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Vogelsberger Denkmalbeirat tagte in Lauterbach

Schlitz. Turnusgemäß traf sich der Vogelsberger Denkmalbeirat am vergangenen Montag im Lauterbacher Rathaus, wo er von Bürgermeister Vollmüller begrüßt wurde. Dieser sang das Klagelied aller Bürgermeister: die finanzielle Schieflage der Kommunen. Und diese wurde dann auch bei einem zentralen Gegenstand der Sitzung, der energetischen Ertüchtigung und inhaltlichen Neukonzeption des historischen „Alten Esels“, deutlich.

Synagogenplatz Lauterbach

Schon auf der vorangegangenen Sitzung hatte der Platz, an dem die ehemalige Lauterbacher Synagoge gestanden hatte und auf dem der Eigentümer Stellplätze für Autos errichten will, für Diskussionsstoff gesorgt. Die Ortbesichtigung erlaubte es jetzt den Mitgliedern des Denkmalbeirates, sich ein Bild von der räumlichen Situation zu machen. Das Grundstück „Hinter der Burg 16“ stellt sich heute als ebenes, grasbewachsenes Gelände dar, das von einem Bürgersteig, der dem Grundeigentümer gehört und den es vor dem Nachbargebäude Nr. 15 gar nicht gibt, durch eine Sandsteinmauer abgegrenzt ist. Das Gelände liegt, ähnlich wie beim Nachbargrundstück, mehr als einen Meter über dem Straßenniveau.

Der Eigentümer möchte hier in Teilbereichen Stellplätze errichten, wozu das Gelände wohl abgetragen werden müsste. Auf diesem Gelände hat nun aber bis 1938 die Synagoge der jüdischen Gemeinde mit Bethaus gestanden, deren Ruinen später abgetragen wurden und teilweise wohl zum Bau der straßenseits abgrenzenden Mauer benutzt wurden. An dieser Mauer steht eine Gedenktafel, die auf die Synagoge und die jüdische Gemeinde hinweist. Die Umrisse des ehemaligen Baukörpers wurden anhand einer Skizze gezeigt. Heute sieht man davon nichts mehr. Es erhebt sich nun die Frage nach möglichen Resten, die im Boden verborgen sein könnten.

Wie soll bzw. darf man mit solch einem historisch belasteten Gelände umgehen? Auch die Meinungen von Vertretern jüdischer Verbände sind hier unterschiedlich. Zur Diskussion wurde ein Vorschlag gestellt, der sowohl die Ausweisung von Parkplätzen als auch die Freilegung und Zugänglichkeit der Kellerräume mit Mikwe vorsieht. Eins steht fest: das, was sich möglicherweise unter dem Rasen befindet, gilt heute als Bodendenkmal. Und wenn Grabungen stattfinden würden, wäre das einmal mit erheblichen Kosten (für den Eigentümer) und unabsehbaren Folgen für die weitere Gestaltung verbunden. Nach ausgiebiger Diskussion zusammen mit dem Bodendenkmalpfleger vom Landesamt für Denkmalpflege, Marburg, sprach sich der Denkmalbeirat einstimmig dafür aus, das Gelände im gegenwärtigen Zustand (also ungestört) zu belassen.

Der „Alte Esel“, ein Lauterbach prägendes Baudenkmal

Dieses fast 58 Meter lange und 10,50 Meter breite, Lauterbach prägende Gebäude beherbergt heute, zusammen mit der später angebauten Höheren Bürgerschule, die Volksbibliothek, die Musikschule und die umfangreiche Hohhaus-Bibliothek mit ihren wertvollen Beständen. Etwa 1525 als Gasthaus „Zum Güldenen Esel“ von den Riedesels errichtet, stellt das heutige Gebäude einen Nachfolgerbau aus der Zeit etwa um 1780 dar. Das Hauptgebäude ist 22 m lang, anschließende Scheunen kommen mit ca. 36 m hinzu. 1863 erwarb die Stadt das Gebäude und baute das Gasthaus zum Schulgebäude um, wobei die Fachwerkfassade verschindelt wurde. Der massive Steinbau wurde erst 1906/07 angefügt.

Schon damals hat Hauptlehrer Johannes Köhler geäußert: Das Neue passt da nicht zum Alten und das Alte nicht zum Neuen. Die Schulära ging 1977 zu Ende und es erfolgte eine Umnutzung zum heutigen Stand. Die Verschindelung war inzwischen wieder entfernt worden. Heute zeigt das Gebäude Mängel, die einmal mit mangelnder Bauunterhaltung, sodann aber auch mit den grundsätzlichen Alterungsprozess zu tun haben. Die Kosten für eine Sanierung kann die Stadt Lauterbach ohne fremde Hilfe nicht aufbringen. Deshalb hat man es versucht, diese Probleme dadurch zu lösen, dass man den „Alten Esel“ für das Investitionsprogramm der Bundesregierung anmeldete.

Bedingungen für die Aufnahme in dieses Programm sind: das Gebäude muss mindestens für die nächsten 25 Jahre schulischen Charakter haben (dies wäre u. a. durch Aufnahme der Volkshochschule gewährleistet) und es muss energetisch nach der Energiesparverordnung 2009 „ertüchtigt“ werden. Damit wird aber der „Alten Esel“, wie viele Stimmen im Denkmalbeirat meinten, zum „Gordischen Knoten Lauterbachs“.

Denn wie will man die Wärmedämmung hinkriegen, ohne den historischen Charakter des Gebäudes zu verhunzen? Gedacht wird zum Beispiel an eine totale Verschindelung. Aber das allein würde auch nicht ausreichen. Als Kompromiss-Idee wurde der Vorschlag erwogen, einen Teil (den Scheunenteil) des Gebäudes zu verschindeln und die Wärmedämmung durch energetische Abtrennung von Dach- und Kellergeschoss (also innen) zu erreichen. Damit würde dann aber eine Nutzung der Dachräume, wie von planenden Architekten vorgesehen, flachfallen.

Ein zentrales Problem bliebe dann aber immer noch ungelöst: wohin mit den ca. 90 000 Bänden der Hohhaus-Bibliothek? Denn diese muss woanders untergebracht werden. Und sie einfach so mal irgendwo zwischenzulagern, ist inakzeptzabel. Deshalb beschloss der Denkmalbeirat einstimmig: So lange keine adäquate Unterbringung der Hohhaus-Bibliothek gesichert ist, kann der Denkmalbeirat keiner Veränderung des Gebäudes zustimmen. Warten wir es also ab, was die Zukunft bringt!

Weitere Gegenstände

Auf dem Gelände der ehemaligen „Muna“ in Grebenhain befinden sich noch 2 Bunker und zahlreiche Betonklötze im Wald (der zum Hessenforst gehört). Was soll damit geschehen? Man konnte hier keine Entscheidung finden. Schlitz: „Hainbuche“ 29: Vorgeschlagen wird eine Notsicherung des Gebäudes, die mit Mitteln des Landesamtes substanziell unterstützt werden soll. Als barockes Fachwerkgebäude mit Anbauten nach beiden Seiten hin stellt das heutige Gebäude im Ensemble mit den angrenzenden Fachwerkhäusern ein unverzichtbar erhaltenswertes Ensemble dar.

Ehemaliges Dachziegelwerk Lauterbach: Hier lässt sich für den Denkmalschutz leider nichts mehr retten.

Nach Berichten vom diesjährigen Denkmaltag und vom Hessischen Archäologentag verabschiedete die 1. Vorsitzende, Frau Müller, im Namen des Vogelsberger Denkmalbeirates den jahrzehntelangen Landeskonservator, Herrn Dipl. ing. Udo Baumann, der genau an diesem Sitzungstag seinen letzten Arbeitstag ableistete. Sie würdigte ihn als hochkompetenten, streitbaren, aber immer auch an der Realität orientierten kompromissbereiten Vertreter des Denkmalschutzes und wünschte ihm für seinen Ruhestand alles Gute.

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