Logo

Vertriebenenverbände und Landsmannschaften waren zum Neujahrsgespräch beim Hessischen Ministerpräsidenten

Foto: e.blatt
Gruppenbild nach dem Neujahrsgespräch in der Hessischen Staatskanzlei
Erste Reihe von rechts: Sozialminister Stefan Grüttner, Gudrun Osterburg, MdL a.D., Staatssekretär Prof. Dr. Alexander Lorz, BdV-Landesvorsitzender Siegbert Ortmann, Ministerpräsident Volker Bouffier, BdV-Präsidentin Erika Steinbach, MdB, Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf

Wiesbaden. „Die Unterstützung der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler ist eine Aufgabe des ganzen Landes Hessen“, sagte der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier im Rahmen des traditionellen Neujahrsgesprächs mit den Vertretern des Bundes der Vertriebenen und der Landsmannschaften in der Hessischen Staatskanzlei. An dem Gespräch nahmen auch Sozialminister Stefan Grüttner, Staatssekretär Prof. Dr. Alexander Lorz in Vertretung von Kultusministerin Nicola Beer sowie die Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, teil. Ebenso anwesend waren die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach, MdB, sowie die ehemalige Landtagsabgeordnete Gudrun Osterburg.

Ministerpräsident Volker Bouffier begrüßte die Vertreter der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler, insbesondere den BdV-Landesvorsitzenden Siegbert Ortmann, den BdV-Landesehrenvorsitzenden Alfred Herold und die BdV-Präsidentin Erika Steinbach. Er dankte der Landesbeauftragten Margarete Ziegler-Raschdorf für ihre Arbeit als offizielles Bindeglied zwischen Landesregierung und Verbänden sowie der ehemaligen Landtagsabgeordneten Gudrun Osterburg, die über viele Jahre Verantwortung getragen habe.

Gleichzeitig dankte der Ministerpräsident den Anwesenden für ihre Arbeit, die eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen Land und Verbänden sei. Bouffier erinnerte an den „Tag der Vertriebenen“ beim Hessentag, die Verleihung des Hessischen Preises „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ und den „Tag der Heimat“ des Bundes der Vertriebenen. Im vergangenen Jahr habe er beim bundesweiten „Tag der Heimat“ in Berlin gesprochen. In seinen weiteren Ausführungen ging er unter anderem auf die Lehrpläne in den Schulen ein und betonte, dass die Bildungsstandards und das Kerncurriculum im Fach Geschichte die Themen „Flucht und Vertreibung“ verbindlich festgeschrieben hätten und dies ein großer Erfolg sei.

BdV-Landesvorsitzender Siegbert Ortmann dankte dem Ministerpräsidenten für die Einladung zum schon traditionellen Gedankenaustausch und überreichte ihm den Tätigkeitsbericht für das Jahr 2012. Der Bund der Vertriebenen in Hessen sei immer bemüht, sich nach außen als relevante Gruppe darzustellen und die Tradition des Verbandes fortzuentwickeln. Hierbei erfahre der BdV Hessen breite Zustimmung, beispielsweise bei der Beschreibung der drei Standbeine zur Arbeit des Verbandes oder dem Neujahrsaufruf für das Schicksal der Russlanddeutschen und deren Geschichte. Unsere Gesellschaft lebe von der Vielfalt und sei im Zusammenleben mit Flüchtlingen und Aussiedlern gut gefahren. „Hessen ist vielen Heimatvertriebenen vor Jahrzehnten zur Heimat geworden. Diese Erfolgsgeschichte kann man auf die Spätaussiedler übertragen, in dem man den neuen Bürgern auf Augenhöhe begegnet“, stellte der BdV-Landesvorsitzende fest. Er dankte der Landesregierung für die ideelle und finanzielle Unterstützung und erklärte, dass die Gelder sparsam und zweckgebunden verwendet würden und die Arbeit des Vorstandes natürlich ehrenamtlich sei.

BdV-Präsidentin Erika Steinbach merkte an, dass sie auf Bundesebene einen sehr guten Überblick über die verschiedenen Landesregierungen habe. Sie könne sagen, dass Hessen hier vorne sei und pfleglich mit dem Bund der Vertriebenen als überparteilichem Verband und den Vertriebenen umgehe, wofür sie sich bedanke. Ministerpräsident Bouffier habe beim Tag der Heimat in Berlin bei seiner Festrede alle Anwesenden tief beeindruckt. Sie habe sich sehr gefreut, dass Hessen zur 250-Jahr-Feier des Einladungsmanifestes eigene Veranstaltungen machen wolle und regte an, eventuell eine Feier in der hessischen Landesvertretung in Berlin zu begehen. Der Bundesverband und der hessische Verband des Bundes der Vertriebenen stünden an der Seite der Russlanddeutschen, die am längsten unter der Geschichte gelitten hätten. Beim Nationalen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung habe sie sich darüber gefreut, dass Hessen diesen angestoßen habe. Es scheine so zu sein, dass Bundesinnenminister Friedrich sich nunmehr in der Angelegenheit bewege. Es dürfe aber nicht sein, dass man etwas verspreche und dann nicht halte. Über den einstimmigen Beschluss im ungarischen Parlament, einen Gedenktag zur Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn einzuführen, habe sie sich sehr gefreut.

Sozialminister Stefan Grüttner erinnerte daran, dass Hessen aus Anlass der 250-Jahr-Feier des Einladungsmanifestes Veranstaltungen unterstützen wolle und den diesjährigen Hessischen Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ mit diesem Thema versehen habe. Die Ausschreibung des Preises sei erfolgt und die Preisverleihung werde im Rahmen des Brauchtumsnachmittages des BdV Hessen am 15. Juni 2013 beim Hessentag in Kassel stattfinden. Beim Thema Nationaler Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung sei er der Landesbeauftragten Frau Ziegler-Raschdorf dankbar, die hier initiativ geworden sei. Der Sozialpolitische Ausschuss habe am 17. Januar 2013 abschließend für den Hessischen Landtag beschlossen, dass sich die Landesregierung bei der Bundesregierung dafür einsetzen soll, einen Gedenktag zu schaffen. Die Oppositionsparteien hätten dem Antrag von CDU und FDP nicht zugestimmt und auf den Volkstrauertag hingewiesen. „Dies wird der Dimension der Vertreibung und dem eigenständigen Gedenken für die Opfer von Flucht und Vertreibung nicht gerecht“, so der Sozialminister. Auf den 5. August als Termin des Gedenktages sei er persönlich und wohl auch der BdV nicht festgelegt und er könne sich auch einen anderen Tag vorstellen.

Die Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf stellte fest, dass der Nationale Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung ein großes Anliegen von ihr ist. Die politische Umsetzung müsse unbedingt noch vor der Bundestagswahl erfolgen. Mit der Gruppe der Vertriebenen im Deutschen Bundestag und Herrn Staatssekretär Dr. Bergner habe sie Kontakt in dieser Angelegenheit. Beim Thema Gedenktag seien auch junge Leute ansprechbar und im Vergleich zur eigenen Generation zeige die Enkelgeneration hier größeres Interesse. „Ich bin der festen Überzeugung, dass durch die Öffnung der Archive insbesondere in den östlichen Ländern die historische Transparenz zum Thema Flucht und Vertreibung weiter zunimmt“, so die Landesbeauftragte. Was die Spätaussiedler angehe, so habe sie mittlerweile den Eindruck, dass es leichter sei für Ausländer in die Bundesrepublik einzureisen als für Deutsche aus Russland. Die Aussiedler würden zwar mit den Ausländern in vielerlei Hinsicht „in einen Topf geworfen“, profitierten aber nicht von den mittlerweile im Hinblick auf Fachkräftemangel und demographischen Wandel erfolgte Erleichterungen für EU-Bürger. Bezüglich der neuen Härtefallregelung bei Familientrennungen nach dem Bundesvertriebenengesetz zeigte sie sich enttäuscht wegen der wenigen positiven Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes. Diese zum Teil sehr tragischen Fälle müssten noch gemeinsam gelöst werden.

Staatssekretär Prof. Dr. Alexander Lorz nannte es wichtig, die Themen Flucht und Vertreibung in der Schule zu vermitteln. So sei dies im Kerncurriculum des Faches Geschichte nunmehr festgeschrieben. Bei den Schulbüchern könne er versichern, dass die schriftlichen Eingaben an die Schulbuchverlage weitergegeben und mit ihnen besprochen würden. Das Internet würde auch in der Schule immer wichtiger. Auch mit der Lehrerhandreichung seien alle Voraussetzungen geschaffen worden, um das Thema Flucht und Vertreibung zu berücksichtigen. Allerdings müsse er auch sagen, dass es in Hessen 50.000 Lehrer gebe und man nicht in die Klassenräume reinschauen könne. Die Behandlung dieses Themas habe auch mit Engagement zu tun. Es sei eine allgemeine gesellschaftliche Aufgabe, die Aufmerksamkeit wachzuhalten und das Bewusstsein zu schärfen. Dann könne man diese Informationen in den Bildungseinrichtungen an junge Menschen weitergeben.

In der Folge machte Albina Nazarenus-Vetter Ausführungen zur Identität von jungen Russlanddeutschen und bedankte sich für die finanzielle Unterstützung der Deutschen Jugend aus Russland. Johann Thießen von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland wies auf die verschieden Veranstaltungen zum 250. Jahrestages des Einladungsmanifestes hin und bat diesbezüglich um Unterstützung.
Hartmut Saenger wies auf das Kulturportal West-Ost im Internet hin, in dem es rund 2.500 Einträge zur ostdeutschen Kultur gebe. Auch diese Adressen könnten an die Schulen weitergegeben werden. Manfred Kreuzer schlug vor, nur noch Schulbücher anzukaufen, die inhaltlich in Ordnung sind und gab dem Kultusministerium den Rat, auf die Lehrerhandreichung auch von amtlicher Seite aufmerksam zu machen. Reinfried Vogler unterstrich die Forderung, dass der Bund der Vertriebenen eine Liste brauche, welche Materialien brauchbar und gut sind. Georg Stolle machte Ausführungen zum Deutsch-Europäischen Bildungswerk in Hessen e.V. und stellte die Planungen für das Jahr 2012 vor.

Die Fragenkomplexe wurden von Ministerpräsident Volker Bouffier, Sozialminister Stefan Grüttner, Staatssekretär Prof. Dr. Alexander Lorz und der Landesbeauftragten Margarete Ziegler-Raschdorf umfassend beantwortet.

Die Landesbeauftragte zog abschließend eine positive Bilanz für das Jahr 2012 und dankte den Verbänden und Landsmannschaften für ihre Arbeit. „Auch dieses Neujahrsgespräch hat mir gezeigt, dass Heimatvertriebene und Spätaussiedler einen politischen Schwerpunkt in Hessen bilden und die Hessische Landesregierung fest an ihrer Seite steht“, so die Landesbeauftragte am Ende des Gespräches.

Categories:

Alle Nachrichten, Politik & Wirtschaft