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Thema Asyl ist zu kompliziert für einfache Antworten – Unterrichtsprojekt „Migration“ an der Bardoschule

103-Asylbewerberheim

Fulda. Mit dem Projekt „Migration“ wollten die Schülerinnen und Schüler der Klasse R9a der Bardoschule den Unterricht im Fach Politik und Wirtschaft lebensnah gestalten. Dabei kam es – auch dank der Unterstützung der zuständigen Stellen beim Landkreis – zu mehreren Begegnungen mit Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in der Frankfurter Straße. Zu dem Projekt ist am vergangenen Sonntag in den „Kreisseiten“ der nachfolgende Bericht der R9a (Klassenlehrerin: Anja Listmann) erschienen.

Im August 2013 startete unsere Klasse ein Projekt zum Thema Migration. In dem Projekt beschäftigen wir uns mit dem Thema Asyl, um zu verstehen, was das überhaupt ist und wieso man sich um Asyl bewirbt. Auslöser war die Flüchtlingssituation auf Lampedusa in Italien. Zuerst fiel es uns schwer, Kontakte zu Behörden und Asylbewerbern zu knüpfen und etwas ,,live“ zu erfahren. Wir kannten allerdings die Asylbewerberunterkunft in der Frankfurter Straße in Fulda und trafen dort auf einige Flüchtlinge, unter anderem aus Eritrea und Somalia.

Bis wir die Erlaubnis zum Betreten der Asylbewerberunterkunft erhielten, eigneten wir uns theoretische Kenntnisse an. Hierbei unterstützte uns Dr. Vinzenzo Grauso von „Engagement Global“, der uns auf Vermittlung von Frau Volck an zwei Vormittagen in der Bardoschule besuchte und über die Flüchtlingsproblematik in den Heimatländern der Asylbewerber und in Deutschland referierte. Er selbst hatte mehrere Jahre als Entwicklungshelfer im Südsudan gearbeitet.

An einem weiteren Vormittag luden wir einige Flüchtlinge aus der Unterkunft in der Frankfurter Straße zu einem gemeinsamen Frühstück ein. Zwei Leute folgten unserer Einladung. Dies jedoch verstand die Klasse sehr gut, da es ja nicht so einfach ist, über die Flucht zu reden. Doch von diesen zwei Asylbewerbern lernten wir sehr viel. Sie erzählten von ihrer Flucht aus Eritrea und über die Gefahren. Eine von diesen Gefahren war, dass man einfach so Fremden vertrauen musste und nur sehr wenig Geld zum Essen und Trinken hatte.

Sie erzählten, dass sie zunächst mehrere hundert Kilometer zu Fuß in das Nachbarland Sudan liefen und dort von einem fremden Mann sehr weit in einem Kofferraum eines alten Autos mitgenommen wurden. Immer wieder mussten sie weitere Etappen ihrer Flucht im Kofferraum, auf Lastwagen oder zu Fuß zurücklegen. Für jede einzelne Etappe musste vor der Abfahrt gezahlt werden. Dieses Fluchtgeld brachten ihre Familien und Freunde auf und überwiesen das Geld an die Schleuser.

Beide berichteten, dass es zumeist junge Männer sind, die die Flucht wagen, da man ihnen zutraut, es bis Europa zu schaffen. Nach 15 Monaten kamen die beiden Eritreaer dann an der ägyptischen Küste an und bestiegen ein altes Boot, das mit Menschen überfüllt war. Die Überfahrt war beängstigend, doch irgendwann landeten sie in Sizilien und versteckten sich vor den Grenzpolizisten.

Wieder vertrauten sie sich einem Schleuser an, der sie bis nach Norwegen bringen sollte. In Deutschland fielen sie allerdings bei einer Kontrolle auf und beantragten nun hier Asyl und wurden nach einigen Wochen der Asylbewerberunterkunft in Fulda zugeteilt. Die Erzählungen der beiden jungen Männer bewegten uns sehr und uns wurde bewusst, was sie alles auf sich genommen haben, um der Diktatur in Eritrea zu entgehen.

Nachdem wir nun auch die Erlaubnis zum Betreten der Flüchtlingsunterkunft in der Frankfurter Straße erhalten hatten, vereinbarten wir ein Treffen vor Ort mit dem Hausmeister. Er war sehr hilfsbereit und beantwortete unsere Fragen. Bei dem Besuch sahen wir, dass die Zimmer sehr spartanisch eingerichtet waren und es nur Gemeinschaftstoiletten, -küchen und -duschen gibt. Meist wohnten mehrere Personen in einem Zimmer. Wir konnten uns mit zwei Familien länger unterhalten und freuten uns, dass unser Angebot, mit ihren kleinen Kindern gelegentlich etwas zu unternehmen, so begeistert aufgenommen wurde.

Nach den ersten Ergebnissen des Projekts sind wir erstaunt, wieviel man übereinander lernen kann, wenn man aufeinander zugeht. Das Thema Flucht und Asyl ist viel komplizierter, als wir bislang durch Bücher und Medien erfahren haben.

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