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„Eine Kirche der Fußwaschung werden“ – Bischof Algermissen predigte am Gründonnerstag im Fuldaer Dom

Fulda. Auf die zentrale Bedeutung der Eucharistie für die Kirche hat Bischof Heinz Josef Algermissen in den Pontifikalgottesdiensten am Gründonnerstag im Fuldaer Dom hingewiesen. In seiner Predigt am Gründonnerstagabend betonte Algermissen, eine Kirche, die Eucharistie feiere und aus ihr lebe, müsse von selbst eine „Kirche der Fußwaschung“ werden, in der die Gläubigen tiefer mit Christus verbunden seien. „Der Tod Jesu am Kreuz und die Feier der Hl. Eucharistie und damit Karfreitag und Gründonnerstagabend hängen unlösbar zusammen und sind innerlich miteinander eng verbunden“, so der Bischof zu Beginn seiner Predigt.

Der Kontrast zwischen beiden könne indes nicht größer sein: In der Eucharistie schenke Christus den Menschen seine Liebe und komme ihnen ganz nahe, der Kreuzestod Jesu hingegen sei die brutale Hinrichtung eines Menschen in der grausamsten der von Menschen ersonnenen Arten. Bei einer rein äußerlichen Sicht gebe es offensichtlich keinen Zusammenhang, sondern nur Unterschied oder gar Gegensatz zwischen dem Tod Jesu und der Eucharistie.

„Der innere Zusammenhang erschließt sich nur, wenn wir dessen innewerden, daß Jesus selbst die erbärmliche Gewalttat der Menschen gegen ihn in einen Akt der liebenden Selbsthingabe von innen her verwandelt und daß er diesen Akt der Liebe am Kreuz bereits bei seinem letzten Abendmahl vollzogen hat: wie das Leben Jesu an seinem Kreuz zerbrochen wird, so wird beim letzten Abendmahl Jesu genauso wie in der Feier der Eucharistie heute der Leib Christi gebrochen.“

Die Gläubigen seien eingeladen und herausgefordert, sich in der Eucharistie in diese Hingabe Jesu persönlich hineinnehmen zu lassen und selbst eine „lebendige Opfergabe in Christus“ zu werden. „Wir feiern Eucharistie, damit wir mit Christus und wie Christus selbst Eucharistie werden. Wir feiern Eucharistie, damit unser alltägliches Leben selbst, wie der hl. Franziskus von Assisi einmal sehr schön gesagt hat, ein eucharistisches Hochgebet werden kann.“

Erst damit werde laut Algermissen die eigentliche Stoßrichtung sichtbar, die Jesus im Johannes-Evangelium mit dem Bild vom Weizenkorn anziele. Denn mit diesem Bild deute er nicht nur sein eigenes irdisches Leben, sondern er sehe in diesem Bild auch das Leben der Christen vorgebildet.

„Daß die Teilnahme an der Eucharistie uns selbst zum Abenteuer des Sich-Hingebens motiviert, wird vor allem darin sichtbar, daß der Gründonnerstag als der Tag der Einsetzung der Eucharistie gefeiert wird, aber im Mittelpunkt der Verkündigung dieses Abends und der Messe vom Letzten Abendmahl nicht das letzte Abendmahl Jesu steht, sondern die Fußwaschung, die er an seinen Jüngern vollzieht“, hob der Oberhirte hervor. Das Mahl stehe gerade nicht im Mittelpunkt des Evangeliums. Es bilde vielmehr nur den äußeren Rahmen für den Akt der Fußwaschung, der Johannes in seinem Evangelium besonders am Herzen liege.

„Im Akt der Fußwaschung besteht für Johannes das bleibende Testament Jesu an seine Jünger und an seine Kirche“, fuhr Bischof Algermissen fort. „Wie wichtig für ihn dieses Testament ist, läßt sich auch daran ablesen, daß das Zeichen der Fußwaschung bei Johannes die Einsetzung der Eucharistie ersetzt.“ Dies werde noch deutlicher in dem Satz, den Johannes am Schluß schreibe, der ganz analog zum eucharistischen Einsetzungsbericht formuliert sei und anordne, dieses Zeichen immer wieder neu zu setzen.

Während es im eucharistischen Einsetzungsbericht heiße: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“, betone Jesus im Blick auf die Fußwaschung: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe“. Diesen engen und inneren Zusammenhang zwischen dem letzten  Abendmahl Jesu und der Einsetzung der Eucharistie einerseits und dem Zeichen der Fußwaschung andererseits wolle der Abend des Gründonnerstags den Gläubigen nahebringen, um ihnen erneut ins Stammbuch zu schreiben, daß „Glauben und Leben, Frömmigkeit und Dienstbereitschaft unlösbar zusammengehören und die Liebestätigkeit genauso zum Wesen gehört wie der Dienst der Sakramente und der Verkündigung des Evangeliums“.

Eucharistie birgt Geheimnis der Kirche in sich

„Die Eucharistie birgt als Geheimnis der Kirche in sich“, hatte Bischof Algermissen am Gründonnerstagmorgen im Fuldaer Dom betont. In der traditionellen Chrisammesse, in der die heiligen Öle für die Spendung der Sakramente geweiht wurden, hatte der Oberhirte daran erinnert, daß Christus sich nicht nur eucharistisch und leibhaft an die Vielen verteile. Vielmehr geschehe durch diese Verteilung die Einigung, die Vereinigung der Vielen zu einem Leib, zum Leib Christi. „Durch den eucharistischen Leib baut sich der Herr je und je den Leib der Kirche auf.“

Bischof Algermissen hatte zu Beginn seiner Predigt deutlich gemacht, daß jeder der Vertreter des Presbyteriums und Diakoniums des Bistums gewissermaßen „eine unsichtbare Prozession“ in diesen Gottesdienst mit hineinführe, nämlich die Kinder und Erwachsenen, die im kommenden Jahr bei der Taufe mit dem heiligen Öl gesalbt würden, die Kranken und Sterbenden, denen sie dann mit dem heiligen Öl die Krankensalbung spendeten, die zahlreichen Firmbewerber, die sie in den kommenden Wochen und Monaten auf das Sakrament der Firmung vorbereiteten sowie auch die künftigen Neupriester, die in der Weihe mit dem hl. Chrisam gesalbt würden.

„In der Salbung der Priesterweihe haben wir Priester unseren gemeinsamen Ursprung. Gemeinsam können wir allerdings auch nur die Sendung an diesem Stück Welt, die unser Bistum ausmacht, erfüllen“, unterstrich der Oberhirte. Man tue gut daran, sich an diesem Gründonnerstagmorgen bei der Weihe der heiligen Öle dem von Gott geschenkten Mysterium der Einheit im Presbyterium ein wenig zu nähern.

„Der Herr identifiziert sich in einer Weise mit uns Priestern, daß wir gar ‚in persona Christi’ handeln dürfen, wenn wir sprechen: ‚Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird… Das ist mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird’“, fuhr der Bischof fort. Dem Herrn gehe es im Hinblick auf die Priester um eine „Totalidentifikation“. Die Leidenschaft, seine Passion, dürfe nicht außen vor der eigenen Tür des Priesters bleiben.

Sodann stellte Algermissen klar, daß es nicht zwei Leiber Christi gebe. Der eucharistische Leib könne nur wie ein Ferment innerhalb seines kirchlichen Leibes enthalten sein. „Darum gibt es keine Eucharistie ohne Kirche und keine Kirche ohne Eucharistie.“ Wer über Brot und Wein die Worte spreche: „Das ist mein Leib. Das ist mein Blut“, der könne keineswegs in einer auch nur inneren Distanz zur Kirche stehen.

Zum Zeichen dafür nenne der Priester ja auch bei der Feier der Hl. Eucharistie den Namen des Papstes und des Ortsbischofs. „Für uns Priester ist die Identifikation mit der Kirche nicht eine Forderung kirchlichen Verbandsgeistes, sondern eine Konsequenz unseres Glaubens“, so der Bischof weiter. „Kirche wird zuerst für uns konkret im Presbyterium, das nicht eine Organisationsgröße ist, sondern buchstäblich eine Körperschaft.“

„Wie sieht aber nun diese unsere Grundbefindlichkeit als Presbyterium leibhaftig aus?“, hinterfragte Algermissen dann. Das Erscheinungsbild des Presbyteriums des Bistums Fulda hänge wesentlich von der Antwort auf die Fragen ab, wie man miteinander umgehen, voneinander spreche und denke, welchen Stellenwert man den kranken Mitbrüdern gebe, wie tief man an der Sorge um geistliche Berufungen mittrage und ob man auch der erste Seelsorger seines Mitbruders sei. „Wie wir im Presbyterium miteinander umgehen, so werden wir uns auch in unseren Gemeinden bewegen“, zeigte sich der Oberhirte überzeugt. Es gebe einen direkten inneren Zusammenhang zwischen dem Presbyterium und den Gemeinden vor Ort.

Die Kirche gebe daher den Priestern an diesem Tag die heiligen Öle mit auf den Weg. „Gesegnet mit einem großen Reichtum dürfen wir zu den Mühseligen und Beladenen heimkehren.“ Der heilige Chrisam, mit dem bei der Weihe die Hände gesalbt worden seien, lasse unter den Händen der Priester täglich das Wunder der heiligen Wandlung erstehen. „Wir nehmen das Katechumenenöl mit, das wir bei der heiligen Taufe verwenden. Wir dürfen mitwirken, daß sterbliche Menschen nicht nur Kinder Gottes heißen, sondern Kinder Gottes sind.“ Mit dem Krankenöl dürfe man helfen, daß die Kranken und Sterbenden in die Nähe des Kreuzes Christi rückten.

Es gehe immer um Christus, der sich den Händen der Priester anvertraue. „Wenn Christus, und daran glaube ich ganz fest, die letzte Sehnsucht aller menschlichen Sehnsüchte, wenn er die letzte Antwort auf alle menschlichen Fragen ist, dann sollte unser priesterlicher Dienst trotz aller äußeren Armseligkeit gesegnet sein vom Glanz seiner ewigen Verheißungen“, betonte Algermissen. Dazu gesalbt und gesandt zu sein, sei eine Freude.

Danach dankte Bischof Algermissen den Diakonen sowie den Welt- und Ordenschristen des Bistums. Denn das Priestertum habe nur einen Sinn, wenn man es zugunsten der Schwestern und Brüder im Glauben ausübe. „Keiner von uns ist Priester für sich selbst geworden, sondern für sie. Wir haben ihnen zu danken, daß sie uns nicht an den Altären allein stehenlassen“, so Bischof Algermissen zum Schluß. (bpf)

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