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Katholikenrat berät über Dialogprozess und Jugendreligiosität

Fulda, Geisa, Hanau, Kassel, Marburg. Die Vollversammlung des Katholikenrates tagte am vergangenen Wochenende im Fuldaer Bonifatiushaus. Schwester Dorothee Laufenberg sprach am Freitagabend zum Dialogprozess der bundesdeutsche Kirche „im Heute glauben“. Neben verschiedenen Anträgen war am Samstag das Referat von CIG-Chefredakteur Johannes Röser „Jugend ohne Gott – Jugend mit Gott“ inhaltlicher Schwerpunkt der Veranstaltung. Für den Freitagabend hatte sich der Katholikenrat vorgenommen, der Einladung der Deutschen Bischöfe zum Dialog „im Heute glauben“ zu folgen. „Diese Selbstvergewisserung heute Abend ist für den Katholikenrat der erste Schritt in diesen Dialog“, so Richard Pfeifer bei seiner Einführung in das Thema. Das ehemalige Katholikenrats-Mitglied, die aus Fulda stammende, Steyler Missionsschwester Sr. Dorothee Laufenberg begleitete den Katholikenrat auf diesem Dialog-Weg.

In ihrem Vortrag klärte Sr. Dorothee den Dialog-Begriff, Dialog habe neben der personalen, auch eine soziale, politische und geistliche Dimension. Besonders seien im Dialog das Zuhören und Nachdenken gefragt. Ziel eines echten Dialogs sei, das Gegenüber zu verstehen. Echter Dialog ziele auf Entwicklung. Wichtiger Impuls der Bischöfe sei, bei der Dialoginitiative nicht im Innerkirchlichen stecken zu bleiben, sondern auf die Welt zuzugehen. Der von den Bischöfen angestoßene Dialog sei eine besonders anspruchsvolle Form menschlicher Kommunikation. Dialog gehöre zum Wesen menschlicher Identität und stärke die Zugehörigkeit zu einer „Verständigungsgemeinschaft“. Sr. Dorothee forderte die Katholikenratsmitglieder auf, selbstbewusst ihrer Rolle als gewählte Vertreter der Räte und Verbände gerecht zu werden. „Ihr seid die Kirche“! sagte die Referentin.

In ihrer geistlichen Besinnung über die Bergpredigt wies Sr. Dorothee darauf hin, dass alle Talente, die Christen in das Wachstum der Gemeinde vor Ort einbringen, von Gott gesegnet seien. Sr. Dorothee rief im Sinne von Alfred Delp dazu auf, dass Kirche sich – wenn sie eine Zukunft haben will – auf den Dienst am Menschen besinnen muss. Es sei notwendig, aufzubrechen und nicht zu verbürgerlichen. Nach der Eucharistie am Samstagmorgen mit Generalvikar Prof. Dr. Gerhard Stanke, sprach der Chefredakteur der Herder Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ Johannes Röser zum Thema „Jugend ohne Gott – Jugend mit Gott“. Röser gab eine Übersicht über die Ergebnisse der Shell-Studie 2010 und einer Initiative der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ (CIG), bei der mehr als 200 Schulklassen und über 3.000 Schülerinnen und Schüler Antworten und Texte einsandten.

Die öffentliche Wahrnehmung der jungen Generation, so Röser, falle durchweg positiv aus. Jugendliche werden insgesamt als pragmatisch und leistungsbereit erlebt. Bei Befragungen stehen Werte wie „gute Freunde haben“ oder „einen Partner haben, dem man vertrauen kann“ ganz oben. Diesem positiven Umfrageergebnis folge aber ein gewaltiger Einbruch auf der Werteskala. 46 % der Jugendliche kommen für sich zu dem Entschluss, dass Gottesglaube für ihr Leben unwichtig ist. Noch gravierender werde der Befund, wenn man die Gruppe der Getauften alleine anschaut. Unter den jungen Katholiken neigen bereits 56 % der Auffassung zu, dass Gottesglaube für sie weniger bis gar nicht mehr bedeutsam sei.

Vor diesem Hintergrund zeigt die CIG-Schüler-Umfrage „Was sagt mir ‚Gott’?“ einige interessante Differenzierungen. Gott sei, so Johannes Röser, für die allermeisten jungen Menschen, die an ihn glauben, wesentlich „Person“. Er sei erfahrbar – ein Du – und habe Bedeutung für das Leben. Gott werde als „Kraft“ erfahren, die spürbar ist. Er ist „Partner“. „Vertrauen“ und „Schutz“ werden zu Attributen Gottes. Gott trage positive, sympathische Züge.

Zum besonderen Kennzeichen des Glaubens Jugendlicher werden viele „Wackel“-Bekenntnisse. So äußere ein und dieselbe Person: „manchmal glaube ich, manchmal nicht“. Die Fragwürdigkeit menschlichen Lebens und die Widersprüchlichkeit der Welt werden von jungen Menschen sehr sensibel wahrgenommen. Sie erkennen die Relativität der Religion und zweifeln am Absolutheitsanspruch des Christentums. Kirchliches und gemeindliches Leben, so das Ergebnis der Umfrage, erweisen sich für die Entwicklung des Gottesglaubens junger Leute so gut wie bedeutungslos. Röser weist darauf hin, dass unter anderem das „Fehlen – gerade auch junger Kapläne, die das Lebensgefühl der jungen Leute teilen und bejahen“ … „rasch an die Substanz der Glaubensentwicklung oder eben Nicht-Entwicklung junger Leute“ gehe. Pastorales ’Business as usual’ reiche nicht mehr. „Es führt kein Weg daran vorbei: Wer die Jugend christlich gewinnen möchte, darf nicht nur missionarisch-propagandistisch Dogmatik predigen, er muss sich um sie in den Abgründen des Religiösen durch bestes und sehr viel gutes Personal sorgen, durch Seelsorgerinnen und durch Seelsorger, durch Lehrerinnen und Lehrer.“ so Röser.

Obwohl der christliche Gottesglaube letztendlich nicht von außen komme, sondern von innen wachse, verlange die religiöse Frage nach Rösers Worten „energischste kirchliche Reformanstrengungen“. Die Option für die Jugend bedeute vor allem, für die Gottesahnung Resonanzräume, Bewegungsräume zu schaffen. Dazu müsse dann aber jeder Einzelne Verantwortung wagen, heraustreten aus selbstverschuldeter religiöser Unmündigkeit, aus eigener Ignoranz und Bequemlichkeit. Zu Beginn der Tagung hatte der Vorsitzende des Katholikenrates, Richard Pfeifer, seiner Freude über den Besuch des Heiligen Vaters Benedikt XVI. Ausdruck gegeben. Er werde an den Veranstaltungen in Berlin und Freiburg teilnehmen. Den öffentlichkeitswirksamen Boykottaufruf von circa 100 Bundestagsabgeordneten bezeichnete Pfeifer als Skandal. Die Stellungnahmen und Resolutionen des Katholikenrates sind auf der Webseite des Bistums abrufbar oder per Mail erhältlich unter Katholikenrat@bistum-fulda.de.

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