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Rhöner Apfelinitiative kämpft um Erhalt von Streuobstwiesen

Rhön. Sie tragen gewichtige Namen wie „Minister Hammerstein“, „Geflammter Kardinal“ oder auch „Geheimrat von Breuhan“. In ihrem erlauchten Zirkel gibt es noch einen waschechten „Kaiser Wilhelm“ und – nicht zu vergessen – einen „Königlichen Kurzstiel“. Die Vielfalt an Bezeichnungen für die Äpfel auf Rhöner Streuobstwiesen ist ebenso riesig wie deren Sortenfülle. Über fünfhundert verschiedene Apfelsorten, die teilweise schon bis zu hunderfünfzig Jahre alt sind, gibt es in der Rhön. Manche aber leider nur noch in Minimalbesetzung. Und damit keine Apfelart mehr verloren geht, die Sortenanzahl vielleicht sogar noch wächst, setzt die Rhöner Apfelinitiative e.V. als größte bio-zertifizierte Streuobstinitiative Deutschlands bereits seit ihren Anfängen in 1995 alle Hebel in Bewegung, um sich im Bereich Regionalentwicklung zu engagieren und die Verbraucher zu motivieren, noch mehr regional verwurzelten Apfelsaft zu konsumieren.

„Erklärtes Ziel der Vereinsmitglieder ist es, die Apfelbauern und Landwirte mittels lohnender Ankaufspreise dazu anzuregen, sich um ihre wertvollen alten Baumbestände zu kümmern und, falls möglich, neue Apfelbäume zu pflanzen“, bringt es Vorstandsvorsitzender Jürgen Hermann Krenzer aus Ehrenberg-Seiferts auf den Punkt. Als Betreiber des dortigen Rhönschaf-Hotels „Krone“ sowie der Rhöner Schau-Kelterei mit angeschlossener Apfel-Sherry-Manufaktur weiß Krenzer, der selber Apfelbäume bewirtschaftet, um die Probleme im Apfelhandel. „Die Gastronomen brauchen tolle Produkte zu günstigen Preisen. Auch die Keltereien müssen auf den Kostenfaktor achten. Und wer eigene Äpfel anbaut, der möchte nicht nur den bestmöglichen Preis erzielen, sondern ebenso eine Abnahmestelle in nächster Nähe haben. Diese unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen, macht das Spannungsfeld unserer täglichen Arbeit mit der Ware Apfel aus.“

In sehr guten Erntejahren speisen knapp 3000 Produzenten aus Hessen, Bayern und Thüringen ihre Streuobstwiesenäpfel in das System der Rhöner Apfelinitiative ein. Die Beteiligung reicht von Zulieferern mit nur einem Obstgehölz im Garten bis hin zu jenen mit über hundert Bäumen. Die Gesamtanbaufläche beträgt dabei rund 250000 Hektar und ist somit größer als das zum Biosphärenreservat gehörende Areal. „In vielen Regionen Deutschlands werden von den Abnehmern lediglich zwischen drei und acht Euro pro Doppelzentner Äpfel gezahlt“, so der Vorsitzende.

„Doch damit lässt es sich nicht wirtschaftlich arbeiten. Auf dieser Grundlage fehlt den Bauern der Anreiz, ihren Baumbestand zu pflegen und fortzuführen. Deshalb zahlt die Apfelinitiative den Bauern 14,50 Euro für jeden Doppelzentner. Damit möchten wir unter anderem die Pflanzung von weiteren tausend Bäumen pro Jahr anregen, um so irgendwann wieder auf die Baumstückzahl zu kommen, die es früher in der Rhön gab. Denn in den 1970er und 80er Jahren gingen auch der Rhön durch eine entsprechende Empfehlung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft viele Bäume verloren, weil die Beseitigung von Apfelgehölzen honoriert wurde, um die Sortenvielzahl zu begrenzen. Das heißt, wir haben heute einerseits veraltete Bestände oder aber sehr junge Bäume, die den benötigten Ertrag noch nicht erbringen.“

Insgesamt vier Keltereien haben sich dem Verein bislang angeschlossen: Neben Jürgen H. Krenzers Schau-Kelterei auch die Kelterei Elm in Flieden, die Kuppenrhöner Kelterei „Ausbacher Roter“ in Hohenroda-Ausbach sowie die Kelterei Wolfgang Söder aus dem bayerischen Sandberg. Hinzu kommen inzwischen zahlreiche Endverbraucher, Gastronomiebetriebe und Naturschützer, die dem Unternehmen und seinen Projekten wohl gesonnen sind. Aber im Dienste einer ganzen Region dürften es durchaus noch mehr sein.

Von den Mitgliedsunternehmen werden ständig neue innovative Apfelgetränke wie etwa das Apfelbier, der Apfel-Sherry, sortenreine Apfelweine und naturtrübe Biosäfte entwickelt, um die Begeisterung der Konsumenten für die heimische Frucht zu wecken und damit auch langfristig allen mitwirkenden Apfelbauern einen fairen Lohn für ihre Mühen zahlen zu können. Für die Zukunft der Rhöner Streuobstwiesenäpfel hat Vereins-Chef Krenzer vor allem zwei Herzenswünsche: „Dass die Apfelfans verstärkt auf Getränke mit regionalem Ursprung achten und dass bald alle Rhöner Keltereien an einem Strang ziehen, wenn es um die wichtige Frage der Produktauswahl geht.“

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