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DER STURM – Das Musical für die ganze Familie

Bad Hersfeld. Die Bad Hersfelder Festspiele bieten seit drei Jahren Musicals für die ganze Familie. Das erste Musical für kleine und große Menschen ab 6 Jahre, DAS DSCHUNGELBUCH war ein riesiger Erfolg und wurde deshalb im letzten Jahr wieder aufgenommen. DAS DSCHUNGELBUCH wurde in einer eigens für die Bad Hersfelder Festspiele geschriebenen Fassung gespielt. Der Text kam von Theaterautor Gerold Theobalt, die Musik von Wolfgang Schmidtke, der auch die DSCHUNGELBAND leitete, die live seine vielfältige Musik in den Vorstellungen spielte.  Im Sommer 2013 heißt das Musical für die ganze Familie DER STURM und ist eigentlich ein Theaterstück von William Shakespeare. DER STURM gilt als sein letztes Werk. In Bad Hersfeld wird die Musicalfassung für die ganze Familie als Welturaufführung mit Livemusik auf die Bühne kommen. Den Text hat wiederum Gerold Theobalt geschrieben. Die Musik hat Wolfgang Schmidtke komponiert.  DER STURM – für Kinder ab sechs Jahre und Erwachsene und dann auch noch als Musical – wie soll das denn gehen, fragt sich mancher. Wir fragen Gerold Theobalt.

Gerold Theobalt:
Auf den ersten Blick scheint es wirklich absurd. DER STURM gilt zurecht als ein überaus komplexes Drama. Hier zieht ein Altmeister seines Faches noch einmal alle handwerklichen Register, um dem Theater Lebewohl zu sagen. Dabei fasst William Shakespeare die Summe seiner Lebenserfahrung in einer bildreichen, gleichwohl ungemein präzisen Sprache zusammen. Doch wer szenische Opulenz und überbordende Theatereffekte erwartet hätte, sieht sich getäuscht. Nur einmal – unmittelbar zu Beginn des Stückes – setzt der alte Theaterfuchs für das Publikum die ganze Bühnenmaschinerie seiner Zeit ein und entfacht eben jenen Theatersturm, aus dem sich die weitere Handlung entwickelt. Was dann folgt, sind überaus konzentrierte Dialogszenen von großer Klarheit, in denen die letzten Fragen von Schuld und Sühne, von Rache und Vergebung, von Liebe und Tod behandelt werden.

Nicht nur als Kinderstück, sehr wohl aber als Familientheater lässt sich die Geschichte der aus Mailand vertriebenen (in unserem Fall) Herzogin Prospera, die sich dank ihrer Zauberei auf eine ferne Insel rettet und dort ihre Rachepläne schmiedet, angemessen auf der Bühne erzählen. Anders als das herkömmliche Kinderstück setzt das Familientheater in seiner Erzählweise die Tradition der großen Geschichten fort, die von jeher alle Generationen in ihren Bann geschlagen haben.  Die Rezeption solcher Generationen-übergreifenden Geschichten lebt vom Gespräch – vom Phantasieaustausch zwischen Kindern und Erwachsenen. Dabei sollen durchaus auch Verständnisfragen geklärt werden. Und während die Eltern bei ihren Kindern die eine oder andere Bildungslücke schließen, bringen gerade die jüngsten Zuschauer nicht selten Details einer Inszenierung zur Sprache, die der Aufmerksamkeit der Erwachsenen vielleicht entgangen sind.

Wie macht man denn nun so ein Werk so vielen Generationen zugänglich?

GT: Wir haben viel Mühe darauf verwendet, das Stück sprachlich wie musikalisch für Kinder verständlich zu machen, ohne die inhaltliche Substanz der großen Vorlage zu beschädigen. In erster Linie ging es darum, Situationen so zu erzählen, dass sie auch für junge Zuschauer nachvollziehbar sind.

Wie im Original, liegt auch im Musical ein Akzent auf dem Verhältnis von Prospera (Maaike Schuurmans) und Miranda. Ein Beispiel: Wichtiger als das eigentliche Ereignis der Havarie ist es, zu zeigen, was der Schiffsuntergang in einem Mädchen auslöst, das Zeugin einer solchen Katastrophe wurde und dann erfahren muss, dass die eigene Mutter dafür verantwortlich ist. Überhaupt sind Miranda und Ferdinand (Julia Hell/Fabian Baumgarten), junge Menschen an der Schwelle zum Erwachsensein, bereits bei Shakespeare große Sympathieträger. Naheliegend, dass sich gerade jüngere Zuschauer mit ihnen identifizieren werden.

Mehr noch aber wird der Luftgeist Ariel (Patrizia Margaliotta) zum Komplizen des Publikums. Die in Magie erfahrene Generation der Harry-Potter-Leser wird bei ihm nicht nur musikalisch auf ihre Kosten kommen. Für Heiterkeit sorgen die beiden Trunkenbolde Stephano und Trinculo (Livio Cecini und Thomas Gimbel). Der Humanist Gonzalo (Daniel Dimitrow) hat etwas von einem gutmütigen, aber leicht weltfremden Lehrer, der in allem nur das Gute sehen will und dann unweigerlich enttäuscht wird. Und der furchterregende, mordlüsterne  Eingeborene Caliban (Stephan Ullrich) wird auch bei Kindern zumindest dann Verständnis finden, wenn er sein Los als Sklave beklagt und von Prospera zurecht seine ererbte Insel zurückfordert.

Und was sollen wir lernen?

GT: Alle Figuren des Stückes sind moralisch ambivalent: Ist Prospera als unrechtmäßig vertriebene Herzogin ein Opfer, so wird sie doch selbst zur Tyrannin gegenüber Caliban. Antonia und mit ihr König Alonso und Sebastian haben schwere Schuld auf sich geladen, als sie Prospera und Miranda gewaltsam aus Mailand vertrieben und in einem morschen Boot aussetzten. Aber war es denn nicht nötig, eine Regentin abzusetzen, die sich nur noch um Weiße Magie  (sprich: Wissenschaft) und die Erziehung ihrer Tochter kümmerte und die Regierungsgeschäfte sträflich vernachlässigte?

Mit anderen Worten: der Mensch ist für Shakespeare weder gut noch böse, sondern komplex und widersprüchlich. Und deshalb ist es im Leben auch manchmal notwendig, über den eigenen Schatten zu springen, statt unversöhnlich auf seinem Recht zu beharren, und sich mit seinen Gegnern zu versöhnen. Diese ethische Forderung des Stückes werden auch Kinder gut verstehen, erleben sie doch täglich, wie schnell man seinen besten Vorsätzen untreu wird, dass man Fehler begeht, andere verletzt oder selbst verletzt wird. Und sie begreifen, dass das nicht schlimm ist, sondern Teil des sozialen Lebens. Man sollte sich allerdings bemühen, aus seinen Fehlern zu lernen. Wie schwer das sein kann, zeigt das Stück in aller Deutlichkeit.

Doch das ist nur ein Teil der Botschaft. Darüber hinaus weckt „Der Sturm“ eine unbändige Lust, das Abenteuer des Lebens zu bestehen, sich hinauszuwagen auf das schier endlose Meer und zu fremden Völkern zu reisen, die so ganz anders leben als wir Europäer. Und er zeigt das Wunder der Liebe, das nicht nur die Liebenden selbst betrifft, sondern auf die Mitmenschen abstrahlt und die Kraft besitzt, aus erbitterten Feinden am Ende Verbündete zu machen.

DER STURM
Das Musical für die ganze Familie
Stiftsruine Bad Hersfeld
Premiere: 16. Juni 2013
Karten ab 5 Euro

Es gibt Vorstellungen am Vormittag und am Abend.
Alle Termine und Tickets unter
www.bad-hersfelder-festspiele.de
oder  in der Kartenzentrale der
63. Bad Hersfelder Festspiele
Tel.: 06621  640200

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