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Wasserkraft und Wasserrecht – Vortrag im von-Steinrück-Haus

Poppenhausen. Auf Einladung des Biosphärenreservates referierte der Jurist Dr. Wilhelm Buerstedde über Rechtsfragen rund um die Wasserkraftnutzung. Der Einladung waren rund 70 Wasserkraftbetreiber aus der fränkischen und hessischen Rhön nach Poppenhausen in das von-Steinrück-Haus gefolgt. Zu den Gästen zählte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Hessischer Wasserkraftwerke, Björn Schöbel sowie Vorstandsmitglied Michael Leibold.

Dr. Buerstedde wählte seinen Einstieg über das 2010 neu gefasste Wasserhaushaltsrecht, dessen Zuständigkeit beim Bund liegt. Positiv wurde vermerkt, dass das Wasserhaushaltsrecht defacto Wasserkraftbetreibern eine rechtliche Absicherung bietet. So werden die Altrechte weitestgehend erhalten, wenngleich es im Interesse des Natur- und Artenschutzes Begrenzungen und Eingriffsmöglichkeiten gibt.

So finden im Wasserhaushaltsgesetz Fischschutz, Mindestwasserführung und Durchgängigkeit eine rechtliche Verankerung. Das Gesetz schreibt u. a. vor, dass Gewässer auch im Interesse Einzelner zu nutzen sind und bestehende sowie künftige Nutzungsmöglichkeiten zu erhalten oder auch zu schaffen sind. Dabei – so führt der Rechtsanwalt aus – wählte der Gesetzgeber teilweise unbestimmte Rechtsbegriffe, die aber durchaus gerichtlich überprüfbar sind.

Deutlich wird nach Auffassung des Referenten auch, dass künstliche oder erheblich veränderte Gewässer, welche insbesondere für die Gewinnung von Wasserkraft genutzt werden, nicht mit natürlichen Gewässern „über einen Kamm geschoren“ werden dürfen. Hier sieht er bei den Handreichungen, Empfehlungen und Verwaltungsvorschriften der Länder in Bezug auf die Mindestwasserführung einen erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Ein häufiger Streitfall ist die Definition der „erforderlichen Abflussmenge“. Gerade die Formulierung „erforderlich“ geht über eine rein naturwissenschaftliche Definition des Niedrigwassers hinaus und erfordert eine rechtliche Prüfung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. In seiner rechtlichen Beurteilung spricht der Rechtsanwalt deutliche Worte: „Die Wasserrahmenrichtlinien mehrerer Bundesländer berücksichtigen aktuell nicht den vom Wasserhaushaltsgesetz vorgegebenen sachgerechten Erforderlichkeitsmaßstab.“ Ein „Ausradieren“ der Wasserkraft aufgrund nicht mehr rechtskräftiger Wasserrahmenrichtlinien der Länder erscheint nach Auffassung des Rechtsanwaltes inzwischen unmöglich. Daher rechnet Dr. Buerstedde mit einer Klagewelle, sollten die Länder versuchen, massive Eingriffe in die Altrechte der Wasserkraftbetreiber vorzunehmen.

In seinem Referat greift der Referent auch die Erfordernis der „Durchgängigkeit“ von Gewässern auf. Hier hat, laut Gesetz, die Wasserbehörde Anordnungen zur Herstellung der Durchlässigkeit zu treffen, allerdings im Rahmen der Erforderlichkeit. Derzeit werden in vielen Bundesländern, u. a. auch in Hessen, Wasserkraftbetreiber angeschrieben und auf das Erfordernis der Durchgängigkeit hingewiesen. Die Länder möchten erwirken, dass auf freiwilliger Basis den Rechtsnormen des Wasserhaushaltsgesetzes Rechnung getragen wird.

Hinsichtlich des Fischschutzes wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen. Viele kleine Wasserkraftanlagen sind längst mit Fischabstiegshilfen, oder auch 15 mm-Rechen ausgestattet. In vielen Bereichen haben sich Fischtreppen und Umgehungsgerinne etabliert. Dennoch kann es auch bei modernster Technik immer wieder passieren, dass einzelne Fische zu Schaden kommen. Aber auch in diesen Fällen stellt das Wasserhaushaltsgesetz klar, dass es um den Fischschutz der ganzen Population, nicht aber um einzelne Fische geht. Eine klare Absage an die ideologischen Forderungen einzelner Fischereifunktionäre, welche die Abschaffung aller Kleinwasserkraftanlagen fordern!

Unstrittig ist, dass die Durchwanderbarkeit für wandernde Fischarten herzustellen ist, damit diese sich natürlich reproduzieren. Allerdings ist auch da einzuschränken, dass das Vorkommen entsprechender Fischarten nachweisbar sein muss. Dabei zielen die Regelungen sowohl auf den Fischaufstieg wie auf den Fischabstieg. Und hinsichtlich der Durchlässigkeit wird nicht nur an die Fische gedacht, sondern auch Kleinsttiere sollen wandern und Sedimentverschiebungen ermöglicht werden.

An dem Vortrag schloss sich eine rege Diskussion der überwiegend aus Wasserkraftbetreibern besetzten Zuhörerschaft an. Dabei wurde auch deutlich, dass es vor Ort in der Regel durchaus ein gutes Miteinander von Angelvereinen und Wasserkraftbetreibern gibt.

Gerne nutzen Angler den sauerstoffreichen Unterlauf der Mühlbäche hinter der Wasserkraftanlage oder den Staubereich am Wehr für die Ausübung ihres Hobbies. Umso befremdlicher sind die „Attacken“ verschiedener Verbandsfunktionäre aus dem Bereich der Fischerei. Für das Biosphärenreservat Rhön macht Martin Kremer deutlich, dass die heimischen Wasserkräfte im Mix der regenerativen Energien auch gerade bei der aktuell eingeleiteten Energiewende unentbehrlich sind. Als jahrhunderte alte Form der Energieerzeugung haben sie ihre Berechtigung. In Stadt und Landkreis Fulda arbeiten gegenwärtig 81 Wasserkraftanlagen mit einem Leistungsspektrum von 2 – 200 kWh.

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