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Begegnung von 60 Künstlern mit Bischof Algermissen in Ausstellung „com//Passion“

Schönes aus Kassel. „Die Kniebeuge vor dem Kreuz ist je ein Sich-Hineinknien in die Wirklichkeit der Welt, und es gibt keine andere Religion, die so ehrlich den Blick in die Wirklichkeit der Menschen und der Welt aushält wie unsere Religion.“ Dies betonte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen am Freitag, 14. September, dem Fest Kreuzerhöhung, in der Elisabethkirche zu Kassel.

Fotos (21): Elisabeth Miller

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Bei einem Begegnungstag der Künstler im Zusammenhang mit der zeitgleich zur documenta 12 in St. Elisabeth installierten Ausstellung „com//Passion“, zu dem rund 60 Künstlerinnen und Künstler erschienen waren, hob der Oberhirte hervor, daß das Christentum so einmalig sei wie sein Gründer Jesus Christus, der keineswegs auf eine Stufe zu stellen sei mit Buddha, Mohammed oder Konfuzius.

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„Das Christentum, der Glaube der Compassio, des Mit-Leidens, blickt niemals weg – es blickt vielmehr hin, nimmt Anteil, leidet mit“, so der Bischof in seinem Geistlichen Wort in einer Terz, die zum Auftakt des Künstlertages in der Kirche gefeiert wurde. Am Nachmittag besuchte der Bischof unter der fachkundigen Führung des evangelischen Dekans i. R. Ernst Wittekindt die documenta.

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Veranstalter des Begegnungstages war der Verein für Christliche Kunst in der Kirchenprovinz Paderborn e.V. Diözesanbaumeister Dr. Burghard Preusler in die Ausstellung „com//Passion“ ein. Die beiden Künstler Katarina Veldhues und Gottfried Schumacher standen vor Ort zu einem Gespräch zur Verfügung. Dr. Preusler stellte den Bezug zum 800. Geburtstag der hl. Elisabeth von Thüringen her, für den man ein Kunstwerk gesucht habe, das in die Architektur der Kirche passe und die Beziehung zur Liturgie verdeutliche, die die Menschen hier feierten.

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Er dankte Veldhues und Schumacher, die die Ausstellung „com//Passion“ mit mannigfaltigen Impulsen in der Kirche installiert hätten, und verwies auf weitere Installationen in den Nebenräumen der Kirche. „Über die Ausstellungszeit hinaus besteht bis zum 19. November, dem Festtag der hl. Elisabeth, weiter die Gelegenheit, die Hauptinstallation der beiden Künstler zu sehen“, so der Diözesanbaumeister.

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Auf Impulsfragen Preuslers hin erläuterten die beiden Künstler das Zustandekommen ihrer Installation, die an den seitlichen Glaswänden der Kirche großformatige Portraits von Kranken und weitere Photos aus einem Krankenhaus angebracht hatten. Ziel sei die Auseinandersetzung und Wahrnehmung von Leben und Tod, die Leidenschaft für das Leben, auch in der Nähe und an der Grenze des Todes, sowie die aktive Mit-Leidenschaft und Hinwendung zum Anderen.

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Die einzelnen künstlerischen Arbeiten bilden zusammen mit dem Raum der Kirche einen „Corpus“, der mit den Leitmotiven KREUZ und LICHT seine Ausrichtung bestimmt. Frau Veldhues hob hervor, daß in beider lichtkünstlerischer Arbeit Priorität der öffentliche Raum habe, wozu die Kirche gehöre. Wichtig sei den Künstlern die Besuchergruppe, die Fachleute und „normale“ Menschen umfasse. „Wir gestalten zwar, aber es ist uns wichtig, daß die Menschen mit ihren Sehnsüchten und Empfindungen mit einbezogen werden.“

Schumacher betonte, den für ihre Installationen ausgewählten Räumen wohne immer etwas ganz Besonderes inne, dem sie nachspürten. „Die Kunst kommt dann nicht aus dem Atelier, sondern wir lassen uns ganz auf diesen Ort ein und schauen, welches Gedächtnis der Ort hat.“ In der Kasseler Elisabethkirche habe sie die eigentümliche Architektur mit den offenen Seitenwänden und Seitenhöfen interessiert.

Kunst gehöre laut Schumacher „in den Kopf“, was im Museum geschehen könne, aber genauso gut auch auf der Straße oder an Orten. Die Installation „com//Passion“ lebe von der Zuwendung des Betrachters zu den großflächigen Diapositiven, durch die das Tageslicht flute.

Die beiden Künstler legten dar, daß es einer besonderen Sensibilität im Umgang mit den kranken Menschen im Hospital St. Elisabeth in Kassel bedurft habe. „Das Gefühl von Zeit in einem Krankenhaus ist anders als draußen, es fließt daher als künstlerisches Element mit in die Installation, zu der die Texte des hl. Augustinus in Beziehung treten.“ Die Portraits der Menschen im Krankenhaus spielten bewußt auf Ikonen an.

Frau Veldhues, die auch den räumlichen Zusammenhang mit dem verkleideten Kreuz und der Leuchtschrift als temporäre Neugestaltung erläuterte, erinnerte sich gerne an die Offenheit der Kranken zu Gesprächen und zur Erinnerung an Vergangenes, so die Lebensgeschichte eines Mannes mit einer Bombensplitternarbe. Besonderer Dank galt Schwester Lioba vom Elisabethkrankenhaus für ihre große Geduld bei der Erstellung ihres Portraits.

Die Liebe Gottes im Kreuz sei die Rettung der Menschen, im Kreuz sei Heil und Hoffnung, hatte Bischof Algermissen in seiner Predigt zu Beginn der Künstlerbegegnung hervorgehoben. Der Bischof unterstrich eingangs, daß man sich heute an den Anblick des Kreuzes gewöhnen könne, denn zu viele Kreuze baumelten beziehungslos, zum Schmuck verkommen, an den Hälsen. Dabei sei das Kreuz doch das Fremdeste, was es gebe, das, woran man sich im Grunde nie gewöhnen könne. ´

„Im Kreuz blicken wir in den Abgrund der menschlichen Gewalttätigkeit und der göttlichen Gewaltlosigkeit – hier schneiden sich die Linien von Gott und Mensch“, machte Algermissen deutlich. Die Gewalt der Menschen rufe die Gewaltlosigkeit Gottes, und die Gewaltfreiheit Gottes habe die Gewalt der Menschen auf den Plan gerufen. Das Kreuz sei ein abgründiges Geheimnis, so der Bischof.

Das Böse in dieser Welt habe den Drang zur Gewalt, und dies alles sei im Abgrund des Kreuzes enthalten. „Wir sollen hinblicken in diesen Abgrund, hinter dem die Sünde steckt.“ Der Begriff Sünde sei verharmlost im Alltagsgebrauch durch „Verkehrssünder“, doch „diese Abgründigkeit des Bösen, an der wir teilhaben, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: das ist Sünde“.

Die Liebe und die Gewaltlosigkeit Gottes stünden dem laut Bischof Algermissen gegenüber. Gott verzichte auf seine Göttlichkeit, werde Mensch und damit ohnmächtig. „Gott verzichtet auf die Durchsetzung mit Gewalt und läßt sich lieber von der Durchsetzung der Menschengewalt treffen, bis zum Verbluten Jesu Christi am Kreuz.“

Von sich aus, aus Liebe, habe Gott diesen Schritt in seinem Sohn zu den Menschen getan, nicht etwa, weil er Blut brauche, um versöhnt zu werden. „Gott hat ja von sich aus den Schritt auf uns getan. ER hat sich mit uns versöhnt: nicht Gott hat seinen Sohn umgebracht, sondern die Welt.“ Gott sei Liebe, und dies lasse sich sehen, wenn man auf das Kreuz schaue.

Die musikalische Gestaltung der Künstlerbegegnung oblag Anna Papulski (Sopran), Jochen Faulhammer (Baß), Michael Wolf (Röhrenglocken), Ute Liebig (Oboe), Cornelius Schmaderer (Violoncello), Ludger Heskamp (Orgel/Continuo), Christopher Löbens (Klavier/Orgel) und Thomas Pieper (Leitung) sowie Schola und Gemeinde. Die Komposition der Antiphon vom Fest Kreuzerhöhung und der Psalmen der Terz sowie der Musik zur biblisch-musikalischen Mediation beim Mittagsgebet stammten von Regionalkantor Ludger Heskamp (Eschwege). (bpf).

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