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Über Tod und Sterben reden – „Und jeden Tag miteinander genießen“

Fulda. Marlies Born ist eine mutige Frau. Denn sie spricht ganz offen über Krankheit, Sterben und Tod – Themen, die in unserer Gesellschaft für viele tabu sind. Vor einem Jahr wurde bei der 50-Jährigen ein unheilbarer Hirntumor diagnostiziert. „Von heute auf morgen war nichts mehr so, wie es einmal war“, erinnert sie sich.

Fotos (36): Max Colin Heydenreich

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Die gestandene Frau, die viele Pläne hatte, sah sich ganz plötzlich mit dem Tod konfrontiert. „Damit umzugehen war in den ersten Monaten unglaublich schwer“, sagt die Fuldaerin. Das Schweigen innerhalb der Familie sei fast so schlimm gewesen wie die Angst vor Krampfanfällen, vor dem Tod und davor, wichtige Dinge noch nicht geklärt zu haben.

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Im Sommer 2006 wurde Marlies operiert. Es folgten Chemo- und Strahlentherapie – danach die Rehabilitation. Verbindliche Aussagen über ihre Lebenserwartung waren den Ärzten aber nicht zu entlocken. In den ersten Monaten nach der Diagnose wurde die ehemalige Angestellte in ihrer eigenen Wohnung von Familienangehörigen gepflegt. Mutter und Tante waren Tag und Nacht an ihrer Seite. „Irgendwann wussten wir, dass wir eine Betreuung rund um die Uhr nicht mehr leisten können“, berichtet ihre Tante Ingrid Gröning.

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Und Marlies wollte unbedingt in einer betreuten Einrichtung gepflegt werden. Auf die Schnelle einen passenden Pflegeplatz zu finden, schien erst unmöglich. Doch der ambulanten Hospizdienst „Da-Sein“ und das Palliativnetz Osthessen hätten alle Hebel in Bewegung gesetzt. „Manuela Straub vom Palliativnetz hat sich so stark für uns eingesetzt, dass wir tatsächlich kurz vor Weihnachten einen Platz im Fuldaer Altenpflegeheim <Marienheim im Park> hatten“, erzählt Gröning.

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Pflegedienstleiterin Schwester Maria Labouré erinnert sich an die anfänglichen Bedenken: „Eigentlich werden bei uns nur alte Menschen gepflegt. Deshalb waren wir unsicher, ob wir ihr  überhaupt gerecht werden können.“ Doch die Zweifel hätten sich inzwischen als unberechtigt herausgestellt. „Marlies“ sagt Heimleiterin Schwester Anna Bonifatia, „ist eine Bereicherung für das ganze Haus und die Bewohner.“ Die Vinzentinerinnen fühlen sich durch die Anwesenheit der 50-Jährigen beschenkt.

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Marlies, ihre Familie und Freunde haben Zeit geschenkt bekommen. „Als das Schweigen endlich gebrochen war, und wir den Dingen ins Auge gesehen haben, ging es allen besser“, sagt sie. Durchhalteparolen wie „Das wird schon wieder!“ seien verboten worden. „Wir wissen, dass es nicht wieder wird, aber wir wissen, dass wir jetzt jeden Tag miteinander genießen.“

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Durch die vielen Gespräche mit der Familie und den Vinzentinerinnen sei sie mit sich ins Reine und Gott wieder näher gekommen. „Ich fühle mich hier geborgen, aufgenommen und verstanden“, erzählt Marlies. Die Angst vor starken Schmerzen und dem Tod sei längst nicht mehr so groß. Weil sie die Gewissheit hat, nicht allein zu sein und von Ärzten, Schwestern, dem Pflegeteam und der Familie jede Hilfe bekommt, die sie braucht.

Marlies lebt mit dem Gedanken an den Tod und von der Hoffnung auf viele lebenswerte Tage. Sie setzt sich Ziele und hat erst kürzlich ein ganz großes erreicht: Ihren 50. Geburtstag, den sie mit vielen Gästen in fröhlicher Runde gefeiert hat. An ihrem Ehrentag konnte ihr die Familie auch einen kleinen Traum erfüllen.

Die Angehörigen hatten einen echten Blackfoot Indianer organisiert, der speziell für Marlies traditionelle Tänze aufgeführt hat. Denn eigentlich wollte sie immer nach Amerika reisen und den Stamm persönlich besuchen. „Aber für eine Reise“, sagt Marlies, „reichen die Kräfte nicht mehr aus. Deshalb war diese Überraschung das schönste Geschenk, das man mir machen konnte.“

Jetzt wünscht sie sich, Ende November in das neue Marienheim am Severiberg umziehen zu dürfen. Marlies Born ist eben nicht nur eine mutige, sondern auch eine zielstrebige Frau. (Dorit Heydenreich)

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