Logo

Bewegte Vergangenheit einer viel befahrenen Straße

Flieden. Seitdem sich der Durchgangsverkehr ab Oktober 2007 auf die Autobahn verlagert hat, ist die Straßensituation in Flieden wesentlich besser geworden. Die Bundesstraße 40 wurde zurückgestuft und trägt nun als Landesstraße 3141 den Namen Königreich-Allee. Auch ihre Kreuzung mit der Hauptstraße/An der Fliede wurde wieder geöffnet, so dass Fußgänger den alten Weg zum Bahnhof gehen können. In historischer Zeit verließ man Fliedens Ortskern in östlicher Richtung auf dem sogenannten Rückerser Kirchweg und gelangte über die Fliedebrücke an der Kappenmühle vorbei durch einen Hohlweg auf die Felder in der Arzbach. Der Steinbacher Weg führte ebenfalls durch eine schmale Hohle. Er zweigte hinter der Brücke ab und erhielt mit Eröffnung der Eisenbahn 1868 den Namen Bahnhofstraße, als Kreisstraße K 83 klassifiziert.

Ursprünglich kamen die Bauern auf diesem Feldweg zu ihren Wiesen und Äckern am Höllrain und nach stetem Anstieg in die Fluren Altes Feld und Alte Warte auf dem Eisenküppel. Der Rückerser Weg, heute K 90, wurde jüngst Autobahn-Zubringer. Jahrhunderte lag der Hof Kappenmühle wie viele andere Mühlengehöfte weit abseits auf der dem Dorf abgewandten Talseite. 1837 und 1846 siedelten sich in der Nachbarschaft zwei „Nothüttner“ an, heute „Gerhards“ (Siegner) und die nicht mehr existente Schlosserei Löffert/Bleß. Mit dem Schienenverkehr änderte sich die Bedeutung des einstigen Steinbacher Wegs. Die Hohle wurde erheblich verbreitert. Denn nicht allein die Zugreisenden brachten neues Leben. Jetzt wurde auch Frachtgut von Fuhrwerken, später von Autos, gebracht oder abgeholt und Vieh verladen.

Darüber hinaus wurde das gesamte Bahnhofsviertel zunehmend besiedelt. Denn neben dem repräsentativen Empfangsgebäude entstanden die Bahnmeisterei und zahlreiche Dienstwohnungen. Auch die Post etablierte sich am Bahnhof, Lagerhallen mit Gleisanschluss reihten sich aneinander. Auf dem vormaligen Gelände eines Sägewerkes eröffnete die Val. Mehler AG 1957 ein Zweigwerk. Schon Anfang der 1930-er Jahre machte Ludwig Gärtner einen Baustoff- und Kohlehandel auf. Heute frequentiert eine ganze Flotte großräumiger Bahnbusse die Straße und ermöglicht eine Anbindung der bahnfernen Orte an das Schienennetz. Vom Bahnhofszubringer zweigten bald mehrere Seitenstraßen ab, die neue Wohngebiete erschlossen. Im Verlaufe ihres Bestehens erfuhr die Fliedener Bahnhofstraße manche Wandlungen und Besonderheiten.

Das ursprüngliche Basaltsteinpflaster machte es wegen seiner Glätte den Zugpferden schwer, wenn sie beispielsweise gewichtige Langholzfuhren bergan zogen. Die am östlichen Böschungsfuß gepflanzten Kastanien mussten einer abermaligen Verbreiterung weichen. Bereits 1873 wurde das oft vom Hochwasser überflutete Brückenbauwerk über die Fliede erneuert; es war dem gestiegenen Verkehr nicht mehr gewachsen. Die neue dreibogige Sandsteinbrücke kostete die Gemeinde damals 800 Taler, den weiteren Anteil übernahm die Kreiskasse.

Zwei Tage vor dem Einmarsch amerikanischer Soldaten, am 29. März 1945, sprengte eine deutsche Rückzugstruppe diese Brücke in die Luft. Das dann in Holz errichtete Provisorium wurde erst am 17. Juni 1949 vom jetzigen Brückenbau abgelöst. Es hatte selbst den schweren Panzern standgehalten. In den ersten drei Jahrzehnten nach 1935 wurde die Kreuzung mit der B 40 zu einem Gefahrenpunkt, der trotz zeitweiser Ampelregelung 20 Verkehrstote forderte. Zu ihrer Beseitigung entstand 1965 die Fliedetalbrücke. Für ihre Auffahrten mussten beiderseits mehrere Gehöfte und Wohnhäuser abgebrochen werden.

Categories:

Alle Nachrichten, Auto & Verkehr