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Tagesmütter: Früher belächelt – heute anerkannt Kindertagespflege ist Beruf und Berufung gleichermaßen – Landkreis qualifiziert und vermittelt

301-Tagesmuetter

Hünfeld/Petersberg. „Das kann doch jeder! Zu Hause auf ein Kind aufpassen, was soll daran so schwierig sein?“ Die geringschätzigen Worte aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis klingen Birgit Kircher noch heute in den Ohren. Als sie vor 23 Jahren das erste Mal stundenweise ein fremdes Kind in ihren eigenen vier Wänden betreute, konnte man mit dem Begriff „Tagesmutter“ in der Öffentlichkeit nämlich noch nicht viel anfangen.

Foto: Max Colin Heydenreich

„Ich wurde belächelt und nicht ernst genommen. Das hat mich sehr traurig gemacht“, erinnert sich die 50-Jährige, „denn für mich war das richtige Arbeit.“ Ihre Tätigkeit als Job oder gar Beruf zu bezeichnen, wäre der gelernten Konditoreifachverkäuferin damals nicht in den Sinn gekommen. Heute hängt im Haus der zweifachen Mutter, die in Hünfeld-Roßbach lebt, das „Tagesmutter-Zertifikat“. Von montags bis freitags, von 8 bis 17 Uhr, kommen vier Kinder zwischen null und drei Jahren zu ihr und werden liebevoll betreut.

Ganz ähnliche Erfahrungen hat auch Iris Wilhelmy gemacht, die in Petersberg lebt und ebenfalls zu den Tagesmüttern der ersten Stunde gehört. Im Jahr 1990 hat Wilhelmy sporadisch mit der Kinderbetreuung angefangen. Damals passte sie auf das Kind einer Bekannten auf und wurde ebenfalls belächelt. „Ich wurde oft gefragt, ob ich immer noch den Babysitter machen würde. Dass da viel mehr dahinter steckt“, sagt die 49-Jährige, „war den Leuten überhaupt nicht bewusst.“

Die öffentliche Wahrnehmung der Kindertagespflege änderte sich erst Mitte der 2000er Jahre. Am 1. Januar 2005 trat das Tagesbetreuungsausbaugesetz in Kraft, das den qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Kindertagespflege und die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe zum Ziel hatte. Beim Jugendamt des Landkreises Fulda wurde damals eine eigene Fachstelle eingerichtet, deren Aufgaben unter anderem die Qualifizierung und Vermittlung der Kindertagespflegepersonen, deren Beratung und Begleitung sind.

„In den letzten acht Jahren hat sich in der Kindertagespflege sehr viel getan“, weiß Elke Krack-Drinnenberg, Mitarbeiterin der Fachstelle. Sei es die Qualifizierung oder Weiterbildung der Kindertagespflegepersonen, die finanzielle Gleichstellung von Kindertagespflege und Kindertageseinrichtung, die Vernetzung der Kindertagespflegepersonen untereinander, beispielsweise über Vereinsarbeit, oder die öffentliche Wahrnehmung. Belächelt wird in diesen Zeiten wohl niemand mehr. Im Gegenteil: „Heute sind Tagesmütter und -väter in der Gesellschaft akzeptiert und nicht mehr wegzudenken“, ergänzt Kerstin Hohmann, Mitarbeiterin der Fachstelle. Laut Krack-Drinnenberg gab es im Jahr 2005 lediglich 30 Tagesmütter im Landkreis Fulda. Mittlerweile ist die Zahl auf 162 gestiegen.

Eine von ihnen ist Angela Dücker aus Hünfeld-Mackenzell. Die 35-Jährige ist gelernte Rechtsanwalt- und Notargehilfin. Sie hat einen vierjährigen Sohn und ist über die zeitweise Betreuung der Tochter einer Freundin auf den Gedanken gekommen, ein neues Berufsfeld für sich zu erschließen. Im Januar 2011 absolvierte sie die Qualifizierung zur Tagesmutter. Aktuell  betreut sie vier Kinder an drei Tagen in der Woche. „Die Resonanz aus meinem Umfeld war und ist durchweg positiv. Für mich hat sich eine ganz neue Welt aufgetan. Die Kinder zu begleiten und in ihrer Entwicklung zu sehen, ist sehr erfüllend für mich. Eine Rückkehr in meinen alten Beruf kann ich mir gar nicht mehr vorstellen.“

Ganz ähnlich empfindet das Iris Wilhelmy: „Es war eigentlich immer mein Herzenswunsch, Erzieherin zu werden. Heute bin ich glücklich, dass ich den Beruf als Tagesmutter ausüben kann und jeden Tag die Chance habe, die Welt durch die Augen der Kleinen zu sehen.“  Und Birgit Kircher bringt es noch mal kurz und knapp auf den Punkt:  „Dieser Beruf ist für mich das Schönste. Ich mache das so lange, bis ich in Rente gehe.“ (Dorit Heydenreich)

Kontakt

Telefonische Auskünfte zum Thema Kindertagespflege erteilen beim Landkreis Fulda Elke Krack-Drinnenberg, Telefon (06652)181-66, und Kerstin Hohmann, Telefon (0661)6006-328. Ansprechpartner bei der Stadt Fulda sind Christiane Becker-Ott, Telefon (0661)102-1960, und Falko Jana, Telefon (0661)102-1929. Der Verein Tages-Eltern-Fulda e.V. (TEF) hat seine Geschäftsstelle in der Kanalstraße 52, 36037 Fulda. Die Telefonnummer ist (0661)5005193. Die Öffnungszeiten: Montag 9 bis 12 Uhr und Donnerstag 15 bis 17 Uhr.

Info

Der nächste Qualifizierungskurs zur/zum Tagesmutter/-vater startet nach den Sommerferien.
Sie können Kindertagespflegeperson werden, wenn

– Sie Freude am Umgang mit Kindern haben
– Ihnen die Entwicklung, Förderung und Bildung von Kindern am Herzen liegt
– Sie Kindern eine liebevolle, wertschätzende und familiäre Atmosphäre bieten können
– Verantwortung zu übernehmen für Sie eine Selbstverständlichkeit ist und Sie an pädagogischen Themen interessiert sind
– Zusammenarbeit mit den Eltern der Tageskinder und den Mitarbeitern der Fachstelle für Sie dazu gehören
– Sie für einen Austausch mit anderen Tagesmüttern und Tagesvätern offen sind

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