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Viel Fuldaer Know-How steckt in hochmoderner automatischer Reifen-Fertigung drin

 Mit Interesse verfolgen die Gäste aus dem Stadtschloss, wie ein Reifen entsteht (von links): Georg Link, Michael Schwab, OB Gerhard Möller sowie Produktions-Direktor Jens Pfeffermann.

Mit Interesse verfolgen die Gäste aus dem Stadtschloss, wie ein Reifen entsteht (von links): Georg Link, Michael Schwab, OB Gerhard Möller sowie Produktions-Direktor Jens Pfeffermann.

Fulda (mb). „DEUTSCHLAND FÄHRT SCHWARZ.“, steht werbewirksam in dicken großen Lettern auf dem Auflieger eines „Trucks“ auf dem Werksgelände, der für „FULDA“-Reifen fährt. Der Name ist Programm. Erst recht beim Anblick der stattlichen Sport-Pneus auf eleganten Alu-Felgen neben dem Firmen-Slogan auf dem LKW-Anhänger. Doch längst entstehen am Standort des renommierten Herstellers in der Künzeller Straße nicht nur Reifen der Marke, die (fast) jeder spontan mit dem Namen der Domstadt verbindet.  Denn „FULDA“-Reifen ist seit Jahrzehnten Teil des amerikanischen Goodyear-Konzerns und einer von insgesamt sechs deutschen Standorten der Goodyear Dunlop Tires Germany. Bei einem Werksbesuch informierte sich Fuldas OB und Wirtschaftsdezernent Gerhard Möller über die aktuelle Fertigung des Unternehmens und die derzeit laufenden Arbeiten für die Produktionserweiterung.

Gleiche Qualität

DSC_1312„Wir konzentrieren uns heute vor allem auf die Herstellung von Reifen für so genannte Sport Utility Vehicles (SUV) sowie Reifen mit Notlaufeigenschaften“, erläutert Produktionsleiter Jens Pfeffermann die derzeitigen Schwerpunkte der Werksstrategie. Etwa zwei Drittel der Produktion entfallen auf die SUV-Sparte, von denen wiederum über 90 Prozent den Namen der Marke Goodyear tragen. Vom Werk in der Künzeller Straße stammen außerdem Reifen für Fahrzeuge der gehobenen Mittel- bis Oberklasse, aber auch Reifen für Transporter.

Pneus der Marke Fulda entstehen nur noch zu einem Bruchteil am heimischen Standort, stammen meist von einem der anderen europäischen Werke des Konzerns. Gefertigt werden die Kautschuk-Produkte im Vier-Schicht-Betrieb an sieben Tagen pro Wochen. Rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – davon 1.300 alleine aus der Region – aus insgesamt 21 Nationen von der Türkei über Polen bis hin zu eher exotischen Ländern wie Jamaika oder Brasilien sorgen dafür, dass Reifen von hoher Qualität die Fuldaer Werkstore verlassen. Pfeffermann präzisiert diesen Punkt: „Egal, woher im Konzern die Reifen kommen – alle haben bei uns den gleichen Qualitätsstandard, selbst Rohstoffe und Anlagen sind gleich.“

High-Tech auch aus Fulda

Mit der Reifenfertigung aus den Anfängen, so wie sie auf einem Gemälde in lebhafter Darstellung zu sehen ist, hat die heutige Produktion kaum noch etwas zu tun. Gemeinsam mit Georg Link, Manager Engineering, führt Pfeffermann durch die Hallen. Überall riecht es für einen Reifenhersteller typisch, aber nicht unangenehm, nach Gummi. An manchen Maschinen sehen die Gäste aus dem Stadtschloss die Fachleute dabei, wie in sorgfältiger Handarbeit ein Reifen entsteht. An anderen Stellen haben Automaten den Fertigungsprozess übernommen.

„Run on flat“-Reifen, also Reifen mit Notlaufeigenschaften, werden vollautomatisch produziert. „Einer pro Minute in drei verschiedenen Größen am Tag entstehen so an jeder dieser Maschinen“, wie Produktionsdirektor Pfeffermann erläutert. Die insgesamt fünf High-Tech-Anlagen am Standort Fulda sind nicht eben billig. Mehrere Millionen Euro kostet jedes einzelne Stück. Dazu gehören auch „Roboter“, die auf Schienen wie von Geisterhand das Ausgangsprodukt zur Fertigungsstraße bugsieren. Was für eine enorme Arbeitserleichterung.  Ein Lächeln huscht Pfeffermann und seinem Begleiter Link übers Gesicht, wenn sie auf die Fuldaer Beteiligung an der Entwicklung dieser Technik angesprochen werden. Im Luxemburger Goodyear Innovation Center in Colmar-Berg haben dortige Ingenieure mit einem Fuldaer Experten-Team die Anlagen entwickelt. „Es steckt also viel Fuldaer Know-how drin“, freuen sich beide.

So entsteht der Reifen

Wie ein Autoreifen entsteht? Der wichtigste Rohstoff ist Kautschuk. Aus dieser Grundsubstanz sowie Ruß (verantwortlich für die schwarze Farbe) sowie Stahl aus Festigkeitsgründen und Textilkord als Festigungsträger baut sich der Reifen auf, der dank des von Charles Goodyear im Jahr 1839 erfundenen Verfahrens der Vulkanisation formbar wird. Goodyear mischte Schwefelsäure unter den Kautschuk und erhitzte ihn. Dadurch veränderte der Rohkautschuk seine Konsistenz und wurde zu einem elastischen Material, das abriebfest und gegen Kälte und Wärme unempfindlich war. Der Kautschuk hatte sich in Gummi verwandelt. Wie überall auf der Welt entsteht auch in Fulda ein Reifen bei einem Druck von bis zu 28 bar sowie einer fest definierten Temperatur (circa 180 Grad), mit der der „Rohling“ erhitzt und schließlich in Form gebracht wird.

Für den Fuldaer Reifenhersteller sieht die Zukunft nicht schlecht aus. Die Hallen für die Produktionserweiterung stehen und warten nur noch darauf, dass in absehbarer Zeit die neuen Maschinen montiert werden. Für Möller ein gutes Zeichen: „Ich freue mich über diese Dynamik bei „FULDA“-Reifen, die letztlich dazu beiträgt, den Standort innerhalb des Goodyear-Konzerns weiter zu festigen und zu sichern.“

Seit 1927 in amerikanischem Besitz

„FULDA“-Reifen wurde im Jahr 1900 von Gustav Becker und Moritz Hasenclever gegründet und als Hersteller technischer Gummiartikel in Fulda aufgebaut. Im Jahr 1906 stellte das Unternehmen die ersten Vollgummireifen her. 1927 fusionierte das Unternehmen mit der Firma Seiberling Rubber Co. Akron/Ohio. Im gleichen Jahr stellten die Fuldaer Reifenbauer erstmals Luftreifen mit Schläuchen her. Außerdem erfolgte die Übernahme des Aktienkapitals der Gummiwerke Fulda durch Vorwerk und Sohn. Im Jahr 1953 erweiterte das Unternehmen seinen Tätigkeitsbereich auf die Herstellung schlauchloser PKW-Reifen. 1962 erfolgte schließlich die Übernahme durch die Goodyear Tire & Rubber Company.

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