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340 Schüler der Oberwaldschule Grebenhain sahen interaktive Ausstellung „Echt fair“

Vogelsbergkreis. Wie zeigt sich Gewalt? Wie geht es Betroffenen? Gibt es Hilfe? Aufklären und Ermutigen – das ist der Hauptzweck der Ausstellung „Echt fair“. Sie war in der vergangenen Woche zu Gast in der Oberwaldschule Grebenhain. 340 Schüler aus 14 Klassen der Jahrgangsstufen sechs bis acht traten mit dem schwierigen Thema im wahren Wortsinn „in Dialog“. Denn die pädagogisch bemerkenswert hochwertige Ausstellung stellt eigentlich gar nichts aus; sie ermutigt vielmehr zum aktiven Tun. Fragen werden aufgeworfen und Lösungsmöglichkeiten visuell und akustisch dargestellt.
Es ist quasi unvermeidlich, nach dem 90-minütigen Durchgang durch die sechs Stationen, nachzudenken und ins Gespräch zu kommen. Die Schülerinnen und Schüler wurden von Thomas Luft, Diplom-Sozialpädagoge im Kreisjugendamt, die ganze Woche über begleitet. Das Gesehene und Erlebte wurde gründlich ausgewertet – auch durch die Lehrerinnen und Lehrer im anschließenden Unterricht. Alle Lehrkräfte hatten sich in einer Konferenz zuvor eingehend mit der Intention der Ausstellung befasst. Das Wichtigste für Thomas Luft und für Martin Fochler, Abteilung Erziehungshilfe der Schule: Es ist ein neuer Blick auf das Thema möglich.

Netzwerk gegen Gewalt

Organisiert wurde die Ausstellung durch das Sachgebiet Jugendarbeit / Jugendbildung des Vogelsbergkreises zusammen mit der regionalen Geschäftsstelle des Netzwerks gegen Gewalt im Polizeipräsidium Osthessen. Elvira Idt, in Osthessen verantwortlich für das Netzwerk gegen Gewalt, hatte die Anregung beim Runden Tisch Gewaltschutz im Kreishaus gegeben. Und sich dann mächtig angestrengt, die stark nachgefragte Ausstellung nach Hersfeld, Fulda und jetzt in den Vogelsbergkreis nach Grebenhain zu holen.

Kreisbeigeordnete Magdalena Pitzer bedankte sich bei Schulleiterin Karla Ketz-Kohlhepp für das große Engagement, die Ausstellung pädagogisch gründlich vor- und nachzubereiten. Es gehe darum, so Frau Pitzer, Mut und Vertrauen aufzubauen, Gewalt nicht hinzunehmen und aus der Tabuzone zu holen. Sie verwies auch auf das „hervorragende Netzwerk im Vogelsberg“. Dies bestätigten auch der Leiter der Polizeidirektion Vogelsberg, Andreas Böhm, und die Vorsitzende des Kinderschutzbundes, Marianne Zimmer, während einer Bewertungsrunde in der Grebenhainer Gesamtschule.

Mit dem großen Präventionsprojekt „Rosenstraße 76“, für das Magdalena Pitzer, Gleichstellungsbeauftragte der evangelischen Kirche, hauptverantwortlich war, habe man bereits „eine Welle der Ermutigung“ erzeugen können. Das Thema werde zuverlässig weiter bearbeitet: so habe das Bündnis für Familie nun auch ein Handlungsfeld Gewaltprävention, deren Sprecherin Frau Pitzer ist. Die Leiterin des Vogelsberger Jugendamtes, Dagmar Scherer, informierte die Runde über den Start der Schulbezogenen Jugendarbeit mit einem Sozialpädagogen. Damit erhielten in wenigen Wochen die Vogelsberger Schulen einen wichtigen zuverlässigen Ansprechpartner.

Viele Kooperationspartner machten die Ausstellung möglich

„Betroffene Kinder und Jugendliche brauchen Informationen, Orientierung und Handlungsalternativen, um Schutz und Hilfe zu finden.“ Vor diesem Hintergrund freut es Frau Kreisbeigeordnete Pitzer besonders, dass eine ganze Reihe von Kooperationspartnern die Ausstellung mit begleitet haben und so ihre jeweiligen Beratungsangebote den Kindern und Jugendlichen direkt vorstellen konnten. Dazu gehören Pro Familia Alsfeld, Kinderschutzbund Schotten, Fachstelle für Suchtprävention, Das Diakonische Werk sowie der Allgemeine Soziale Dienst des Amtes für Jugend, Familie und Sport des Vogelsbergkreises.

„Ihr steht nicht alleine da“

Für die Schulpsychologin beim Staatlichen Schulamt, Ingeborg Fettig, ist es besonders wichtig, den Schülerinnen und Schülern das sichere Gefühl zu geben, dass sie – sollten sie betroffen sein – nicht alleine dastehen, dass Hilfe möglich ist. Frau Fettig lobte die Vogelsberger Schulen, die sich allesamt immer wieder mit diesem sensiblen Thema auseinandersetzten und die Oberwaldschule im Besonderen. Ob Mobbing oder häusliche Gewalt – gelingendes Lernen könne es nur in einer Atmosphäre des Respekts und der Gewaltfreiheit geben.

Aus Sicht von Kreisbeigeordneter Pitzer und Jugendamtsleiterin Scherer ist Gewaltprävention ein zentrales Anliegen in Schule und Jugendhilfe. Im Schulalltag werde Gewalt sichtbar und wirke sich oft auf das Schulleben direkt aus. Mobbing, Gewalt unter Jugendlichen, sexualisierte Sprache, grenzverletzendes Verhalten zeigten klaren Handlungsbedarf.

Neuere Forschungen zeigen, wie groß insbesondere auch der Einfluss häuslicher Gewalt auf Kinder und Jugendliche ist. Diese oft gravierenden Erfahrungen haben erhebliche negative Auswirkungen auf den Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen sowie auf deren eigene Konfliktfähigkeit, erläutert Sozialpädagoge Thomas Luft.

„Echt fair“ wurde in Berlin und Kiel geboren

„ECHT FAIR!“ wurde erstellt und konzipiert durch die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG e.V.) in Kooperation mit dem Präventionsbüro „Petze“ in Kiel. Ziele der Ausstellung sind eine größere Sensibilität im Umgang mit Konflikten und eine Stärkung der Selbst- und Handlungskompetenz von Kindern.

Die interaktive Ausstellung „ECHT FAIR!“ bietet für die Klassen 6 bis 8 sechs Lernstationen, bei denen die Schüler angeregt werden, sich erlebnisorientiert und optisch attraktiv mit allen Facetten rund um das Thema häusliche Gewalt, mit anderen Grenzverletzungen und Gewaltprävention auseinanderzusetzen.

Themen mit Kontur: „Gewaltig“, „Strittig“, „Hilfe“ …

Mit den Themenschwerpunkten „Mit Gefühl“, „Gewaltig“, „Ich & Du“, „Strittig“, „Hilfe“ und „Mit Recht“ erhalten Mädchen und Jungen Informationen zu Kinderrechten und trainieren spielerisch, wie man Gewalt frühzeitig erkennen bzw. verhindern kann und welche Hilfsangebote es in der Region gibt.

Vogelsbergkreis: keine Insel der Seligen

2009 wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Osthessen 537 Fälle häuslicher Gewalt aktenkundig, dabei wurden in 275 Fällen insgesamt 480 Minderjährige mit angetroffen.

Informationen: www.netzwerk-gegen-gewalt.de

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