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Jugendstilhaus am Anger in Rasdorf erstrahlt in neuem Glanz

Jugendstilhaus Rasdorf 1Rasdorf. Zu einem Schmuckstück ist das durch Martin und Elke Henkel aus Rasdorf erworbene und grundlegend sanierte ehemalige Kaufhaus Kiel geworden. Im Jahr 2009 kauften die Nachbarn das denkmalgeschützte Jugendstilhaus von den Erben der im Jahr zuvor verstorbenen letzten Besitzerin Rosemarie Kiel. Diese musste im Jahr 2002 das einstmals florierende Kaufhaus aus betriebswirtschaftlichen und Altersgründen aufgeben.

Das heutige Grundstück bestand um 1730 aus zwei Hofreiten, die von den Familien Johann Heim und Georg Wiegand bewohnt wurden, wie im Rasdorfer Geschichtsblatt aus dem Jahr 1999 zu lesen ist. Nachdem das von Familie Heim bewohnte Grundstück zum Ende des 18. Jahrhunderts „wüst“ geworden war, erwarb es Familie Wiegand hinzu. Im Nachbarhaus, das heute der Familie Hermann Weber gehört, lebte zur damaligen Zeit Johannes Kiel, der aus Geismar nach Rasdorf zugezogen war. Aus diesem Haus stammte Kaufmann J.A. Kiel, der Eigentümer wurde, wie aus dem Brandgeschädigtenverzeichnis des Großbrandes von 1873 hervorgeht. Er hatte das Gebäude wohl schon im Jahre 1863 zu einem Handels- und Kaufhaus ausgebaut, in dessen linksseitigem Teil sich der Kaufmannsladen befand. Weiter Anbauten kamen Ende des 19. Jahrhunderts hinzu. Mit dem Einbau einer großen Schaufensterfront erhielt das Wohn- und Geschäftshaus der Familie Kiel sein Aussehen, wie es dann von Familie Henkel erworben wurde.

Bekannt im Volksmund als „Kiels“ war es ein wichtiger Knotenpunkt für Rasdorf und Umgebung, weil es dort fast alles zu kaufen gab, was die Landbevölkerung benötigte. So berichtet das Rasdorfer Geschichtsblatt, dass Düngemittel, Eisenwaren, landwirtschaftliche und handwerkliche Werkzeuge, Öfen und Herde, Haushaltswaren und Lebensmittel  und sogar „Stoffe  für die Sonntagsanzüge der Männer“ dort zu erhalten waren. Mit der Anschaffung eines Lastkraftwagens zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Warenumsatz weiter gesteigert.

Hinzu kam, dass das Kaufhaus Kiel mit Pferdefuhrwerken ihre Waren bis in die Hohe Rhön lieferte. Der Einfluss der Kaufmannsfamilie war so groß, dass sie sogar verhindert haben soll, dass die Trassenführung der Eisenbahn mit einer Anbindung von Rasdorf zustande kam. Auch die Schulkinder schätzten diesen Ort, konnte man doch schnell in der Pause zu Kiels rennen, um sich etwas zu essen oder „Schnupp“ (Süßigkeiten) zu kaufen. Mit der Schließung des Geschäfts und dem Tod von Rosemarie Kiel begann eine vorerst ungewisse Zukunft für Haus und Anwesen.

Als Elke und Martin Henkel Haus und Grundstück kauften, war zunächst ein größerer Umbau nicht geplant. Renoviert werden sollte, was renovierungsbedürftig geworden war. Das waren Teile der Außenwände und der auffallende überdachte Balkon. Doch ihr Onkel, der inzwischen verstorbene Architekt Adolf Henkel, erkannte den Wert des Gebäudes und überzeugte die neuen Besitzer an, das denkmalgeschützte Haus grundlegend zu sanieren. Mit der Trattoria Il Calabrese wurde ein geeignete Verwendung gefunden. Mit diesem konkreten Verwendungszweck vor Augen gingen Elke und Martin Henkel an die Planung. Diplom-Ingenieurin Eva Kohlmann von der Denkmalpflege des Landkreises Fulda sagte Beratung und Unterstützung zu und stellte einen Zuschuss zu den Sanierungskosten in Aussicht.

Mit Hochdruck und viel Eigeninitiative machten sich Henkels ans Werk. Geschwister, Schwäger und Eltern packten mit, da große Teile des Inneren entkernt, Decken herausgenommen, Fußböden abgeschliffen und insbesondere der auffallende überdachte Balkon erneuert werden mussten. Die schmucken Stuckelemente der Außenfassade wurden in Abstimmung mit der Denkmalpflege originalgetreu erhalten, die Fassade nach historischem Vorbild saniert und neue Fenster eingesetzt. Auch der Innenhof bekam ein dazu passendes neues Gesicht und strahlt mit seiner Terrasse und den Stahlelementen heute viel Atmosphäre aus. Es sei eine Menge Arbeit gewesen, und so manches Mal habe man sich richtig motivieren müssen, um weiter zu machen, berichtet Elke Henkel.

Heute sind Elke und Martin Henkel darauf, das einstige wichtige Handels- und Kaufhaus aus der Jugendstilzeit erhalten zu haben. Es stellt mit seinem gut besuchten Restaurant und den Wohnungen ein hervorragendes Beispiel für eine fachgerechte denkmalschutzorientierte Sanierung und eine sinnvolle Nutzung dar.

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