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Vergleich zwischen Land und Bund mit Verspätung umgesetzt

Gersfeld/Wildflecken. In den letzten Wochen wurde heftig diskutiert, ob die Auflösung des Naturschutzgebietes Haderwald durch die hessische Landesregierung den Interessen des Biosphärenreservats Rhön zuwider laufe. Wer die Geschichte der Ausweisung des Naturschutzgebiets nicht kennt, konnte leicht den Eindruck gewinnen, dass Naturschutzbe-lange nicht hinreichend gewürdigt würden. Für den Leiter des Biosphärenreservats beim Landkreis Fulda, Otto Evers, ist dies Veranlassung zu einer Stellungnahme. Tatsächlich werde jetzt umgesetzt, was seit geraumer Zeit zwischen Bund und Land ausgehandelt sei.Anfang der neunziger Jahre habe es erbitterte Diskussionen gegeben, ob der Truppen-übungsplatz überhaupt in das Biosphärenreservat aufgenommen werden sollte. Gegner hät-ten es als Widerspruch in sich betrachtet, wenn die UNESCO als Kultur- und Bildungsorga-nisation mit klarem Friedensauftrag Flächen zu einem Biosphärenreservat erkläre, die der Ausbildung von Soldaten dienten. Hingegen hätten Befürworter in den weitgehend beruhigten Abschnitten des Truppenübungsplatzes die hohe Artenvielfalt als schützens- und erhal-tenswert erachtet. Diese Meinung habe sich, so der Diplom-Ingenieur, letztlich durchsetzt.

Sympathie in Bevölkerung für naturschutzfachliche Lösung

Mit der Erarbeitung des Rahmenkonzeptes sei dann der Wunsch immer größer geworden, den hessischen Teil des Truppenübungsplatzes, den Haderwald, mit seinen 1.800 Hektar insgesamt zur Kernzone zu erklären. Diese Forderung habe die Bevölkerung mitgetragen, da im Raum Gersfeld bedingt durch die erheblichen militärischen Belastungen die Sympathie für eine naturschutzfachliche Lösung groß gewesen sei. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass das Biosphärenreservat auch damals unter dem Druck gestanden habe, geeignete großflächige Kernzonen auszuweisen, erinnert sich der Fachdienstleiter beim Landkreis.

Nach Aussage von Otto Evers sei es Mitte der neunziger Jahre ein „gewagter Schachzug“ seitens der Landesregierung gewesen, insgesamt 1.400 Hektar des hessischen Haderwalds per Naturschutzgebietsverordnung auszuweisen und gleichzeitig als Kernzone zu deklarieren. Gewagt deshalb, weil sich der Truppenübungsplatz im Bundeseigentum befinde und dem übergeordneten Ziel der Landesverteidigung diene. „Weil der Grundsatz gilt, dass Bun-desrecht Landesrecht bricht, war diese Maßnahme juristisch umstritten.“ 1999 habe schließ-lich der Bund Normenkontrollklage beim hessischen Verwaltungsgerichtshof angestrengt.

Nach zähen Verhandlungen hätten sich Bundesverteidigungs- und Bundesfinanzministerium mit der Landesregierung auf einen Vergleich geeinigt. Evers: „Die Naturschutzgebietsverord-nung muss aufgehoben werden. Im Gegenzug erhielt das Land die Zusage, dass Teile des hessischen Haderwalds als Kernzone zur Verfügung gestellt werden.“ Diese Regelung sei dem Biosphärenreservat seit der Evaluierung 2003 bekannt. Im Zuge der Planungen zum Schutzgebietssystem NATURA 2000 hätten rund 560 Hektar als zusammenhängende Kern-zone abgegrenzt werden können. Dementsprechend habe man in den Diskussionen der letz-ten Jahre immer nur von den vereinbarten 560 Hektar gesprochen und diese in die Kalkula-tionen einbezogen.

Bei Ausweisung von Kernzonen auf einem gutem Weg

Erst im Sommer 2008 habe die hessische Landesregierung die damals getroffene Vereinba-rung in die Tat umgesetzt und mit dem Verfahren zur Aufhebung der Naturschutzgebietsver-ordnung „Haderwald“ entsprechend dem Vergleich aus dem Jahre 2005 begonnen. Unter dem Strich könne sich das Biosphärenreservat Rhön mit dieser Situation durchaus einver-standen erklären, lautet das Fazit des Verwaltungsstellenleiters. Otto Evers sieht es als Erfolg an, dass auf diese Weise 560 Hektar im hessischen Teil des Truppenübungsplatzes dauerhaft als Kernzone zur Verfügung stünden. Hätte das Land das Klageverfahren streitig zu Ende geführt, wäre mit großer Wahrscheinlichkeit gar keine Kernzone zur Verfügung gestellt worden.

Insgesamt sieht sich die hessische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön auf „guten Weg“. Evers: „Das hessische Defizit von rund 380 Hektar Kernzone ist beherrschbar. Wir stehen deswegen mit dem Land, Kommunen, Eigentümern, Naturschutz, dem Verein Natur- und Lebensraum Rhön sowie den Fachbehörden in engem Dialog.“ Das Fachform Naturschutz und Kulturlandschaft arbeite aktuell mit einer fachlich fundierten Kernzonenkon-zeption für den hessischen Teil des Biosphärenreservats. Grundsatzfragen würden mit dem MaB-Komitee unmittelbar abgeklärt. „Wir sind daher zuversichtlich, dass bis zur nächsten Überprüfung des Biosphärenreservats in 2012/2013 im Konsens mit der Region geeignete Flächen gefunden und als Kernzonen ausgewiesen werden können.“

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