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Familie Rhein-Morbe baut altes Bauerngut aus dem 17. Jahrhundert in ursprünglichen Zustand zurück

480-Fachwerk Hosenfeld

Hosenfeld. Ein wunderschönes Anwesen –   zu diesem Urteil kämen die meisten Betrachter des 350 Jahre alten, denkmalgeschützten Fachwerkhauses in der Gemarkung Hosenfeld vermutlich. Doch der Besitzerfamilie geht es um mehr als um äußere Schönheit. Sie möchte die fast vollständig erhaltene Bausubstanz aus Eichenholz, Lehm und Sandsteinen sichern und verbessern. Modernisierungen sollen sich harmonisch darstellen.

Engagement und professionelle Beratung  der Denkmalpflege des Landkreises  Fulda sowie die Unterstützung von Helmut Vogler vom Fachdienst Dorferneuerung und ländliche Entwicklung der Kreisverwaltung haben dazu beigetragen, dass sie dem Ziel ein gutes Stück näher gekommen sind.

Wenn Familie Rhein-Morbe von der Geschichte ihres Hauses erzählt, fallen auch selbstkritische Worte: „Jede Generation hat hier ihre Bausünden hinterlassen“, urteilt Stefan Rhein-Morbe mit Ernst, aber nicht ohne ein Augenzwinkern. Denn das Haus, das als Bauerngut um das Jahr 1680 errichtet wurde, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich und befindet sich bereits seit 50 Jahren in Familienbesitz. Seine Eltern haben hier eine Zeit lang gelebt und das meiste zu der heutigen Atmosphäre beigetragen. In den 1970er und 1980er Jahren wurde mit regionalen Handwerkern grundlegend saniert, renoviert und modernisiert.

Doch trotz der fachlichen Begleitung der damaligen Denkmalschutzbehörden, erzählt Rhein-Morbe, konnten die aus heutiger Sicht gemachten Fehler und falsch eingesetzte Baumaterialien der beauftragten Handwerksbetriebe nicht vermieden werden: „Heute würde man zum Beispiel einen völlig anderen Verputz auftragen und die Fugen zwischen Lehmausfachung und Eichenfachwerk so ausgestalten, dass eingedrungene Feuchtigkeit auch wieder von selbst austreten und verdunsten kann.“ Damals handelte man anders.

„Von außen sieht das sehr schön aus, die Schäden nimmt man nur aus der Nähe wahr“, sagt Rhein-Morbe. Diese aufzuhalten, das ist das Anliegen der heutigen Besitzer, die selbst in dem Gebäude leben: „Meine Frau und ich haben ein Faible dafür, das Haus möglichst in einen originalgetreu angenäherten Zustand zurückzubauen, die Substanz so zu erhalten und denkmalschutzgerecht zu sanieren“, erläutert er und fügt an: „Um den Erhalt wirklich zu gewährleisten, müsste man das Fachwerk am besten komplett verschindeln, so wie es im 19. Jahrhundert auch üblich war.“

Doch diese Arbeiten hatten in dem zweigeschossigen Haus mit einer Gesamtfläche von zirka 240 Quadratmetern nicht die oberste Priorität. Stattdessen widmete sich die Familie dem Gebäude zunächst im wahrsten Sinne des Wortes von Grund auf: Die Sanierung begann im Keller, wo sie bereits auf Puzzlesteine zur Hausgeschichte stießen. Dort entdeckten sie einen zugeschütteten Oberflächenbrunnen, neben dem ein schon bei der Grundsteinlegung eingebauter, runder Sandsteintrog stand – vermutlich diente er der Aufbewahrung von Trinkwasser.

Beim Ausgraben dieses Brunnens sowie bei Grabungen hinter dem Haus im vergangenen Jahr unter Leitung des Kreisarchäologen Dr. Frank Verse wurden Verhüttungsschlacke, viele Scherben von „Gieseler Keramik“ sowie ein sogenannter „Grenzzeuge“ der Gemarkung Hosenfeld gefunden, erzählt Rhein-Morbe. Sie deuten auf eine bis ins Mittelalter zurückreichende „gewerbliche“ Nutzung des Grundstücks hin.  Wie bei denkmalgeschützten Häusern üblich, wurde auch von diesem Haus ein dendrochronologisches Gutachten erstellt. Es datiert das untersuchte, zum Bau verwandte Holz etwa auf das Jahr 1673, wobei nicht zwingend das älteste Holz geprüft wurde.

Damit die Geschichte des Hauses auch noch weit in die Zukunft fortgeschrieben werden kann, galt eine der Hauptsanierungsarbeiten dem Erhalt der noch fast vollständig vorhandenen, original Lehmausfachungen des Hauses: „Wir haben unter anderem den gesamten Wandaufbau im Innenbereich mit einer speziellen Lehm-Schaumglasmischung in der Dicke verstärkt und in diese Flächen eine wasserführende Wandheizung eingebaut, die vom Lehmputz komplett verdeckt wird“, erklärt Rhein-Morbe. „Diese Strahlungsheizung mit ‚Kachelofeneffekt‘ wurde direkt und ohne weitere Isolierung in die Wände verlegt, um sie auch nach außen hin trockener zu halten“, erläutert der Hausbesitzer, der dieses System gemeinsam mit seiner Frau, die Architektin ist, entwickelt und umgesetzt hat.

Technisch ist das Haus für die Zukunft gewappnet: „Wir haben eine Wärmepumpe mit einer Festbrennstoffheizung kombiniert“, sagt Rhein-Morbe. Vor rund zwei Jahren wurde das Dach erneuert – hier verbirgt sich ein weiterer bauhistorischer Schatz: ein aufwendig gezimmerter „Liegender Kehlbalken-Dachstuhl aus massiver Eiche“. Im vergangenen Jahr wurden vor der barocken Eingangstür die alten original Sandstein-Pflastersteine von einer Betonplatte befreit. Behutsam wurde nach und nach auch der Innenausbau begonnen und bewusst zeitlos ausgeführt. Dabei wurden Materialien gewählt, die schon seit Jahrhunderten im Haus zu finden waren, wie Sandsteine, Eichendielen, handwerklich hergestellte Kassettentüren und Solnhofer-Steinfließen. „Es ist noch viel zu tun, aber Sanierungsarbeiten, denen die Ideen der Denkmalpflege und des Erhalts von Kulturgütern zu Grunde liegen, , brauchen handwerkliches Können und Zeit“, wirft Rhein-Morbe einen Blick in die Zukunft.

Die Denkmaltopographie des Landkreises Fulda beschreibt die Besonderheiten des Eichenfachwerks folgendermaßen: „Vor allem die nördliche Giebelseite weist interessantes Fachwerk auf: Das Obergeschoss sowie das Giebeldreieck sind hier mit Mannfiguren aus gebogenen Fußstreben, Sporen und Halsriegeln versehen. Erst im Inneren wird auch die außergewöhnliche Zimmermeisterkunst deutlich. Das Dach wird von einem Liegenden Kehlbalken-Dachstuhl aus massiver Eiche getragen. Er kommt durch ausgeklügelte Statik völlig ohne Stützen aus.“

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