Logo

Weißes Waldvögelein und Mönchsgrasmücke – Bernhard Kastilan bewirtschaftet eine große Streuobstwiese in Elters im Einklang mit der Natur

Der Besuch der Streuobstwiese von Bernhard Kastilan in Elters ist ein faszinierendes Erlebnis, das zeigt, dass Schutz und Nutzung der Natur durchaus zusammen gehen können. Der Naturschützer aus Leidenschaft wird von seiner Frau Frieda tatkräftig, vor allem bei der Ernte und Verarbeitung des Obstes, unterstützt.  Foto: Limpert

Der Besuch der Streuobstwiese von Bernhard Kastilan in Elters ist ein faszinierendes Erlebnis, das zeigt, dass Schutz und Nutzung der Natur durchaus zusammen gehen können. Der Naturschützer aus Leidenschaft wird von seiner Frau Frieda tatkräftig, vor allem bei der Ernte und Verarbeitung des Obstes, unterstützt. Foto: Limpert

Hofbieber. Schaf-, Insekten- und Augenweide zugleich ist die Streuobstwiese der Familie Kastilan am Ortsrand von Elters: Verschiedene Orchideen wie Mannsknabenkraut oder Weißes Waldvögelein, Türkenbundlilien, Aronstab sowie weitere schöne und seltene Pflanzen blühen dort im Frühsommer unter 180 Obstbäumen. Dank der Pflanzenvielfalt leben hier zahlreiche Insekten – und dank jener wiederum viele verschiedene Vogel- und andere Tierarten.

Kurz: ein Paradies. Allerdings keins, in dem Löwe und Lämmer friedlich nebeneinander grasen, sondern eins, in dem die Nahrungskette von Fressen und gefressen Werden funktioniert. „Ausreichendes Nahrungsangebot plus passende klimatische Verhältnisse ergeben fast von allein Vielfalt“, sagt Bernhard Kastilan und zeigt auf einen kleinen Teich, den er als Vogeltränke angelegt hatte und in dem sich schnell Amphibien ansiedelten. Am Uferrand wächst die Orchidee Fuchsknabenkraut und darüber schwirrt eine Libelle. Doch ganz so einfach, wie Kastilans Gleichung aussieht, ist sie nicht. Denn auch Forscherfleiß, Geduld und der Wunsch, etwas für die Umwelt zu tun, gehören dazu.

1993 hatte der Naturfreund das fast 12.000 Quadratmeter große Grundstück erworben und überlegt, welche Bedingungen für gute Obsterträge sorgen. Die Wiese kannte er, seit er als Kind darauf Ziegen gehütet und später den Vorbesitzern bei der Ernte geholfen hatte. Um die Bestäubung zu sichern, fertigte er Hummelkästen. Doch blieb der Erfolg aus. „Wenn ich eine Hummel wäre, würde ich da auch nicht reingehen“, bekam er von einem Experten zu hören. „Also baute ich die Wohnungen größer und mit anderen Eingängen.“ An den Einfluglöchern experimentiert der 69-Jährige noch heute: „Manchmal ist es besser, den Schutz wegzulassen als eine Klappe anzubringen, an der die Pollen abgestreift werden“, meint er. Auch für die Fütterung nach der großen Mahd der Landwirte hat der Besitzer der größten Hummel-Anlage im Landkreis Fulda eine geeignete Zuckerlösungs-Mixtur gefunden.

Weitere Unterkünfte, beispielsweise für Wespen, Hornissen und Solitärbienen, folgten. „Im Winter bastele ich die Kästen, im Frühjahr hänge ich sie auf“, erzählt Kastilan. Ein Blickfang ist das große Insektenhotel, das immer wieder von Spaziergängern bewundert wird und das – laut „Türschild“ – auch an Eidechsen, Käfer und Kleinsäuger untervermietet ist.

Durch jahrelange Beobachtungen und Fachliteratur-Studien ist der ehemalige Verwaltungsangestellte inzwischen selbst zum Hummelexperten geworden, der um Rat gefragt wird. Gerne zeigt der Rentner, der unter anderem im Netzwerk Rhönbotanik, im Verein für Naturkunde Osthessen (VNO), im Vorstand der Rhöner Apfelinitiative und als Naturschützer im Rhönklub-Zweigverein Elters aktiv ist, Schulklassen und anderen Gruppen die Wiese und Hummelanlage. Über die Apfelinitiative waren sogar schon Interessierte aus den USA und Japan bei ihm, um sich anzuschauen, wie er ökologisch zertifizierte Äpfel, Mirabellen, Kirschen, Birnen und Zwetschgen im Einklang mit der Natur anbaut.

Die Schädlingsbekämpfung erledigen Florfliegen, Taghafte, Marienkäfer, Wespen und Hornissen. Gegen die Kirschfliege hat Bernhard Kastilan Fledermauskästen aufgehängt, die auch prompt bezogen wurden. Das „Mähen“ der großen Wiese übernimmt ein Schäfer mit seiner Herde. „Aber erst Ende Juni, nachdem alles zum Blühen gekommen ist und sich Fruchtstände gebildet haben“, betont der Wiesenbesitzer.

Neben Blumen finden auch Brennnesseln und Giersch ihren Platz. „Mehr als wir ernten und essen können“, scherzt Frieda Kastilan, die ihren Mann vor allem bei der anstrengenden Obsternte unterstützt. Dieser kennt sich mit den verschiedenen Apfelsorten genauso gut aus wie mit den Insekten- und Pflanzenarten.

Erd-, Baum-, Stein-, Acker-, Garten- und Wiesenhummel, Schornsteinwespe, Schornstein-Pelzbiene – irgendwann brummt dem Laien der Kopf. Dann kann es passieren, dass man bei dem Hinweis „Eine Mönchsgrasmücke!“ erst einmal nach einem Insekt Ausschau hält, auch wenn man weiß, dass die Naturbegeisterung des Eltersers auf dessen ehemaligen Lehrer Dr. Werner Sunkel zurückgeht und mit Vogelkunde begonnen hat.

Categories:

Alle Nachrichten, Topthema, Umwelt & Tourismus