Logo

Bündnis warnt vor Altersarmut – Diskussion mit Bundestagsabgeordneten

Fulda. Auf Einladung des osthessischen Bündnisses gegen Altersarmut diskutierten Bundestagsabgeordnete über die derzeitige Rentenpolitik und die drohende zunehmende Altersarmut. Etwa 100 Interessierte waren der Einladung in den Fuldaer Felsenkeller gefolgt und nutzten die Gelegenheit auch ihre persönlichen Eindrücke und Sorgen den Abgeordneten darzulegen.  Unter der Moderation der Journalistin Ina Rumpf, Künzell diskutierten Birgit Kömpel, Bundestagskandidatin der SPD wie die Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig, Fraktion der LINKEN und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN über die Forderungen des Bündnisses, die durch ein Impulsreferat von Tobias Weißert vom „Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne“ in deutlicher Weise dargestellt und ergänzt wurden.
Weißert skizzierte, dass seit dem „Lambsdorffpapier von 1982“ eine gravierende Fehlentwicklung in der deutschen Sozialpolitik eingesetzt habe. Mit der Kürzung des Arbeitslosengeldes, Streichungen von Sozialleistungen bis hin zur Einführung der Riesterrente habe die bis dahin für alle gültige „Soziale Marktwirtschaft“ viele ihrer sozialen Komponenten verloren und fördere als „bloße Marktwirtschaft“ den Neoliberalismus. Er forderte die Umkehr von dieser Politik unter anderem durch die Verringerung der Wochenarbeitszeit, einen Mindestlohn von 10 Euro und eine Senkung des Renteneintrittsalters auf 60 Jahre.

Mit seinen Forderungen sieht er sich auch bestätigt durch die Tatsache, dass die derzeitige Durchschnittslebensarbeitszeit 35,5 Jahre betrage. Gerade im Blick auf die von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen initiierten Zuschussrente, der ab 2018 45 Versicherungsjahre zugrunde gelegt werden sollen, sieht Weißert die politischen Aktivitäten als ungeeignet an. Selbst bei einem  Rentenniveau von 51 %, dessen Absenkung auf 43 % geplant sei, erhalten Deutsche Arbeitnehmer im Durchschnitt eine Rente von nur 798 Euro, von denen auch noch entsprechende Krankenversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen. „Altersarmut wird in Zukunft kein Randproblem bleiben sondern bittere Wirklichkeit für große Teile der Arbeitnehmer. Besonders Frauen werden noch niedrigere Renten erhalten weil inzwischen Millionen Menschen, darunter insbesondere Frauen, im Niedriglohnsektor in Mini und Midi-Jobs arbeiten“ unterstrich Weißert.

In der Diskussion waren sich die Vertreter der Parteien einig, dass dringend Regelungen umgesetzt werden müssen, die eine menschenwürdige Alterssicherung garantiere. Die Lebensarbeitsleistungen müssten eine deutlich höhere Anerkennung erfahren. Dazu gehörten einerseits Maßnahmen wie Mindestlöhne und die Einschränkung der Leiharbeit. Eine Anhebung bzw. Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze wie auch eine Pflichtversicherung für alle wird in den Parteien mit unterschiedlichen Facetten diskutiert und gefordert. Auch „Umfeldmaßnahmen“ wie die Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Wiedererhebung einer Vermögenssteuer kamen in der Diskussion zum Tragen. Die Absenkung des Renteneintrittsalters wie auch die Eckdaten für eine „Armutsfeste solidarische Mindestrente“ und deren Finanzierungsgrundlagen wurden von den Podiumsteilnehmern diskutiert. Die Bevorteilung von Arbeitgebern durch die unterschiedlichen Beitragssätze zur Rentenversicherung nach Einführung der umstrittenen Riester-Rente wurde ebenfalls in die Diskussion eingebracht.

In einer angeregten Diskussion mit den Veranstaltungsteilnehmern gingen die Politiker intensiv auf Fragen und Betroffenheiten ein. Michael Schmitt, KAB Diözesansekretär, der die Veranstaltung auch eröffnet hatte zeigte sich in seinem Schlusswort zuversichtlich, dass Kömpel, Leidig und Strengmann-Kuhn die Sorgen und Nöte der Teilnehmer verstanden und in ihr politisches Alltagsgeschäft mitnehmen würden. „Rentenpolitik darf weder ein bloßes  Zahlenspiel noch ein ´grundsatzpolitisches Gezänk´ der verschiedenen Parteien sein, sondern muss sich an einem würdigen Leben im Alter orientieren“ rief er dazu auf, wie auch in den Gründerjahren der Bundesrepublik unter dem Zeichen einer sozialen Marktwirtschaft zu einem sozialen Konsens zugunsten der Arbeitnehmer zu kommen.

Hintergrund:
Im osthessischen Bündnis gegen Altersarmut haben sich die Regionalorganisationen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der Arbeiterwohlfahrt (AWO), des VdK, der Katholischen Frauen Deutschlands (kfd), von attac und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) zusammengeschlossen. Das Bündnis will in der Öffentlichkeit auf das Problem Altersarmut aufmerksam machen und engagiert sich für den Erhalt und Ausbau der solidarischen, gesetzlichen Rentenversicherung unter geänderten gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen.

Categories:

Alle Nachrichten, Politik & Wirtschaft