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Die Kuh am Klimapranger?

Rhön. Auf Einladung des Biosphärenreservates referierte die Tierärztin Dr. Anita Idel zum Thema „Die Kuh als Klima-Killer?“ Seit vielen Jahren recherchiert die streitbare Tierärztin und Lehrbeauftragte der Universität Kassel über Zusammenhänge zwischen Grasland und großen Weidegängern. Wenig Verständnis bringt Idel auf für eine Millionen Euro schwere Forschung, die zu dem Ergebnis kommt, dass Kühe Methan freisetzen. Schließlich geben alle Lebewesen dieser Erde mehr oder minder klimaschädliche Gase in die Atmosphäre ab.

Vergessen wird bei diesen Studien, welche Bedeutung die Grasfresser für das ökologische Zusammenspiel dieser Erde haben. Ohne die großen Wiederkäuer, die den Wald zurück drängen, gäbe es kaum die großen Graslandschaften wie z.B. die nordamerikanische Prärie, die afrikanische Serengeti und die ukrainischen Schwarzerdeböden. 40 % der festen Erdoberfläche sind mit Grasland bedeckt. Aus Steppenböden entstanden im Zusammenspiel mit den Wiederkäuern die fruchtbarsten Landstriche unserer Erde. Im Ergebnis konnten vielerorts meterdicke Schwarzeerdenböden aufgebaut werden.

Saisonale langfristige Beweidung stimuliert das Wurzelwachstum der Gräser. In den Wurzeln wird CO2 eingelagert und in der Folge auch Humus aufgebaut. Dabei zeigt die Forschung, dass eine Mischbeweidung für die Humusbildung auf Dauergrünland deutlich besser ist als die sogenannte Monobeweidung mit nur einer Tierart. Die Referentin bedauert, dass die aktuelle EU-Agrarförderung solche Mischbeweidungssysteme kaum zulässt.

Auch zeigen die Forschungen laut Dr. Idel, dass das Grasland das höchste Potential auf der globalen Landfläche zur Speicherung von Kohlendioxid im Boden hat.

Aber sie macht deutlich, dass nicht jede Beweidung ihren Zweck erfüllt. Wird zu intensiv beweidet, ziehen die Pflanzen Kraft aus den Wurzeln, es kommt zu Wurzelschwund und damit mittelfristig auch zu einem Rückgang des Humus. Aus Sicht des Klimaschutzes deutlich bedenklicher ist nach Auffassung von Frau Idel der Wiesenumbruch, z.B. mit dem Ziel des anschließenden Maisanbaus. Ackerbau setzt CO2 frei und führt zu erheblichen Verlusten der biologischen Vielfalt. Die daraus folgende Freisetzung klimarelevanter Gase ist laut Dr. Idel um ein vielfaches bedenklicher als der Methanausstoß der Weidetiere. Kritik übt Dr. Idel auch an der Lehrmeinung, Kühe seien „schlechte Futterverwerter“. Der Verdauungstrakt der Kuh ist auf eine extensive Grasfütterung ausgelegt. Wird die Kuh aber mit Mais, Getreide und Kraftfutter gefüttert, dann ist sie tatsächlich ein schlechter Futterverwerter, denn dies entspricht nicht ihrer Natur.

Auch macht die Referentin deutlich, dass das in der Presse oft beschriebene „Methanproblem“ im Wesentlichen auf die stark intensivierte Rinderhaltung zurückzuführen ist. Vor 50 Jahren gab es auf der Erde schätzungsweise 750 Mio. Rinder und Büffel. Heute werden dem gegenüber 1,5 Mio. Rinder und Büffel gehalten, von denen etwa die Hälfte von den Frucht- und Getreideerträgen der Äcker ernährt wird. Eine fatale Entwicklung. Frau Idel ist sich sicher, dass bei einer artgerechten Weidehaltung unserer domestizierten Grasfresser das biologische Gleichgewicht erhalten und auch positive Beiträge zum Klimaschutz geleistet werden können.

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