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Therapeutisches Klettern fördert Beweglichkeit und stärkt Selbstbewusstsein – Krankengymnastik mit hohem Spaßfaktor

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Fulda. Im Keller des Medicum im Münsterfeld befindet sich eine Geheimwaffe. Sie ist neun Meter breit, sechs Meter hoch und therapeutischer Art. Für das Team der Physiotherapie-Praxis Meissner-Helmkamp-Lindemann ist sie oft der Joker im Behandlungsplan: die Kletterwand, die nicht nur Sportlerherzen höher schlagen lässt, sondern auch viele Patienten dazu motiviert, über sich hinaus zu wachsen.

Foto: Max Colin Heydenreich

„Für uns ist die Kletterwand ein Medium“, sagt Physiotherapeut Andreas Helmkamp. „Denn über Klettertechniken können wir mit Freude und Spaß die Bewegung fördern und die Patienten ganz leicht motivieren.“ Therapeutisches Klettern nennt sich diese vergleichsweise junge Methode, die vor gut 20 Jahren erstmals in Deutschland angewandt und von Andreas Helmkamp und dessen Praxispartner mit entwickelt wurde. Sie verknüpft nach Angaben des 55-jährigen Physiotherapeuten sportwissenschaftliche und therapeutische Ansätze so geschickt, dass Kraft und Beweglichkeit, Kondition, Konzentration, Körperhaltung und Stabilität quasi „automatisch“ und mit erheblichem Spaßfaktor gefördert werden.

Obwohl es bislang wenige wissenschaftliche Arbeiten zum Therapieeffekt des Kletterns gibt, ist Helmkamp nach zwei Jahrzehnten Praxiserfahrung von dieser besonderen Form der Krankengymnastik überzeugt. „Wir haben Patienten, die kaum richtig laufen können, aber an der Kletterwand gute Erfolge zeigen. Das motiviert natürlich Patient und Therapeut gleichermaßen.“

An die Kletterwand gehen in erster Linie Patienten mit Haltungsschäden oder Bewegungseinschränkungen, Bänder- oder Gelenkverletzungen. Auch bei Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben oder an Multipler Sklerose erkrankt sind, wird das therapeutische Klettern eingesetzt, um die Wahrnehmung zu schulen und die Koordinationsfähigkeit zu verbessern. Nicht zu vergessen: Die Kinder mit ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) oder ADHS (Hyperaktivitätssyndrom), die vom therapeutisch angeleiteten Klettern profitieren können. Denn die Kletter-Therapie greift laut Helmkamp auf verschiedenen Ebenen.

Zum einen würden Bewegungsmuster angereizt und die Sinne geschärft, zum anderen diene die Therapie dazu, eigene Grenzen auszutesten, über sich hinaus zu wachsen und das Selbstbewusstsein zu stärken. Verständlich, dass man nicht nur jüngere Patienten, sondern auch Erwachsene und Senioren für diese Art der Krankengymnastik gewinnen kann.

Seit einigen Jahren bildet Andreas Helmkamp auch im therapeutischen Klettern aus. „Die Ausbildung, für die ein Curriculum entwickelt wurde, umfasst 18 Unterrichtseinheiten“, berichtet der Physiotherapeut. „Vermittelt werden beispielsweise sämtliche klettertechnischen Dinge wie das Sichern oder die Vorbereitung auf das Klettern und natürlich die verschiedenen Möglichkeiten, wie das Klettern ins Therapeutische übertragen werden kann.“ Mit seiner Begeisterung für das therapeutische Klettern, hat Helmkamp, der selbst seit über 30 Jahren im Klettersport aktiv ist, jedenfalls schon viele Kollegen und Mitarbeiter angesteckt. Allein in der Praxis Meissner-Helmkamp-Lindemann gibt es fünf Therapeuten, die mit ihren Patienten regelmäßig in den Keller gehen und den Joker ziehen. (Dorit Heydenreich)

 

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