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Sehbehinderte testen Fußgängerquerungsanlagen der Petersberger Straße – Fazit: lebensgefährlich!

Fulda. Am 27.April führten blinde und sehbehinderte Bürgerinnen und Bürger von der „Interessengemeinschaft barrierefreies Fulda (IGbFD) e.V.“ gemeinsam mit der Bezirksgruppenleiterin Irene Kersting (blind) vom „Blinden- und Sehbehindertenbund Hessen, Bezirksgruppe Fulda/Osthessen (BSBH)“ eine Testbegehung der neu errichteten Kreuzungen und Einmündungen an der Petersberger Straße durch. Angeleitet wurden die Probanden vom Ingenieurbüro Barrierefreies Planen und Bauen Fulda durch Wendelin Mühr.

Die über dreistündige Erforschung der Querungsanlagen führten zu einem erschreckenden Ergebnis. Zwar seien taktile Orientierungshilfen mit Noppen und Rillen quer im Gehweg bis zu dem knapp 3 cm hohen Rundbordstein eingebaut, aber viele Ampelmasten ständen zu weit entfernt von den Bodenindikatoren, so dass die Drucktaster an den Masten nicht erreichbar seien und dadurch die Ungewissheit bestehe, ob an diesem Übergang überhaupt eine Signalregelung vorhanden sei. Hier bestehe die Gefahr, dass blinde Personen bei rotem Signal die Fahrbahn überqueren. „Das ist lebensgefährlich“, erklärt die Interessengemeinschaft.

Problematik Fußgängerquerungsanlagen:

„Ich finde den Signalmast nicht“, sagt Irene Kersting nach dem Betreten der Mittelinsel an der Querungsstelle Ratgarstraße. „Der Mast steht an der falschen Stelle“, so Martin Koch vom IGbFD (hochgradig sehbehindert). Diese Querungsgestaltung stößt bei allen Probanden auf Unverständnis. Martin Koch erkennt keine sichere Bordsteinführung. „Warum sind die Randeinfassungen der Rampenüberfahrt für die Rollstuhlbenutzer weiß gestaltet und die Sehbehindertenquerungen mit grauen Rundborden ausgestaltet?“, fragte er. „Und was bedeuten diese Rillen auf dem Rampenbord, die zum Teil mit Straßenschmutz belegt sind?“

„Sie sind für Rolli-Nutzer bedeutungslos“, erklärte Mühr, „sie waren vor einigen Jahren als Richtungsstreifen für blinde und sehbehinderte Menschen gedacht.“ Werner Auth vom IGbFD (sehbehindert) fragt: „Warum werden Straßenrandbausteine nicht wie am Abtstor verwendet?“ Dort befinden sich weiße tastbare Kanten für uns Sehbehinderte und einfache kurze Rampen für die Fahrenden.“ Das sind einige von vielen Fragen, die während der Begehung entstanden und von den zuständigen Ämtern beantwortet werden sollten, schreibt die IG.

Problematik Bushaltestellen:

Bereits der erste Test einer Bushaltestelle gibt Rätsel auf. „Hier ist eine Querungsstelle“, sagt Irene Kersting, „diese Noppen sind für Querungsstellen zuständig“, erzählt sie. „Aber hier liegen Rillen parallel zur Bordsteinkante“, erklärt Martin Koch, „dass ist das Einstiegsfeld einer Bushaltestelle.“ Werner Auth steht daneben und wundert sich und sagt: „Die Haltestellen Am Seeseberg haben wiederum andere Strukturen.“ Die verlegten Bodenindikatoren seien alle abweichend von den bisher bekannten Haltestellen gegenüber der Stadt und sollten unbedingt angepasst werden.

Weiterhin wurde u. a. festgestellt, die Bodenindikatoren bestehen aus überholten Strukturen mit mangelhafter Qualität, die mit dem Langstock schlecht ertastbar sind. Sie befinden sich in ungleichmäßigen Abständen zu den Signalgebern und werden auch durch Schächte unterbrochen. Über die Bodenindikatoren ist kein Unterschied zwischen einer signalisierten Querung und nicht signalisierten Querung zu erkennen. Ein visuell taktiler Trennstreifen zwischen Geh- und Radweg wurde nicht eingebaut. Die im Gehweg stehenden grauen Masten für Verkehrsschilder und Wegweiser seien gefährliche Hindernisse für die Fußgänger, besonders bei den schmalen Gehwegen.

Die IGbFD kommt zur Erkenntnis, dass die Querungsstellen nicht konsequent nach Normen und Regelwerken unter Berücksichtigung der Belange mobilitätsbehinderter Menschen umgesetzt wurden. Hier hätten Planer und Entscheidungsträger nicht im Detail genau das Fachwissen aus den technischen Regelwerken umgesetzt und der Sensibilität der Menschen mit Behinderung Rechnung getragen. In Fulda leben über 10.000 Menschen mit Behinderung, die einen barrierefreien Straßenraum erwarten.

Die IGbFD fordert einen Erfahrungsaustausch mit den zuständigen Ämtern, um die Verkehrssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger mit Behinderung an der hochfrequentierten Bundesstraße nachträglich herzustellen. Irene Kersting (BSBH) und die IGbFD empfehlen blinden und sehbehinderten Personen die Querungsstellen in der Petersberger Straße nur mit Begleitperson zu nutzen oder sie, wenn möglich zu vermeiden, solange keine baulichen Veränderungen vorgenommen wurden. Die IGbFD schlägt vor, dass die Verkehrsanlagen sowohl in der Stadt Fulda als auch in den Gemeinden Petersberg und Künzell zu einer einheitlichen selbstredenden barrierefreien Netzgestaltung für alle Fußgänger erschlossen werden sollen. Weitere Fotobeispiele vom durchgeführten Test werden in Kürze auf der Webseite www.IGbFD.de veröffentlicht.

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