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Hochgefühl ganz ohne Drogen – Musikprojekt der Suchthilfe Fulda verbindet und schafft neue Perspektiven – Instrumentenspenden willkommen

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Neuhof-Giesel.. Marihuana, Opium, Heroin, Ecstasy, Crack, LSD, Pep – Marius* hat in seinem Leben kaum eine Droge ausgelassen. Seit vier Jahren ist der 34-Jährige im Substitutionsprogramm der Suchthilfe Fulda, bekommt täglich seine Dosis Methadon und verspürt keine Lust auf andere Drogen. „Ich weiß nicht, wie lange das so bleibt“, sagt er, „aber im Moment ist es so gut, dass ich nicht an andere Drogen denken muss.“ Und Marius weiß inzwischen, wie er sich das Hochgefühl oder zumindest eine gute Stimmung auf natürliche Art und Weise verschaffen kann: „Durch Gemeinschaftsaktionen wie unsere Band-Proben.“

Foto: Max Colin Heydenreich

Die Band besteht im Moment aus sechs Personen, die sich alle im Substitutionsprogramm befinden und von der Suchthilfe Fulda sowohl medizinisch als auch  psychosozial betreut werden. „Um eine ganzheitliche Betreuung zu gewährleisten, gibt es verschiedene Angebote und Projekte“, erzählt Diplom-Sozialpädagogin Michaela Kersting (Foto), Projektmanagerin bei der Suchthilfe Fulda. Eines davon ist das Musikprojekt, das im Februar dieses Jahres in Zusammenarbeit mit dem Diplom-Sozialpädagogen Thomas Schneider (Foto) gestartet wurde. Einmal in der Woche treffen sich die Bandmitglieder in den Räumen der Ergotherapie-Praxis „Kaleidoskop“ in Neuhof-Giesel, um gemeinsam Musik zu machen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Thomas Schneider leitet seit über zehn Jahren die Hausband des Fuldaer Antoniusheims und hat die neue Bandleader-Aufgabe gerne übernommen. „Musik verbindet, Musik weckt Emotionen und reicht bei den opiatabhängigen Menschen noch viel weiter. Hier geht es um Selbstwert, um die Erfahrung, etwas zu können, um die Aufarbeitung von Vergangenem oder Alltäglichem und nicht zuletzt um das Gefühl, dazu zu gehören.“ Dabei müssen die Bandmitglieder weder ein Instrument perfekt beherrschen noch professionell singen können. „Hier darf man sich ausprobieren, sich einbringen und sich öffnen“, betont der Sozialpädagoge, der die ‘Nachwuchs-Musiker‘ professionell begleitet und bislang seine eigenen Instrumente für die Proben zur Verfügung gestellt hat. „Damit es noch mehr Bandmitglieder werden können und diese auch die Möglichkeit haben, zu Hause zu üben, würden wir uns sehr über Instrumentenspenden freuen“, sagt Schneider.

Wie wichtig Projekte dieser Art sind, weiß Michaela Kersting. „Menschen, die lange Drogen genommen haben, haben die Erfahrung der Isolation und Ausgrenzung gemacht. Sie haben in einer Atmosphäre von Kampf und Lüge gelebt, sind körperlich und seelisch traumatisiert. Die meisten tun sich sehr schwer damit, Kontakte außerhalb der ‘Szene‘ zu knüpfen und in den normalen Alltag zurück zu finden. Mit unseren Projekten wollen wir eine Tagesstruktur anbieten und innerhalb einer Woche verschiedene Highlights schaffen. So wissen die Klienten, ich kann dort hinkommen, wenn ich mich einsam fühle oder vielleicht kurz vor einem Rückfall stehe.“

Marius, der erstmals im Alter von 15 Jahren mit Drogen in Berührung kam, hat einige Rückfälle erlebt. Er kann von der Straße, vom Knast, von den rauschhaften Gefühlen eines Junkies, der high ist, und den körperlichen und psychischen Schmerzen beim Entzug erzählen. „Nicht alle Junkies sind gleich, und nicht alle sind schlimm“, weiß der 34-Jährige. Doch alle wissen: Man muss wirklich richtig stark sein, um den Ausstieg zu schaffen. „Deshalb“, ergänzt Michaela Kersting, „sind eine gute, stabile Substitution und Angebote wie das Bandprojekt sehr viel wert. Die Substitution gibt Sicherheit, und die Projekte ermutigen dazu, etwas Neues zu wagen.“ Auch Marius weiß: „Wenn man zusammen musiziert, vergisst man alles und kommt so richtig gut drauf. Und das ganz ohne Drogen.“ (Dorit Heydenreich)

(*Name von der Redaktion geändert)

Info

Wer Musikinstrumente für das Projekt zur Verfügung stellen oder spenden möchte, der kann sich bei Thomas Schneider unter der Telefonnummer (0661)9427055 melden.

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