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Dialog mit allen Naturnutzern forcieren, um Ziele des Vogelschutzes zu erklären

Mediendienst für das Biosphärenreservat Rhön / Carsten KallenbachRhön. Zum zweiten Mal trafen sich jetzt haupt- und ehrenamtliche Ornithologen aus Bayern, Hessen und Thüringen, um Erfahrungen beim Vogelschutz auszutauschen und über einzelne Vogelarten zu referieren. Das Treffen war wie vor zwei Jahren auf Initiative von Jürgen Holzhausen, Mitarbeiter der Thüringer Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, zustande gekommen.

Überwältigende Resonaz

Die Resonanz auf das erste Treffen im Jahr 2007 sei überwältigend gewesen, sagte der Leiter der Thüringer Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, Karl-Friedrich Abe, als er die Teilnehmer im Schullandheim Schafhausen begrüßte. Im Mai dieses Jahres habe die UN-Naturschutzkonferenz in Bonn stattgefunden, bei der viel darüber geredet worden sei, wie man den zunehmenden Artenverlust eindämmen kann. „Auch das Biosphärenreservat Rhön hat sich bei dieser wichtigen Tagung präsentiert. Mit dem 2. Ornithologentreffen schließen wir das Jahr der Biodiversität symbolisch ab“, erklärte Abe.

Weltweit gibt es zurzeit 9 821 Vogelarten, deren Rückgang sich jedoch beschleunigt, schätzte Martin Hormann von der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Frankfurt ein. Der millionenfache Vogelmord während der Zugzeit habe einst den Vogelschutz mobilisiert, erinnerte er. „Wir Menschen haben eine sehr emotionale Bindung zu Vögeln.“ Gleichzeitig werde „unglaublich“ in die Natur eingegriffen – beispielsweise mit der Rodung ganzer Lebensräume im Urwald oder durch die Verseuchung kilometerlanger Strandabschnitte aufgrund von Tankerunglücken.

Dialog forcieren

„Wir müssen allen Naturnutzern verständlich machen, was die Ziele des Vogelschutzes sind. Deshalb müssen wir den Dialog forcieren und den Nutzern sagen, dass Vogelschutz auch eine Angelegenheit für den Menschen ist. Vögel sind biologische Indikatoren, die uns die Umweltveränderungen aufzeigen“, meinte Hormann. Gleichzeitig brauche der Vogelschutz, genau wie der Naturschutz in seiner Gesamtheit, Geld. Das sei jedoch oft nur dann zu bekommen, wenn für wirtschaftliche Eingriffe Ausgleichsmaßnahmen realisiert werden müssen.

Dank des großen Engagements gebe es bislang durchaus Erfolge beim Vogelschutz: „Einige Arten, für die wir uns intensiv eingesetzt haben, konnten wir sogar wieder aus der Roten Liste entlassen“, schätzte Hormann ein. Hingegen gehe es den Arten des Offenlandes insgesamt sehr schlecht, wenn sich auch einige wie der Schwarzstorch, der Steinadler oder der Steinkauz zumindest regional gesehen wieder stabilisieren konnten. Stark abgenommen haben hingegen die typischen Arten des Offenlandes wie Rebhuhn und Braunkehlchen. Dramatisch sehe es ebenfalls beim Kiebitz in Hessen aus – es gebe inzwischen keine 200 Brutpaare mehr landesweit. 1974 seien es noch über 2 000 gewesen. Im Wetteraukreis habe der Kiebitz sein Tief überwinden können – weil dort intensiv Naturschutz praktiziert worden sei, beispielsweise in der Herstellung von Auenverbünden. Als positiv schätzte Hormann auch die Entwicklung des Weißstorchs in Hessen ein. 1974 habe es gerade noch ein einziges Paar gegeben, heute sind es wieder über 100. „Die Probleme mit dem Weißstorch resultierten aus der Entwässerung von Auen und der Begradigung von Flussläufen“, erläuterte der Frankfurter Ornithologe.

Aktive Zusammenarbeit beim Vogelschutz

1974 habe es lediglich vier Brutpaare von Seeadlern gegeben – in ganz Deutschland. Inzwischen leben alleine in Schleswig-Holstein wieder über 60 Paare. „Es wurden seitdem deutlich mehr Flächen unter Schutz gestellt und deutlich weniger Umweltgifte ausgebracht“, nannte Hormann die Gründe. Noch einen positiven Aspekt beim Vogelschutz führte er an: Seit über 100 Jahren habe es in Hessen 2008 den ersten Brutversuch eines Fischadlers gegeben.

„Wir müssen beim Vogelschutz alle zusammen aktiv weitermachen“, forderte Hormann die anwesenden haupt- und ehrenamtlichen Ornithologen auf. Das betreffe auch das Birkhuhn in der Hochrhön oder den Bestand der Mehlschwalbe in Deutschland. „Früher war die Mehlschwalbe ein Glücksbringer und Glücksbote – heute will sie keiner mehr an seinem frisch verputzten Haus haben.“

Ein weiterer, nur schwer einzuschätzender Aspekt, ist laut Hormann die Klimaveränderung. Sie bringe zum einen Arten, die es vorher in der jeweiligen Region nicht gab, beispielsweise den Bienenfresser. Für andere Arten könnte es hingegen schwierig werden, wenn kein Schnee mehr da ist. Gleichzeitig liege im fehlenden Schnee aber eine Chance: „Die Menschen fahren dann nicht mehr kreuz und quer Ski und stören damit empfindsame Arten nicht.“ Wenn jedoch die prognostizierten Klimaveränderungen eintreten, werde der Rotmilan als charakteristischer Vogel der Rhön ein klarer Verlierer sein. „Wenn die Berechnungen stimmen, ist die Rhön im Jahr 2100 rotmilanfrei“, hob Hormann hervor. Das liege unter anderem daran, dass der Grünlandanteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche stark abnimmt, weil durch die wärmeren Temperaturen auch in höheren Lagen noch ein Anbau möglich ist. Außerdem würden bereits jetzt vermehrt Energiepflanzen angebaut, beispielsweise Mais für die Biogasanlagen. Auch dadurch werde das Nahrungsangebot für den Rotmilan verringert.

Umrüstung der Strommasten

Vieles sei in der Vergangenheit schon geschehen, um Strommasten zu entschärfen und damit dem Stromtod von Vögeln vorzubeugen. Dennoch gebe es auch im Bereich Rhön noch einiges zu tun, schätzte Hormann ein. Hier müsse in den nächsten Jahren unbedingt gehandelt werden. Der Gesetzgeber schreibt bis 2012 die Umrüstung aller vogelgefährlichen Strommasten verbindlich vor. Das ist im Paragraph 53 des Bundesnaturschutzgesetzes geregelt.

Hormann wies in seinem Referat darauf hin, dass vor allem ein internationales Handeln beim Vogelschutz dringend notwendig ist, um das Artensterben einzudämmen. Zwischen 1990 und 2005 seien beispielsweise in Spanien 14 500 Rotmilane vergiftet aufgefunden worden. Auch der Abschuss von Zugvögeln und der Stromtod von Vögeln spiele in Spanien, Frankreich und Italien immer noch eine große Rolle.

Das richtige Verständnis für den Vogelschutz, meinte Hormann, ist auch ein Bildungsproblem der heutigen Gesellschaft. „Wir müssen im Kindergarten wieder damit anfangen, den Heimatbezug zu fördern. Darin liegt die eigentliche Herausforderung für die Zukunft“, betonte der Ornithologe.

Das zweite Ornithologentreffen in Schafhausen beschäftigte sich neben dem Vogelschutz im Allgemeinen unter anderem mit dem Lebensraumanspruch und der Bestandsentwicklung des Raubwürgers in der thüringischen Rhön, mit dem Karmingimpel als Neubürger in der hessischen Rhön und mit der Bestandsentwicklung der Bekassine im bayerischen Naturschutzgebiet „Lange Rhön“. An dem ganztägigen Treffen hatten rund 50 Interessierte teilgenommen, darunter zahlreiche ehrenamtliche Vogelkartierer aus dem gesamten Biosphärenreservat Rhön.

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