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„Aktion Junge Fahrer“ der Kreisverkehrswacht Fulda an der Fuldaer Heinrich-von-Bibra-Schule

100629_Aktion_001Fulda. Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert! Dachten zwei ältere Heimbewohner, die neben dem Schulgelände auf dem Balkon im Wohnstift Mediana standen und das Treiben auf den Schulhof beobachten. Um 08:32 Uhr fuhren ein großes Feuerwehrlöschwagen gefolgt von einem Rettungswagen mit „Martinshorn  und  Blaulicht“ auf den oberen Schulhof der Heinrich-von-Bibra-Schule und hielten neben einem Unfallwagen, der gegen die großen Kastanienbaum geprallt war. Um die Unfallstelle herum standen mehrere Hundert Schüler. Die älteren Heimbewohner merkten aber bald, es war nur eine große Rettungsübung, bei der alles sehr  realistisch nachgestellten war.

Der Konrektor der Schule, Herr Dr. Andreas Grenzer, kam auf die Kreisverkehrswacht zu und bat um Wiederholung dieser bundesweiten Präventionskampagne „Aktion Junge Fahrer“ zur Verbesserung des persönlichen Sicherheitsrisikos junger Menschen im Straßenverkehr, besonders im Bereich Alkohol und Drogen. Gerade die Schüler, die jetzt vor den Sommerferien die Schule verlassen, sollten nochmals nachhaltig auf die Risiken im Straßenverkehr hingewiesen werden.

Konrektor Dr. Grenzer eröffnete um 08:00 Uhr im Schulhof, im Beisein von Fuldas Bürgermeister Dr. Wolfgang Dippel und Schulamtsdirektor Dr. Michael Imhof, vor rund 300 Schülern und Schülerinnen die „Aktion Junge Fahrer“, die von der Deutschen Verkehrswacht und dem Verkehrsministerium unterstützt wird.

In seiner Eröffnungsansprache betonte der Schulleiter ausdrücklich die Wichtigkeit der Verkehrserziehung als schulische Aufgabe und begrüßte auch als interessierte Besucher eine Klasse der Richard-Müller-Schule mit zwei Lehrkräften sowie vier Mitglieder des Fuldaer Anwaltsvereins, die einmal hautnah eine solche Verkehrssicherheitsaktion für junge Menschen miterleben wollten.

Bürgermeister Dippel forderte die Schüler auf: „Nehmt diese heutige Veranstaltung als Chance, alle Sicherheitsinformationen, die ihr hört  zu verinnerlichen und möglichst viele davon im Straßenverkehr umzusetzen!“ Schulamtsdirektor Dr. Imhof vom Staatlichen Schulamt, betonte die Wichtigkeit solcher Präventionsaktionen durch die Verkehrswacht und die Polizei. Sie sind ein wichtiger Grund für den Rückgang der Unfallzahlen junger Menschen.

100629_Aktion_002Gerhard Brink, Vorsitzender der Kreisverkehrswacht Fulda, stellte den Veranstaltungsablauf vor und nannte als sein Ziel für den Tag: „Jugendliche sollen anhand praktisch erlebter  Beobachtungen die Risiken im Straßenverkehr besser erkennen und entsprechend handeln. Unsere Idee ist es, Jugendliche da abzuholen wo sie gerade stehen. Wir wollen nicht belehren, wirken, sondern informieren und persönliche Handlungsstrategien aufzeigen. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, was er daraus machen, welche Tipps er im Straßenverkehr umsetzt.“ Daran schloss sich die realistisch nachgestellte Rettung einer schwer verletzt eingeklemmten Fahrers aus einem Unfallwagen an. In routinierter Zusammenarbeit zwischen der Freiwilligen Feuerwehr Fulda-Mitte und Leitung von Herrn Hillenbrand, den beiden DAK Rettungssanitätern und dem Facharzt für Notfallmedizin und Anästhesie  Dr. med. Birger Freier, konnten die Schüler die zeit- und materialaufwendige Rettung hautnah miterleben. Über Lautsprecher kommentierte Gerhard Brink den Rettungsablauf. Die sechs Feuerwehrleute hatten alle Hände voll zu tun, um mit einer Hydraulikpresse und der Hydraulikschere das Fahrzeugdach so aufzuklappen, dass die Bergung der eingeklemmten Person gefahrlos möglich wurde. Der Notarzt war bereits durch das  Beifahrerfenster in den Pkw geklettert, um mit der Erstversorgung zu beginnen. Unsere Absicht war, so der Notarzt Dr. Freier, den Schülern und Schülerinnen den Ablauf der Rettung eines Verletzten in „Echtzeit“ vorzuführen, die mit Absetzung des Notrufes beginnt und mit der Bergung des Opfers endet.

Obwohl alle Akteure ihr Bestes gaben, verging die Zeit schnell. Für Anfahrt, Aufbrechen der Fahrzeugkarosserie, Bergung des Verletzten und Abfahrt zum Krankenhaus, vergingen vierzig Minuten. Qualvolle lange Minuten für den Schwerverletzten. Jessica aus der 10. Klasse: „Dass dauert ja unendlich lang, bis die den Verletzten aus dem Auto herausgeholt haben!“

Es folgte das Referat „Fahren im Rausch – ein berauschendes Erlebnis?“ von Dr. Birger Freier, der es wieder verstand in ansprechender packender Weise die Problematik von Drogen und Autofahren bewusst zu machen. Dabei setzte Dr. Freier auch authentische Unfallbilder aus der Region ein, die ihre oft schockierende, aber auch nachdenklich machende Wirkung nicht verfehlten.

Gerade bei Jugendlichen kommt es nach Aussagen des Notarztes zu einer erschreckenden Zunahme des  Drogenkonsums, jedoch anders als erwartet, nicht von harten Drogen, sondern besonders von den so genannten weichen Drogen wie Alcopops, Bier und Cannabis erklärte der Notarzt. „Mit der heutigen Aktion wollen wir Fahranfänger und künftige Autofahrer wachrütteln und ihnen zeigen, dass der Straßenverkehr kein Spiel ist, sondern viel zu oft zum tödlichen Ernst wird“, fügte er hinzu.

100629_Aktion_003Peter Schaum vom Verein „Trauernde Eltern Fulda e.V.“ berichtete den Zuhörern in ergreifender Art und Weise das Gefühl eines Vaters, dessen 16jähriger Sohn vor fast genau vier Jahren morgens gutgelaunt und fröhlich mit dem Motorrad zu einer Public Viewing Veranstaltung fuhr und nicht mehr zurückkam. Er verunglückte auf der Fahrt und wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert, er verstarb kurze Zeit später. Der Vater sah seinen schwer verletzten Jungen noch an der Unfallstelle liegen. Dieser hoch emotionale Bericht eines Vaters ergriff und bewegte auch gefühlsmäßig viele Zuhörer. Der Vertreter der Verkehrswacht betonte: „Es geht heute nicht um ein Sensationserlebnis, sondern wir wollen zur Diskussion anregen, zum Nachdenken animieren und zu einer kritischen Reflexion der Sicherheitsaktion  – Mensch Junge denk doch mal nach – hinführen. Mit einem lauten „Rumms“ schlug der Gurtschlitten am Ende der Rampe auf. Der Oberkörper des angegurteten  Mitfahrers flog trotz der geringen Geschwindigkeit von gerade einmal  sieben km/h ruckartig nach vorne. Der Schreck war dem Schüler noch anzusehen.

Der Aufprall war ganz schön heftig, hätte ich nicht gedacht, meinte der 17jährige Kadir. Die 16jährige  Alexandra hatte so etwas auch noch nicht erlebt und sagte leise zu dem Moderator der Kreisverkehrswacht: „Ab sofort werde ich mich auch innerorts wohl besser immer anschnallen.“ Die Kreisverkehrswacht Waldeck Frankenberg unterstützte den Aktionstag mit einem Gurtschlitten, einem Überschlagsimulator und dem Motorradfahrsimlulator. Die Gerätschaften wurden von fünf Verkehrswachtmoderatoren betreut.

Ein weiterer Anziehungspunkt für viele Schüler war der Alkoholfahrsimulator des Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr e.V. der von Erich Fleischmann betreut wurde… Hier konnten die Fahrer auf dem Bildschirm erfahren, welche Wirkung der Alkohol auf das Fahrverhalten hat. Von der Kreisverkehrswacht Fulda war aufgebaut worden: Ein Seh- und Reaktionstest und einen Rauschbrillenparcours.

100629_Aktion_004Gerhard Brink erläuterte, dass die  vier Brillen unterschiedliche Rauschwirkungen simulieren, die einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 bis 1,5 Promille entsprechen. Die Benutzer der Billen zweifelten, ob die Brille einen realistischen Rauscheindruck verschaffen konnte? Was sie sahen, entsprach ihrer Meinung nach oft nicht den gemachten Erfahrungen und  der eigenen optischen Erinnerung. Dr. Birger Freier erklärte:“ Die starke optische Wirkung der Rauschbrille vermittelt zwar andere Bilder als die real wahrgenommenen, aber das Gefühlserleben und die Reaktion auf den Körper sind sehr wohl mit der Realität gut vergleichbar. Das Gefühl der Verunsicherung und der eingeschränkten Kontrolle über den Körper ist erlebbar und eine eindrucksvolle Selbsterfahrung.“

Der Konrektor Dr. Grenzer fügte hinzu: „Die Personen mit den Rauschbrillen machten auf mich den Eindruck von tatsächlich Angetrunkenen. Wichtig ist trotz aller Komik, den ernsten Hintergrund und das Ziel der Aktion nicht aus dem Blick zu verlieren.“ Einen weitere Station der Kreisverkehrswacht war ein Pkw Focus, der die Firma Ford Sorg zur Verfügung gestellt hat. In dem Pkw wurde vom Verkehrswachtsmoderator Brink die richtige Sitzhaltung und die richtige Lenkradhaltung in der Realität erklärt und fehlerhafte und somit verletzungsintensivere Fehlhaltung korrigiert, und die richtige Sitzhaltung demonstriert.

Kein Schüler und auch kein Lehrer, der bei dieser Aktion mitmachte, hatte sich „richtig“ angeschnallt bzw. saß im richtigen Abstand zum Lenkrad. „Aber alle wissen jetzt, was es heißt richtig angeschnallt zu kein!“ kommentierte Gerhard Brink das nicht gerade erfreuliche Testergebnis.

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