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Künzeller Kirchweihjubiläum mit Bischof Algermissen

091027_Kirmes_005Fulda. Fuldas Bischof Heinz-Josef Algermissen mahnte bei seiner Festpredigt in Künzell vor dem Irrweg falsch verstandener Selbstverwirklichung. Dieser Begriff war zur Weihe der Sankt Antoniuskirche in Künzell am 26. Oktober 1969 noch weithin unbekannt. Seit dieser Zeit aber habe sich aus dem „richtigen Ziel“ ein egozentrisches Weltbild entwickelt. Der Mensch hält sich selbst darin für die letzte Instanz seiner Lebensentscheidungen. Bischof Algermissen nutzt die beiden großen Seen in Israel als Bild: Beide werden vom Jordan gespeist. Der Fluss läuft durch den See Genezareth und schafft damit ein lebendiges Gewässer, mit zahlreichen Fischen und fruchtbaren Ufern.

Der zweite See hingegen nimmt den Fluss nur auf, gibt das Jordanwasser aber nicht weiter. Es entsteht ein Salzsee, lebensfeindlich, treffend das „Tote Meer“ genannt. „Ich-zentrierte Selbstverwirklichung aber gleicht dem Toten Meer,“ so Bischof Algermissen in Künzell. Er mahnte daher die Gemeinde, nicht nur zu empfangen, sondern auch weiter zu geben. In vielen Pfarrgemeinden zeigten sich die Folgen dieser Selbstbezogenheit. In Künzell richtete der Bischof diese Mahnung indes an eine erkennbar intakte Gemeinde. Zum Pontifikalamt war die Kirche voll besetzt, mit Gläubigen, mit vielen Ehrenamtlichen.

40 Messdiener – Jungen und Mädchen –  waren um den Altar versammelt, der Musikverein Sankt Antonius und der Chor St. Pius/St. Antonius mit Orchester gestalteten die Jubiläumsmesse musikalisch. Als Ehrengast feierte der fast 100-jährige  Pfarrer GR Heinrich Unterstell die Messe mit. Unter seiner Führung war die Kirche gebaut und 1969 von Bischof Adolf Bolte eingeweiht worden. Vier Tage hat die Gemeinde das Kirchweih-Jubiläum gefeiert: Ganz traditionell einerseits mit dem heimatlichen Kirmesprogramm. Zehn Kirmespaare haben am Sonntag den Dreireihentanz vorgeführt und bereits am Freitag Abend bei einer 60er Jahre Party generationsübergreifend gefeiert.

Viele der Kirmespaare sind als Messdiener in der Kirche engagiert, ein weiteres Indiz für das Leben in der Gemeinde. Und doch sind auch St. Antonius in Künzell und das Bistum Fulda insgesamt keine Insel der Seligen. Auch hier haben sich viele zurück gezogen. Auch hier gibt es zu wenig Geistliche –Pfarrer Rudolf Liebig von Künzell ist gleichzeitig auch Pfarrer von Sankt Pius. Dieser Umbruch aber, rief Bischof Algermissen den Gläubigen in Künzell zu, müsse gestaltet werden. Die Steine, die im Wege liegen, könnten auch zu Bausteinen genutzt werden.

Wie so eine Brücke aussehen könnte, konnte der Bischof im Gottesdienst sehen und hören: Im Chor St. Pius / St. Antonius singen sowohl Künzeller als auch Fuldaer aus der St. Pius-Gemeinde. Hier wurde der Wunsch des Bischofs bereits Wirklichkeit: Bei allen Sorgen durch die moderne Zeit ist die Gemeinde in Künzell kein „Totes Meer“ geworden, bitter und versalzen, sondern eine lebendige Gemeinschaft, die auch nach außen strahlt – wie die fruchtbaren Ufer des See Genezareth. Dieses bestätigten die Vertreter der Vereine und der politischen Gemeinde. Die Vereinsgemeinschaft unterstützte das Jubiläumsfest der Kirche an allen vier Tagen, der Sprecher der Vereinsgemeinschaft lobte das gute Miteinander. Und der Vertreter der politischen Gemeinde verwies auf die harmonische Zusammenarbeit beispielsweise bei den Kindergärten.

Die Jubilarin selbst, die vor 40 Jahren gebaute Pfarrkirche, kann ebenfalls als Symbol dafür dienen, wie aus Steinen-im-Weg Brücken werden. Die bis heute ungewöhnliche Architektur des fensterlosen Rundbaus drohte die Gemeinde zu spalten, es gab hitzige Diskussionen. Karnevalisten sprachen vom „Silo.“ Eine Liebe auf den ersten Blick ist der sperrige Kirchbau bis heute selten. Aber er ist über die Jahre vielen zur Heimat geworden. „Unser Kerch, was ist die so schee!“ So heißt es in dem eigens zum Jubiläum geschriebenen Theaterstück: „ Da konn  mer good gebääd  – on au schee dee Lüüd  oogeguck!“  Die Kirche also ist gut zum Beten, und auch gut zum Leute-Gucken.

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