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Sozialpädagogische Familienhilfe: Ein Anker nicht nur in Krisensituationen

Petersberg. Wenn Simone Ossowski morgens früh um 7 Uhr ihr Handy einschaltet, kann es sein, dass ihr Tag mit einer Krisenintervention beginnt. Denn die 42-jährige Diplom-Sozialpädagogin begleitet und unterstützt Familien, die aufgrund akuter familiärer Probleme Hilfe benötigen. Dabei ist die Krisenintervention nur ein Schwerpunkt ihrer Arbeit, der Sozialpädagogischen Familienhilfe. Diese Form der ambulanten Hilfe zur Erziehung wurde zu Beginn der 1990er Jahre im Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) verankert und bundesweit eingeführt. Sie ermöglicht unterstützende Maßnahmen für Kinder, Jugendliche und deren Eltern über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. „Im Rahmen der Sozialpädagogischen Familienhilfe stellen wir uns auf die individuellen Problemlagen der Familien ein, unterstützen sie bei der Bewältigung von Krisen, bei der Strukturierung des Alltags, beim Kontakt mit Ämtern und Institutionen oder bei der Kommunikation innerhalb der Familie und geben dabei Hilfe zur Selbsthilfe“, erläutert Simone Ossowski, die vor vier Jahren gemeinsam mit der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Heike Conrad das FIZ (Familientherapie im Zentrum) in Petersberg gegründet hat.

Foto: Max Colin Heydenreich

Als ausgebildete Systemische Familientherapeutin haben Ossowski und ihr fünfköpfiges Team aus Sozialpädagoginnen und Erzieherinnen (mit der Zusatzqualifikation des systemischen Beraters) nicht nur die Kinder, sondern die gesamte Familie im Blick. „Wir gehen häufig als Tandem in die Familie, versuchen deren Impulse und Anliegen wahrzunehmen, denn letztendlich sind die Familien unsere Auftraggeber“, betont die 42-Jährige. „Wir verstehen uns als Partner der Eltern mit dem obersten Ziel, das Kindeswohl zu sichern und zu erhalten sowie das gesamte Familiensystem zu stabilisieren.“ Ein bis zwei Mal in der Woche besuchen Simone Ossowski und ihr Team zwischen 15 und 20 Familien, darunter Alleinerziehende, Ein-, Mehrkind- oder Patchworkfamilien – „aus allen sozialen Schichten und mit Kindern von 0 bis 18 Jahren“, ergänzt die dreifache Mutter. Mit durchschnittlich 20 Stunden Besuchszeit im Monat werden sie zu ständigen Begleiterinnen und für manche Familien auch zum Anker in der Not.

Damit die Familien die Leistungen der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Anspruch nehmen können, müssen sie beim zuständigen Jugendamt einen Antrag stellen. Es folgt ein Gespräch, an dem das Jugendamt, der Träger bzw. Mitarbeiter der Sozialpädagogischen Familienhilfe und die Familie mit ihrem Kind beteiligt sind. Dabei wird die Situation der Familie thematisiert und überlegt, wie die Sozialpädagogische Familienhilfe konkret aussehen könnte. Nach dem Hilfeplangespräch entscheidet das Jugendamt, ob und in welcher Form die Sozialpädagogische Familienhilfe bewilligt wird. Ist dies der Fall startet die Kennenlernphase zwischen Familie und Sozialpädagogin und nach rund sechs bis acht Wochen werden die Zielvereinbarungen für das erste halbe Jahr getroffen. „Dabei stecken wir gemeinsam realistische Ziele und versuchen, die vielleicht noch unentdeckten Ressourcen der Familie zu aktivieren“, hebt Simone Ossowski hervor.

Die Kosten für die Sozialpädagogische Familienhilfe werden vom Jugendamt übernommen. Laut Diplom-Sozialpädagogin Edith Jordan, Leiterin des Fachdienstes Jugend, Familie, Sport, Ehrenamt, arbeiten neben dem FIZ in Petersberg derzeit weitere elf freie Träger im Auftrag der Kreisverwaltung auf dem Gebiet der Familienhilfe. Aktuell sind es etwa 120 Familien, die in der Region von ausgebildeten Sozialpädagogen unterstützt werden. „Bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe“, so Jordan, „handelt es sich um eine besonders intensive Hilfeform mit hoher Betreuungsintensität, die die Familien in ihrem gewohnten Umwelt stabilisieren kann.“ Und wenn die Betreuung nach zirka zwei Jahren endet? „Dann sollte die Familie bestenfalls so weit gestärkt und stabilisiert sein, dass sie ihre Probleme besser bewältigen und ihren Weg alleine weiter gehen kann.“ (Dorit Heydenreich)

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