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Ehemalige polnische NS-Gefangene berichteten vor Schülern des Marianums

Fulda (cif). Vier Klassen der Jahrgangsstufe Zehn des Marianums waren in der Aula der Schule zusammen gekommen, um für zwei Unterrichtsstunden an einem  außergewöhnlichen Geschichtsprojekt teilzunehmen. Sieben Seniorinnen und Senioren aus Polen, die derzeit als Gäste der Caritas zu einem Erholungsaufenthalt in Bad Salzschlirf verweilen, hatten sich bereit erklärt, den Schülern von ihren Kindheitserinnerungen an Zeiten zu berichten, die sie verständlicherweise eigentlich gerne vergessen würden: Alle aus dieser polnischen Gästegruppe waren als Kinder oder Jugendliche in den Konzentrationslagern der Nazis eingesperrt gewesen.

Nach einer kurzen Begrüßung der Gäste und Vorstellung der Schule durch den Leiter des Realschulzweiges vom Marianum, Stefan Zeier, berichteten die polnischen Senioren, in welcher Weise sie in Gefangenschaft gerieten, und unter welchen Bedingungen sie diese Zeit im Konzentrationslager überstehen mussten. Kinder gerieten oft durch Festnahme der Eltern mit in die Lager. Dort waren sie dann der Willkür des Wachpersonals ausgeliefert, das Essen reichte kaum, und die Jugendlichen mussten wie die Erwachsenen – oft sinnlose – harte Arbeiten verrichten. Eine Frau berichtete den Schülern, dass in ihrem Lager Kinder im Alter von acht, neun Jahren für medizinische Versuche ausgesondert wurden und sie – ebenfalls in diesem Alter – noch bekümmert gewesen war, dass  sie nicht dabei war. Erst später habe sie dann erfahren, dass viele Menschen durch diese medizinischen Experimente grausam verstümmelt worden waren oder gar zu Tode kamen. Einige aus der polnischen Gästegruppe hatten als Kinder ihre Eltern im Lager verloren, der jüngste war im KZ geboren worden.

Die Schülerinnen und Schüler hörten den eindrücklichen Berichten, die vom aus Polen stammenden Domküster Richard Bok immer direkt übersetzt wurden, aufmerksam zu. Anschließend stellten sie ihre Fragen. So wollte beispielsweise eine der Jugendlichen wissen, ob und wie man solche schrecklichen Erinnerungen überhaupt verarbeiten könne. Eine weitere Mitschülerin beschäftigte die Frage, wie das Verhältnis der Senioren heute zu Deutschland und den Deutschen sei. Die polnischen Gäste betonten, dass es zwar Jahre gebraucht hatte, wieder Vertrauen zu fassen. Nun aber sei man gerne in Deutschland und fühle sich wohl. „Wichtig ist“, so eine der Seniorinnen, „dass so etwas nie wieder passieren kann. Und deshalb berichten wir euch auch davon, wie das damals gewesen war!“

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