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Im geschützten Raum zur Selbstständigkeit

Neben dem Haus mähen Rhönschafe, aus der Werkstatt dringen Sägegeräusche: Der Gebäudekomplex mitten im Fliedener Ortsteil Höf und Haid strahlt ländliche Alltagsnormalität aus. Doch seine Bewohner müssen sich diese Normalität für ihr eigenes Leben oft erst über lange Zeit erarbeiten. Unterstützung erhalten sie dabei vom Team der gemeinnützigen Gesellschaft WABe (Wohnen – Arbeiten – Betreuen).

32 Menschen mit psychischen Erkrankungen haben in den Einrichtungen von WABe in Höf und Haid ein Zuhause auf Zeit gefunden: 23 Erwachsene im Alter zwischen 23 und über 60 Jahren leben im sogenannten Wohnheim. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es seit Mai vergangenen Jahres eine Wohngemeinschaft (WG) mit neun Betreuungsplätzen für 18- bis 23-Jährige, die meist aus dem Landkreis Fulda kommen. Eine Außenwohngruppe in Fulda komplettiert das WABe-Angebot. „Unabhängig vom Alter des betreuten Menschen ist es unser Ziel, ihm dabei zu helfen, sein Leben weitgehend selbstständig bewältigen zu können“, erklärt Geschäftsführerin Jutta Sdrena.

Was diesen Weg erschwert sind Krankheitsbilder wie die Borderline-Persönlichkeitsstörung, Schizophrenie oder Zwangsstörungen, die zuvor meist in psychiatrisch stationären Einrichtungen behandelt wurden. „Die Jugendlichen kommen meist auch aus anderen Jugendhilfeeinrichtungen zu uns, weil sie eine Altersgrenze erreicht haben, die einen Wechsel notwendig gemacht hat“, erläutert Lutz Koch, stellvertretende Heimleitung und Verantwortlicher der Jugend-WG. Bis zum 23. Lebensjahr können die Jugendlichen in Höf und Haid im geschützten Raum ihren Weg finden und währenddessen auf eine 24-Stunden-Betreuung vertrauen: „Dann sollten sie im Idealfall auf eigenen Beinen stehen können“, sagt Lutz Koch.

Damit dies gelingen kann, setzt das 40-köpfige WABe-Team auf ein Konzept, bei dem individuelle und gemeinschaftliche Maßnahmen Hand in Hand gehen: Dazu zählen sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene verschiedene Beschäftigungsangebote auf dem Gelände der Einrichtung, wie Kunsttherapie, handwerkliches Arbeiten in der Holzwerkstatt sowie im Nutzgarten und bei der Tierversorgung. Dazu zählen aber auch gezielte Exkursionen oder die Einbindung in das Fliedener Vereinsleben. „Für die Jugendlichen ist zudem ein Schulprogramm verpflichtend, das auf Grundlage eines Einstufungstest individuell gestaltet wird – so können sie zum Beispiel ihren Hauptschulabschluss nachholen“, erklärt Lutz Koch. Und Geschäftsführerin Jutta Sdrena ergänzt: „Für die erwachsenen Bewohner gibt es ebenfalls ein, allerdings freiwilliges, Bildungsprogramm, das ein pensionierter Lehrer ehrenamtlich anbietet.“

Ein nicht weniger wichtiger Teil der Unterstützung setzt bei ganz lebenspraktischen Fragen des Alltags der Bewohner an: selbst einen Haushalt führen, selbst für regelmäßige Mahlzeiten sorgen, seine eigenen Medikamente nach Behandlungsplan einnehmen oder aber auch – gerade für die Jugendlichen – den Weg über ein Praktikum in einen Beruf finden oder eine Ausbildung fortsetzen. „Unsere Arbeit für die Jugendlichen ist sehr umfassend und erfordert einen hohen administrativen Aufwand“, fasst Lutz Koch zusammen. Um das leisten zu können, setzt WABe nicht nur auf die Kompetenzen seines 40-köpfigen Teams sondern ist selbst stark vernetzt: „Wir arbeiten eng mit dem Jugendamt des Landkreises Fulda zusammen, stehen im Kontakt mit dem Kreisjobcenter und sind in Gremien wie dem Gemeindepsychiatrischen Dienst aktiv und tauschen uns ständig aus“, sagt Geschäftsführerin Jutta Sdrena. Ob die Bemühungen für die jungen Menschen tatsächlich in ein selbstständiges Leben münden – dafür fehlt nach einem knappen Jahr seit Eröffnung der Jugend-WG noch die Erfahrung. Doch WABe arbeitet bereits seit 1987 mit psychisch erkrankten Erwachsenen. „Und von ihnen konnten schon viele ihr Leben in einer eigenen Wohnung wieder aufnehmen oder beginnen“, resümiert Jutta Sdrena.

Info
WABe Höf und Haid 
Laugendorf 9
36103 Flieden
Telefon (6661)74709-0
Fax (06661)74709-659
E-Mail info(at)wabe-wohnheim.com

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