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Bund und Länder einigen sich auf Vorgehen gegen drohenden Ärztemangel

Berlin. Um einem drohenden Ärztemangel entgegen zu wirken, haben sich die Bundesländer unter Federführung des Hessischen Sozialministers und Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz 2011, Stefan Grüttner, mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler auf Eckpunkte zu einem bundesweit geltenden Versorgungsgesetz geeinigt. „Es ist erfreulich, dass nach intensiven Verhandlungen nun ein Ergebnis zustande gekommen ist, welches den Ländern das zugesteht, was sie seit langem gefordert haben: mehr Verbindlichkeit im Hinblick auf eine bessere Versorgungsplanung“, erklärte Grüttner bei der Präsentation der Eckpunkte im Bundesgesundheitsministerium in Berlin.

Der Sozialminister lobte die heute vorgelegten Eckpunkte als „rundes Konzept, welches dazu beiträgt, dass die Patientinnen und Patienten in Deutschland auch weiterhin bestmöglich medizinisch versorgt werden“. Derzeit könne zwar noch nicht von einem allgemeinen Ärztemangel die Rede sein. „Doch vor allem in dünn besiedelten Regionen kommt es bereits jetzt zu Engpässen bei der hausärztlichen Versorgung“, so der Sozialminister weiter. Es bedürfe aufeinander abgestimmter Bemühungen aller Beteiligten sowohl auf Bundes-, auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene, um eine dauerhafte Stärkung der hausärztlichen Versorgung insbesondere in strukturschwachen Regionen zu erreichen. Hierbei reichten wenige, voneinander isolierte Maßnahmen jedoch nicht aus.

„Wir brauchen ein vernetztes Gesamtkonzept, das an den verschiedensten Stellen ansetzt – von der Hilfestellung bei Praxisgründungen und –übernahmen über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie Weiterbildungsmöglichkeiten bis hin zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wesentliche Punkte sind im nun zwischen Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Entwurf enthalten. Parallel arbeiten wir derzeit in Hessen mit allen am Gesundheitssystem Beteiligten ein hessisches Maßnahmenbündel aus. Ziel muss es dabei sein, in absehbarer Zeit für die verschiedenen Regionen Hessens mit ihren sehr unterschiedlichen Bedürfnissen aufeinander abgestimmte Maßnahmen anbieten zu können, die nach den jeweiligen regionalen Erfordernissen genutzt werden können.“

Die nun vorgestellten Eckpunkte für ein bundesweit geltendes Versorgungsgesetz sehen unter anderem eine Flexibilisierung der Bedarfsplanung vor und tragen somit einem wesentlichen Anliegen der Länder Rechnung. Bislang entsprachen die Grenzen der Planungsbereiche denen der Stadt- und Landkreise. „Dies hatte zur Folge, dass Unterschiede innerhalb der Kreise keine Beachtung fanden“, so Sozialminister Stefan Grüttner. Nach den vereinbarten Eckpunkten kann künftig der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene Planungsbereiche nach hausärztlicher, fachärztlicher und spezialisierter fachärztlicher Versorgung differenzieren.

Außerdem wird der G-BA dazu verpflichtet, den Landesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen die Möglichkeit einzuräumen, bei der Bedarfsplanung von den bundesweit geltenden Bedarfsplanungs-Richtlinien abzuweichen. „Somit erhalten die regionalen Gremien durch Gesetz den erforderlichen Gestaltungsspielraum, um die bundesweit geregelte Bedarfsplanung an den konkreten regionalen Versorgungsbedarf anzupassen“, erläuterte Grüttner. Außerdem können sich die Länder künftig besser in die Versorgungsplanung einbringen. So erhalten sie die Rechtsaufsicht über den jeweiligen Landesausschuss, der als Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung aus Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung für die Umsetzung der Bedarfsplanungs-Richtlinien sowie die daraus folgenden Konsequenzen in Bezug auf Über- und Unterversorgung zuständig ist.

Seine Beschlüsse muss der Landesausschuss künftig der jeweiligen Landesregierung vorlegen. Diese kann die Beschlüsse innerhalb einer bestimmten Frist beanstanden. Außerdem wird den Ländern das Recht der Ersatzvornahme zugestanden; das bedeutet zum Beispiel, dass das Land einen für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschluss erlassen kann, für den Fall, dass dies zuvor nicht innerhalb einer bestimmten Frist durch den Landesausschuss erfolgt ist.  „Auf diese Weise können die Länder ihre Vorstellungen einbringen und dafür Sorge tragen, dass der Landesausschuss die notwendigen Maßnahmen ergreift, um Unterversorgung zu verhindern“, so Sozialminister Grüttner.

Darüber hinaus erhalten die Länder ein Mitberatungs- und Initiativrecht in den Länderausschüssen sowie bei den Beratungen des G-BA zu Fragen der Bedarfsplanung. Hierzu werden Vertreter der Länder zu den Sitzungen des G-BA entsandt. Sozialminister Grüttner: „Die Beteiligung der Länder im G-BA ist notwendig, um eine ausreichende Auseinandersetzung und Berücksichtigung regionaler Aspekte zu gewährleisten. Es ist schlicht unmöglich, dass der G-BA die unterschiedlichen regionalen Verhältnisse in den einzelnen Bundesländern kennt und daher angemessen in seinen Richtlinien berücksichtigen kann.“

Zudem sehen die Eckpunkte für das Versorgungsgesetz eine bessere Abstimmung zwischen den betroffenen Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder in Bezug auf Selektivverträge (Versorgungsverträge zwischen einer Krankenkasse und bestimmten Leistungserbringern) und ihre Auswirkungen auf das regionale Versorgungsgeschehen vor. Darüber hinaus erhalten die Länder ein Initiativrecht, um mittels besonderer Vertrage dem Problem der Unterversorgung in betroffenen Regionen zu begegnen. Vereinbart wurde auch eine Änderung des Sozialgesetzbuchs V (Gesetzliche Krankenversicherung) dahingehend, dass die Krankenkassen zukünftig Landesbeauftragte mit Abschlussvollmacht bestellen müssen. Auf diese Weise können landesspezifische Fragestellungen unmittelbar mit den Kassen erörtert und entschieden werden.

„Zusammen mit dem ebenfalls konsentierten Maßnahmenbündel im Bereich der Aus- und Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten bilden all diese Aspekte eine gute Basis, damit den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland auch weiterhin eine qualitativ hochwertige und flächendeckende medizinische Versorgung angeboten werden kann“, sagte Grüttner abschließend. „Wenn nun die Bundesregierung auf der Basis dieser Eckpunkte zügig den Entwurf zum Versorgungsgesetz vorlegt, wird ein Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2012 am Bundesrat nicht scheitern.“

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