung oder Windwürfe durch Stürme. Bei der Landwirtschaft ist ein Trend dahingehend zu erkennen, dass immer mehr Ackerland in Grünland umgewandelt wird. Detailliert ausgewertet werden soll der Verbuschungsgrad der Grünlandflächen, betont Dr. Doris Pokorny. „Zu diesem Thema wollen wir ebenfalls eine Forschungsarbeit vergeben. Ziel ist es, daraus zu erkennen, auf welchen Flächen die Verbuschung zugenommen hat und ob sie gut oder schlecht für diese einzelnen Gebiete ist.“

Erweiterung des Biosphärenreservats

Bei der Überfliegung im August 2006 wurde auch das potentielle Erweiterungsgebiet für das Biosphärenreservat in Bayern und Hessen „abgelichtet“. Die Verwaltungsstellen teilen sich anhand der jeweils vorhandenen Fläche die Kosten. Eine Firma aus Baden-Württemberg hatte die Befliegung übernommen; ein Büro in Potsdam wurde im Rahmen einer EU-weiten Ausschreibung beauftragt und beschäftigte sich mit der Auswertung der Daten. Dasselbe Büro hatte auch bereits die Daten aus dem Jahr 1993 bewertet, so dass eine fachliche Kontinuität gegeben war. Neben Dr. Doris Pokorny war die Thüringer Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön an der Koordinierung der Arbeiten beteiligt. Dort befindet sich nämlich die Zentrale des Geografischen Informationssystems für das Biosphärenreservat Rhön.

Categories:

Alle Nachrichten, Umwelt & Tourismus