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Fachtag der Caritas Altenhilfe zu Demenz

Fulda (cif). Bei der Begrüßung zur Fachtagung „Selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Demenz“ konnte Achim Eng, Ressortleiter Altenhilfe des Caritasverbandes für die Diözese Fulda, davon ausgehen, dass die rund 150 Teilnehmer sich der Brisanz des Themas für die Altenpflege längst bewusst sind: Nach einer aktuellen Studie wird sich angesichts der erhöhten Lebenserwartung und der sich vollziehenden Alterung der Bevölkerung in Deutschland die Zahl der im Alter demenzerkrankten Menschen bis zum Jahr 2060 auf 2,5 Mio. mehr als verdoppeln. Jeder dritte Senior, so Achim Eng in seiner Einführung, werde davon betroffen sein, und zwei Drittel dieser Menschen werden ohne Pflege nicht auskommen. Achim Eng sprach in diesem Zusammenhang von einer Herausforderung, vor der die Altenpflege stehe, der man sich aber in der Caritas unbedingt stellen wolle, denn die von Gott geschenkte Würde des Menschen gelte uneingeschränkt auch für diese krankheitsbedingt verwirrten Menschen.

Achim Eng erteilte als erstem Fachreferenten Prof. Dr. Walter Behringer vom Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda das Wort, der als Chefarzt der Geriatrischen Inneren Medizin die regionale Situation darstellte. Prof. Behringer erläuterte die Symptome von Alzheimer und Demenzerkrankungen und stellte das regionale Versorgungssystem vor. Er verwies darauf, dass Menschen mit Demenz vor allen Dingen am Anfang des Krankheitsverlaufes leiden würden, wohingegen betreuende Angehörige zunehmend unter der sich verschärfenden Situation litten. Sein Appell: „Nicht alleine bleiben mit den Demenzerkrankten, die bestehenden Hilfsangebote unbedingt in Anspruch nehmen!“

Da angesichts der demografischen Entwicklung in vielen Familien verstärkt auch Angehörige ihre Senioren zu Hause pflegen werden, beschäftigte sich ein weiterer Redebeitrag des Fachtages von Dipl. Pflegewirtin und Krankenschwester Angelika Rogowski mit der Fragestellung, was bei einer solchen Pflege daheim zu beachten sei, auch um die Belastung der Beteiligten möglichst gering zu halten. Hauptreferent der Veranstaltung war schließlich Prof. Erwin Böhm aus Wien, auf dessen so genanntes Psychobiografisches Pflegemodell die Caritas-Altenpflegeheime inzwischen weitgehend umgestellt haben, um dadurch die altersverwirrten Menschen optimiert betreuen zu können. Der Vortrag „Selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Demenz“ des österreichischen Wissenschaftlers hatte zudem das Auditorium dank herausragender Rhetorik über die Fachlichkeit hinaus völlig in den Bann gezogen.

Prof. Böhm nahm das Motto der Caritas-Jahreskampagne „Experten fürs Leben“ auf und unterstrich, nur der alte Mensch könne letztendlich Experte für seine eigenen Belange sein. „Sehen Sie den alten Menschen immer von seiner Warte aus“, betonte er: Eine über achtzig Jährige, die Zeit ihres Lebens in der Küche am Holzofen gewerkelt habe, werde man nicht dazu bringen, sich im Pflegeheim zum Plätzchenbacken an den Elektrobackofen zu stellen. Für jedes Verhalten alter Menschen gäbe es eine Ursache in der Vergangenheit, viele uns unverständliche Verhaltensweisen würden sich dadurch erklären. Entscheidend dabei sei, Menschen mit Demenz auch unbedingt in ihrem eigentlichen Umfeld in Augenschein nehmen zu können und möglichst genaue Kenntnisse über ihre Biografie zu erlangen. Menschen würden in ihren ersten 25 Lebensjahren geprägt, insofern seien in den Jugendjahren auch die Schlüssel für viele pflegerelevante Fragen wie Gewohnheiten bzgl. Körperpflege und Bad, aber auch Vorlieben beim Essen und Trinken zu finden.

In der stationären Betreuung ginge es dann darum, die Lebenstriebe der Seniorinnen und Senioren wieder zu erwecken – aufstehen, sich bewegen, aktiv sein würden die alten Menschen von ganz allein, wenn sie einen Sinn darin sähen. Entsprechend der individuellen Biografien müssten diese reaktivierenden Angebote jedoch auch individuell abgestimmt sein, um jedem den richtigen Impuls zu geben.

Pflegekräfte, so eine weitere Einlassung des Wiener Pflegeexperten, sollten tatsächlich auch nur Pflegeaufgaben wahrnehmen; für Hilfestellungen zugunsten anderer Hilfsdienste sei die Pflegezeit in der Tat zu kostbar.

Foto: C. Scharf (Caritas Fulda)

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