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Demenzangehörigengruppe fängt auf, informiert und gibt Kraft – Treffen jeden dritten Donnerstag im Monat

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Günther* und Maria haben sich versprochen, füreinander da zu sein – in guten und schlechten Zeiten, Gesundheit und Krankheit. Bis zum Schluss. Dass sich bei Günther zum Lebensabend eine Krankheit einstellen würde, die sein Wesen völlig verändern und einen langen Abschied auf Raten bedeuten würde, hätte Maria nicht erwartet. Sie trägt schwer an der Demenzerkrankung ihres Mannes, der wie sie sagt, früher ein „ganz Lieber war und mit der Krankheit böse geworden ist“.

Foto: Max Colin Heydenreich

Maria hat versucht, ihren Mann zu Hause zu pflegen. Irgendwann waren die eigenen Grenzen erreicht und die Kräfte erschöpft. Ihn in ein Pflegeheim „abzuschieben“, kam für sie aber nicht in Frage. „Ich will ihn nicht alleine lassen“, sagt die 83-Jährige. Seit einigen Monaten lebt sie deshalb gemeinsam mit ihrem Ehemann in einem Zweibettzimmer im Heilig Geist Seniorenzentrum in Fulda. Tag und Nacht ist sie an seiner Seite und hält ihr Versprechen. Sie selbst versucht, nicht in ein tiefes Loch zu fallen, die Krankheit nicht persönlich zu nehmen, sondern sie irgendwie zu verstehen.

Dabei hilft ihr die Demenzangehörigengruppe Fulda, die sich jeden dritten Donnerstag im Monat von 17.30 Uhr bis 19 Uhr im Heilig Geist Seniorenzentrum trifft. Zwischen sechs und zehn Angehörige kommen regelmäßig in die Gruppe, die seit 14 Jahren von Diplom-Sozialarbeiter Martin Kersting und Ottmar Klüber, Pflegedienstleiter des Heilig Geist, auf ehrenamtlicher Basis moderiert und begleitet wird. „Hier können die Angehörigen alles aussprechen, was sie belastet, und sich auf einer Ebene unterhalten, auf der sie auch verstanden werden“, weiß Kersting.

Ottmar Klüber ergänzt. „Die Angehörigen machen emotionale Grenzerfahrungen. Sie bewegen sich zwischen Liebe, Mitleid, Zorn und Wut hin und her. Viele haben ein schlechtes Gewissen, fühlen sich schuldig und hier in der Gruppe erfahren sie, dass diese Gefühle ganz normal sind.“

Die emotionalen Achterbahnfahrten kann Erwin, der seit drei Jahren in die Gruppe kommt und seine demenzkranke Frau seit sechs Jahren zu Hause pflegt, bestätigen. „Manchmal ist es unendlich schwer und nicht zum Aushalten. Wenn ich nicht so einen Humor hätte, dann wäre ich schon kaputt“, sagt der 87-Jährige. Warum Erwin in die Gruppe kommt? „Weil ich hier reden kann, wie ich denke. Und wenn ich wieder gehe, dann fühle ich mich erleichtert.“ Nicht alleine zu bleiben mit der Demenzerkrankung des Ehepartners oder des Elternteils, sei unendlich wichtig. Angehörige müssten sich ihre Inseln schaffen, um nicht irgendwann „auf dem Zahnfleisch“ zu gehen – das wissen alle Beteiligten.

In der Gruppe geht es aber nicht nur um den Austausch persönlicher Erfahrungen und Gefühle, sondern auch um Hintergrundinformationen und praktische Hilfen. So hat Ottmar Klüber, der  beim letzten Gruppentreffen in den Ruhestand verabschiedet wurde, mit seinem Wissen aus Medizin und Pflege die Gruppe von Anfang an bereichert. In Zukunft wird  Mechthild Hecker, die selbst einen  demenzkranken Vater hat, die Co-Leitung und Moderation der Gruppe übernehmen. Pflegedienstleiter des Seniorenzentrums wird Daniel Funke.

Die Gruppe wünscht sich übrigens noch deutlich mehr Mitstreiter wie in früheren Jahren und ermutigt betroffene Angehörige zu den Treffen zu kommen. (Dorit Heydenreich)

*Name von der Redaktion geändert

Kontakt

Heilig Geist Seniorenzentrum, Herr Funke, Telefon (0661)843280 oder 843260, daniel.funke@klinikum-fulda.de

Foto: Ottmar Klüber (2.v.li) hat die Demenzangehörigengruppe seit 14 Jahren begleitet und wurde beim letzten Treffen in den Ruhestand verabschiedet. Mechthild Hecker unterstützt Martin Kerstin (li.) künftig bei der Leitung und Moderation der Gruppe. Daniel Funke (re.) ist neuer Pflegedienstleiter im Heilig Geist Seniorenzentrum.

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