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Landesregierung will fairen Ausgleich zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft

Kreislandwirt Norbert Reinhardt dankt Dr. Anna Runzheimer für aktuelle Informationen aus der hessischen Agrarpolitik.

Kreislandwirt Norbert Reinhardt dankt Dr. Anna Runzheimer für aktuelle Informationen aus der hessischen Agrarpolitik.

Vogelsbergkreis. „Bei der Bundestagswahl und der Landtagswahl in Hessen sind die Bauern zum politischen Spielball missbraucht worden“,  so Kreislandwirt Norbert Reinhardt am Samstagvormittag bei der Ortslandwirteversammlung im Hotel „Zur Schmiede“ im Alsfelder Stadtteil Eudorf. Er betonte, dass die Fragestellung an das Wahlvolk: „Welche Landwirtschaft wollen wir in Deutschland?“ zu einfach sei. Von verantwortungsvollen Volksvertretern müsse man erwarten, dass sie den Wählern auch die Ist-Situation erklärten. So habe man die Märkte über die Köpfe der Bauern hinweg liberalisiert und dadurch sei ein internationaler Konkurrenzdruck entstanden. „Wer für Wettbewerbsdruck sorgt, der muss selbstverständlich auch einen Strukturwandel in der Landwirtschaft in Kauf nehmen“, so der Kreislandwirt. Wer an unbedarfte Verbraucher die Frage stelle: „Welche Landwirtschaft brauchen wir?“, der dürfe aber auch nicht verheimlichen, dass eine „Ponyhoflandwirtschaft“ die mit Blümchen garniert ist, viel staatlichen Schutz brauche. Und wer glaube, den einen Bauern was abnehmen zu können, um die anderen zu unterstützen, werde recht schnell das ökonomische Aus eines ganzen Berufsstandes erleben.
 
Ganzer Berufsstand im Wahlkampf diffamiert

Scharfe Worte richtete er an die verantwortungslosen Polit- und Verbandsapparatschiks, die der Bevölkerung ein Bild über die Landwirtschaft aufgezeigt hätten, das man als Landwirt schon nicht mehr als Tiefschlag bezeichnen könne. Ohne Hemmungen hätten dreiste Stimmviehjäger und Spendensammler in der Öffentlichkeit die Bauern als professionelle Tierquäler, Massentierhalter, Qualzüchter, Umweltzerstörer und Grundwasservergifter dargestellt. Wer so einen ganzen Berufsstand diffamiere, den könne man als einen „Gesellschaftspolitischen Brandstifter“ bezeichnen. Als Gipfel der Entgleisungen nannte er ein Video des BUND, in dem auf widerwärtige Weise, Kinder auf Feldern von Bauern totgespritzt werden. „Zeitgenossen, die solche Bilder ins Netz  stellen und noch auf Beifall hoffen, darf man getrost als Hassprediger bezeichnen“, so Reinhardt.

Er rief den Berufsstand auf, den Verbraucher mehr über die Landwirtschaft insgesamt aufzuklären. Ein gutes Beispiel sei die 1. Landwirtschaftsmesse in Alsfeld mit über 20.000 Besuchern gewesen. Es müsse unter anderem auch darauf hingewiesen werden, dass Tiertransporte stattfinden müssten, da es in Hessen fast keine Schlachthöfe mehr gebe, da diese wegen zu hoher Auflagen schließen würden.

Getreideernte im Plus, Kartoffeln im Minus

Zu Beginn seiner Ausführungen war der Kreislandwirt auf das abgelaufene Jahr 2013 eingegangen, das nach dem langen Winter und viel Regen im Frühjahr, doch noch ganz gut gewesen sei. Die Getreideernte sei mit einem Plus von 22 Prozent sehr üppig ausgefallen. Leider sei der Preis bei Getreide und Raps auch um 20 bis 30 Prozent gesunken. Kartoffeln und Mais hätten das nasse und kalte Frühjahr nicht gut weggesteckt und schlechte bis katastrophale Ernteergebnisse die Folge gewesen. Die Milchpreise hätten inzwischen mit über 40 Cent ein ordentliches Niveau erreicht.

Landesregierung will fairen Ausgleich zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft

Über „Aktuelles aus der hessischen Agrarpolitik“ informierte dann Abteilungsleiterin Dr. Anna Runzheimer vom Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Sie betonte, dass sich die neue Landesregierung in der Anlaufphase befinde und insbesondere die Zuständigkeit neu strukturiert werde. So sei das Aufgabengebiet Energie mit Ausnahme der nachwachsenden Rohstoffe an das Wirtschaftsministerium abgegeben worden und im Gegenzug habe man die Bereiche Städtebau-und Wohnungsbauförderung sowie die Dorf- und Regionalentwicklung mit dem Landtourismus erhalten. Sehr intensiv sei bei den Koalitionsverhandlungen das Thema Landwirtschaft behandelt worden. „Die Landesregierung will einen fairen Ausgleich zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft schaffen. Der Zukunftspakt Landwirtschaft aus dem Jahr 2013 hat weiter Bestand“, so die Abteilungsleiterin.

Ausführlich ging sie dann auf die EU-Förderung ein. Sehr positiv wurde von den anwesenden Ortslandwirten die Zusage aufgenommen, dass die zum Ausgleich von natürlichen, aber ungünstigen Standortbedingungen oder Produktionsnachteilen bestehende Ausgleichzulage (AGZ) erhalten bleibe. Zudem würden die naturschutzfachlichen Sonderleistungen von Schaf- und Ziegenhaltern sowie extensiven Rinderhaltern eine Förderung erhalten. Als weitere Maßnahmen nannte sie die deutliche Steigerung des Anteils bei der ökologischen Nutzung und der hessischen Bioprodukte. „Die Landesregierung strebt an, die für Verbraucher und Erzeuger wichtige Direktvermarktung aus der Region zu unterstützen, um so die Wertschöpfung in der Region zu erhalten. Abschließend ging sie ausführlich auf den Tierschutz ein und kündigte an zu diesem Thema unter Beteiligung des Berufsstandes einen „Runden Tisch“ zu allen Fragen des Tierwohls einzurichten.

Landwirtschaft braucht Öffentlichkeit

Landrat Manfred Görig zeigte sich in seinem Grußwort erfreut, dass es im Vogelsberg noch deutlich mehr Berufstätige in der Landwirtschaft gebe, als im hessischen Durchschnitt. Er rief die Landwirte auf sich mehr in der Öffentlichkeit zu präsentieren: „Der Tag des offenen Hofes“ reicht nicht alleine aus“. Die 1. Landwirtschaftsmesse in Alsfeld sei ein guter Anfang gewesen. Grußworte kamen zuvor von den beiden Landtagsabgeordneten Eva Goldbach (Bündnis 90/Die Grünen) und Kurt Wiegel (CDU). Im Anschluss informierte Dr. Riße vom Amt für Veterinärwesen Vogelsberg ausführlich über die den Stand der Tierseuchenbekämpfung im Vogeklsbergkreis.

Karl-Peter Mütze, Leiter des Amt für den ländlichen Raum und Daseinsvorsorge Vogelsberg und dessen Mitarbeiter informierten abschließend über Neues aus dem Agrarbereich. Reinhardt dankte abschließend den Mitarbeitern des Amtes für den ländlichen Raum für die sehr gute Zusammenarbeit mit den Landwirten bei der Antragsannahme zur Agrarförderung. Den anwesenden Ortslandwirten wurden im Laufe der Versammlung wieder umfangreiche Informationsmaterialien ausgehändigt.    Text und Fotos: Dieter Graulich

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