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Erzieherische Maßnahmen statt Bestrafungen – Jugendhilfe im Strafverfahren berät und begleitet

Fulda. Körperverletzung, Diebstahl oder Verkehrsdelikte sind die Straftaten, die am häufigsten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen verübt werden. Sobald ein Jugendlicher strafrechtlich in Erscheinung tritt, wird er von der „Jugendhilfe im Strafverfahren“ aufgrund des bevorstehenden Verfahrens angeschrieben. In diesem Zusammenhang erhalten die jungen Menschen auch das Angebot, sich über das gerichtliche Verfahren hinaus in Fragen der Alltags- und Lebensbewältigung von den Mitarbeitern der Fachstelle begleiten und beraten zu lassen.

Foto: Max Colin Heydenreich „Dieses Angebot ist freiwillig“, unterstreicht Katja Ecker, Mitarbeiterin der Jugendhilfe im Strafverfahren, „aber ist erstmal ein Kontakt hergestellt und eine Beziehung aufgebaut, kommen viele Jugendliche auch mit anderen persönlichen Anliegen auf uns zu“. Mit den Fachkräften der Sozialarbeit und Sozialpädagogik Jürgen Brehl, Katja Ecker, Bettina Lenz, Peter Pospiech, Sylvia Ernst und der Verwaltungsfachkraft Sylvia Naß ist die gemeinsame Fachstelle für Jugendhilfe im Strafverfahren der Jugendämter des Landkreises und der Stadt Fulda breit aufgestellt und berät straffällig gewordene Jugendliche und junge Erwachsene sowie deren Eltern kostenfrei. Seit im Sommer 2008 die Jugendgerichtshilfen der Stadt und des Landkreises zusammengelegt wurden, hat die Jugendhilfe im Strafverfahren nicht nur ihren neuen Namen erhalten, sondern auch eine neue inhaltliche Ausrichtung bekommen. Es steht nicht mehr nur das Gerichtsverfahren im Mittelpunkt, sondern die erzieherische Aufgabe und die Begleitung der Betroffenen und ihrer Familien.

Die Jugendhilfe im Strafverfahren hat ihren gesetzlich fest verankerten Platz im Gerichtsverfahren, in der Regel begleitet immer ein Mitarbeiter der Jugendhilfe die Jugendlichen zur Verhandlung. „Die jungen Menschen haben das Recht auf unsere Unterstützung während des Prozesses und die Chance, sich auch darüber hinaus von uns helfen zu lassen“, fasst Sylvia Naß das Angebot zusammen. Wenn diese zusätzliche Hilfe angenommen wird, können individuell sinnvolle Maßnahmen für die Jugendlichen und Heranwachsenden gefunden und ihnen somit nachhaltig geholfen werden. Für viele Jugendliche hat dies den positiven Effekt, dass sie einen Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten erhalten und bei Bedarf an weitere Hilfsangebote wie die allgemeine Lebens-, Berufs- oder Suchtberatung weitergeleitet werden können.

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens werden die Mitarbeiter der Jugendhilfe im Strafverfahren als Vermittler zwischen den straffällig gewordenen jungen Menschen, Gericht und Staatsanwaltschaft tätig. „Wir sind nicht mit Anwälten zu verwechseln“, unterstreicht Peter Pospiech, „man kann uns höchstens als Erziehungsanwälte bezeichnen“. In dieser Funktion erstellen die Mitarbeiter der Jugendhilfe im Strafverfahren einen Bericht über die persönliche Situation der jungen Menschen, der dem Gericht vorgelegt wird, und unterbreiten Vorschläge zu erzieherischen Maßnahmen, die möglichst passgenau und vor allem sinnvoll auf den jeweiligen Jugendlichen bzw. Heranwachsenden zugeschnitten sind. Denn nicht die Strafe, sondern die erzieherischen Effekte stünden zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens im Vordergrund, wie Bettina Lenz berichtet. Deshalb stehen nicht nur die Jugendlichen, sondern auch deren Eltern im Fokus der Fachstelle. „Eine Straftat ist auch das Signal eines Jugendlichen, dass etwas schief läuft“, betont Peter Pospiech und erläutert, dass deshalb auch den Eltern Hilfs- und Beratungsangebote unterbreitet werden müssten.

Ziel der Beratung für Eltern sei es, die Kommunikation innerhalb der Familie zu verbessern und Anregungen für ein besseres familiäres Zusammenleben zu geben. „Man muss schauen, was in der Familie nicht klappt und welche neue Impulse man geben kann“, erzählt Sylvia Ernst. Auch hier kommt der Jugendhilfe im Strafverfahren eine Türöffnerfunktion zu: „Über den konkreten Straffall hinaus bieten wir bei Bedarf drei bis fünf zusätzliche Gesprächstermine an. Wenn die Probleme tiefer liegen, vermitteln wir die Familien an die entsprechenden Hilfseinrichtungen weiter.“ Häufig zeigen aber bereits einige Gespräche große Wirkung und mit der Veränderung des familiären Miteinanders wird auch die Anfälligkeit der jungen Menschen für Straftaten gesenkt.

Darüber hinaus suchen viele Eltern bei den erfahrenen Sozialarbeitern Informationen über das Strafverfahren sowie die möglichen Konsequenzen für ihre Kinder. „Wenn Jugendliche straffällig werden, dann bedeutet das noch lange nicht, dass sie nun ‚auf die schiefe Bahn’ geraten sind und sich ihr Leben verbaut haben“, weiß Jürgen Brehl. Viele Eltern müssten deshalb zunächst auch erst einmal beruhigt werden und seien erleichtert darüber, dass Delikte von ihren Kindern, die mit weniger als einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren geahndet werden, nicht ins polizeiliche Führungszeugnis eingehen. „Man will den Jugendlichen ihren Lebensweg nicht verbauen, denn etwa 95 Prozent der straffällig gewordenen Jugendlichen führen als Erwachsene ein Leben ohne Kriminalität.“

Fragen zu dem Fachdienst Jugendhilfe im Strafverfahren beantwortet Sylvia Naß, Telefon: 0661/102-19 78

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